Ermittlungsverfahren – Vorwurf der sexuellen Belästigung § 184i StGB

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Unter welchen Voraussetzungen mache ich mich wegen sexueller Belästigung strafbar?

Seit dem 10.11.2016 wird die sexuelle Belästigung durch den Straftatbestand des § 184i StGB unter Strafe gestellt. Dem ist eine Gesetzesinitiative zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vorausgegangen.

Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist nach dem § 184i StGB, dass eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt wird.

In jedem Falle ist demnach eine körperliche Berührung des Opfers erforderlich und zwar unabhängig davon, ob die Berührung bekleidete oder unbekleidete Körperstellen betrifft.

Hervorzuheben ist, dass der Gesetzgeber, durch die Einfügung des § 184i StGB die Erheblichkeitsschwelle für eine Strafbarkeit mit sexuellem Bezug deutlich absenken wollte. So ist keine „sexuelle Handlung“ vonnöten, wie sie etwa bei der Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183a StGB), einem sexuellen Übergriff, einer sexuellen Nötigung oder gar einer Vergewaltigung (§ 177 StGB) erforderlich ist.

Ausreichend ist vielmehr schon eine körperliche Berührung „in sexuell bestimmter Weise“. Darunter versteht man nach dem äußeren Erscheinungsbild eine Berührung, die sexuellen Bezug hat, insbesondere das Berühren von primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen sowie das Küssen auf den Mund. Im Einzelfall kann auch schon das Herandrängen an eine Person eine Strafbarkeit auslösen. Die Grenzziehung ist mitunter schwierig. Das bloße „In-den-Arm-Nehmen“ und auch der von Distanzlosigkeit geprägte „Kuss auf die Wange“ sollen eine Strafbarkeit im Regelfall nicht begründen.

Weitergehend ist in jedem Fall aber erforderlich, dass aus der Berührung auch eine Belästigung resultiert. Es kommt auf das subjektive Empfinden des Tatopfers an. Einschränkend ist aber nicht jede subjektiv unangenehme Störung des Wohlbefindens, des Autonomiegefühls oder gar der Ungestörtheit umfasst. Vielmehr muss nach der gesetzgeberischen Intention die Belästigung „sexuell“ verstanden werden, sie also „die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers tangieren“.

Welche Strafe droht mir, wenn ich wegen sexueller Belästigung verurteilt werde?

Das Gesetz sieht in solchen Fällen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor. In besonders schweren Fällen, insbesondere bei gemeinschaftlicher Begehung, reicht die Strafe von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. 

Das Gesetz schreibt jedoch auch vor, dass die Tat nur auf Antrag verfolgt wird, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Was ist zu tun, wenn ich der sexuellen Belästigung beschuldigt werde?

Nicht nur der fehlende Strafantrag kann dazu führen, derartige Verfahren bereits im Stadium des Ermittlungsverfahrens zu beenden. Dringend ist Ihnen daher zu raten, einen Strafverteidiger zu beauftragen. 

Der bevollmächtigte Rechtsanwalt kann dann Akteneinsicht beantragen. Sobald die Akteneinsicht gewährt wurde, kann der Verteidiger die Tragweite des Vorwurfs abschätzen. Mithilfe einer Verteidigungsschrift, die auf den Angaben des Mandanten beruht und mit der zu den erhobenen Vorwürfen Stellung bezogen wird, kann das Verfahren in die richtige Richtung gesteuert werden.

Sollten Sie eine Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter erhalten, so ist Ihnen zu raten, einen Termin bei der Polizei nicht wahrzunehmen. Ein Rechtsanwalt kann Ihnen helfen, den Kontakt zur Polizei zu blockieren.

Erliegen Sie nicht dem Irrglauben, die „Wahrheit“ werde schon „ans Licht“ kommen. Versäumnisse während des Ermittlungsverfahrens können weitreichende Folgen haben und nur selten wieder korrigiert werden. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts in einem frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens ist in jedem Fall von Vorteil. Auch können auf diese Weise Konsequenzen auf den sozialen Nahbereich, denen sich der Betroffene bei einem derartigen Vorwurf ausgesetzt fühlt, möglichst gering gehalten werden. Insoweit sei erneut darauf hingewiesen, dass eine Einstellung des Verfahrens oder eine Beendigung des Verfahrens ohne öffentliche Hauptverhandlung oft im Bereich des Möglichen liegt.

Sollten Sie eine Vorladung zur polizeilichen Vernehmung als Beschuldigter erhalten, gilt Folgendes: 

1. Nehmen Sie Kontakt mit einem Rechtsanwalt auf. Versuchen Sie nicht, die Sache selbst zu regeln. Gehen Sie nicht zum Vernehmungstermin, um sich einen Überblick zu verschaffen.

2. Ich zeige Ihre Verteidigung gegenüber der Polizei und der Staatsanwaltschaft an und beantrage Akteneinsicht.

3. Einen Vernehmungstermin nehmen Sie nicht wahr. Sollte dieser noch ausstehen, wird dieser durch mich abgesagt. Der Schriftverkehr, die Korrespondenz mit Polizei und Staatsanwaltschaft läuft ausschließlich über mein Büro.

4. Meistens wird innerhalb von vier bis zwölf Wochen Akteneinsicht gewährt. Die Akteneinsicht erhalte ich, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Nicht selten dauern Ermittlungsverfahren zwischen vier und acht Monaten. Im Ermittlungsverfahren werden Sie automatisch durch mich informiert, wenn mir Neuigkeiten bekannt werden. 


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