Erbrecht: Vorweggenommene Erbfolge - Vertragstypen des Übergabevertrags

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Der Übergabevertrag, mit dem die vorweggenommene Erbfolge umgesetzt wird, kann und muss den individuellen Wünschen und Gegebenheiten entsprechen. Wegen der verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung eines Übergabevertrages kommen verschiedene Vertragstypen in Betracht:

Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Vertragstypen kann wegen der daran geknüpften unterschiedlichen Rechtsfolgen wichtig sein. Von Bedeutung kann die Unterscheidung beispielsweise bei der Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen bei Schenkungen gemäß § 2325 BGB werden.

1. Schenkung

Ein reiner Schenkungsvertrag liegt nur dann vor, wenn die Übergabe komplett unentgeltlich erfolgt, § 516 BGB. Eine Zuwendung ist nur dann unentgeltlich, wenn sie unabhängig von einer Gegenleistung geschieht. Die Gegenleistung muss keinen Geldwert haben oder vermögensrechtlich sein. Da beim Übergabevertrag häufig Versorgungsleistungen zu Gunsten des Übergebenden vereinbart werden, erfolgt die Zuwendung nicht unentgeltlich. Es handelt sich dann nicht um einen reinen Schenkungsvertrag.

2. Schenkung unter Auflage

Bei der Übergabe kann es sich auch um eine Schenkung unter Auflage gemäß § 525 BGB handeln.

Eine Schenkung unter Auflage liegt dann vor, wenn neben der unentgeltlichen Vermögensübertragung eine zusätzliche Abrede zwischen den Vertragspartnern besteht, nach der der Beschenkte zu einer bestimmten Leistung, die aus dem Zuwendungsgegenstand zu entnehmen ist, gerichtet ist.

Voraussetzung für einen solchen Vertragstyp ist, dass dem Beschenkten zumindest subjektiv nach Abzug des Wertes der Auflage eine Bereicherung verbleibt.

Wenn die Auflage nicht vollzogen wird, steht dem Schenker ein Anspruch auf Herausgabe des geschenkten Vermögensgegenstands zu, § 527 BGB.

Ein Übergabevertrag gegen Pflegeverpflichtung wird von der Rechtsprechung regelmäßig als Schenkung unter Auflage eingeordnet.

3. Gemischte Schenkung

Bei einem Übergabevertrag kann es sich auch um eine so genannte gemischte Schenkung handeln. Eine gemischte Schenkung besteht aus einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Teil.

Eine teilweise Unentgeltlichkeit des Geschäfts kann sich daraus ergeben, „wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Missverhältnis besteht, das den Vertragschließenden nicht verborgen geblieben sein kann" (BGH Urteil vom 17.4.2002, Aktenzeichen IV ZR 259/01).

Eine gemischte Schenkung liegt regelmäßig dann vor, wenn Zahlungen an weichende Geschwister geleistet werden.

4. Entgeltliches Geschäft

Bei dem Übergabevertrag kann es sich schließlich auch um ein reines entgeltliches Geschäft handeln, wenn der Wert von Leistung und Gegenleistung gleich ist.

Im Urteil vom 17.4.2002 (IV ZR 259/01) hatte der BGH im Rahmen von Pflichtteilsergänzungsansprüchen über den Vertragscharakter eines Kaufvertrages über ein Grundstück in der DDR zu entscheiden. Streit bestand darüber, ob sich aus dem damaligen geringen Wert des Grundstücks eine teilweise Schenkung ergibt. Der BGH stellte fest, dass aus einem entgeltlichen Geschäft zu DDR-Zeiten auch durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein kann.

5. Abgrenzung zwischen entgeltlichem Geschäft, gemischter Schenkung und Schenkung unter Auflage

Um was für einen konkreten Vertragstyp es sich handelt, ist im individuellen Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Vorgeschichte und der Interessenlage der Beteiligten durch Auslegung zu ermitteln.

Auf die Unterscheidung zwischen entgeltlichem Geschäft, gemischter Schenkung und Schenkung unter Auflage kommt es insbesondere bei zwei Problemkreisen an:

Ist der verschenkte Gegenstand mängelbehaftet, sind für die Mängelhaftung einer Schenkung unter Auflage die §§ 523 ff. BGB, die Regelung zur Mängelhaftung bei der Schenkung, anwendbar. Bei einer gemischten Schenkung wird hinsichtlich des unentgeltlichen Teils das Schenkungsrecht und hinsichtlich des entgeltlichen Teils Kaufrecht, somit auch die Regelungen zur Mängelhaftung im Kaufrecht, angewendet.

Die Mängelhaftung im Schenkungsrecht ist für den Schenker günstiger als für den Verkäufer nach Kaufrecht, da der Schenker gemäß § 521 BGB nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet.

Bei der Berechnung späterer Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB spielt die Unterscheidung auch eine Rolle. Hier kommt es darauf an, wie die Schenkung zu bewerten, ist. Die Bewertung erfolgt gemäß § 2325 II BGB.

6. Weitere Vertragstypen möglich

Zu prüfen ist zudem, ob im konkreten Einzelfall nicht etwa eine Ausstattung oder eine ehebedingte Zuwendung vorliegt, die zu noch anderen Rechtsfolgen führt.

7. Zusammenfassung

Wegen der vielen Abgrenzungsprobleme ist eine sorgfältige Planung und Vertragsgestaltung im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge notwendig.

Ihr Ansprechpartner im Erbrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M., Leipzig

Urheberrecht, Presse- und Verlagsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Miet- und Grundstücksrecht, Erbrecht und Unternehmensnachfolge

Telefon: 0341/22 54 13 82

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