Erwerbsminderungsrente bei psychischer Erkrankung (Depression)

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat sich (Urteil vom 25.05.2016; gerichtliches Aktenzeichen: L 5 R 4194/13) damit auseinandergesetzt, in welchen Fällen eine psychische Erkrankung zu einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit führt und dementsprechend einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente gemäß § 43 SGB VI begründet.

Entscheidend für einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung aus § 43 SGB VI ist, in welchem Umfang der Versicherte durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert. Mithin kommt es für das Bestehen des Anspruches nach § 43 SGB VI hauptsächlich auf das Vorliegen einer entsprechenden quantitativen Leistungsminderung an.

Das Gericht wies darauf hin, dass insbesondere bei psychischen Erkrankungen eine Abgrenzung zwischen einer Akuterkrankung und einer länger dauernden zeitlichen Leistungseinschränkung von mehr als sechs Monaten erforderlich sei. Nur letzteres hätte ein dauerhaftes Leistungsunvermögen zur Folge und führe zu einem Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.

Dabei sei eine psychische Erkrankung grundsätzlich erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen sei, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden könne – weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe. Das sei in Fällen einzelner mittelgradiger oder schwerer depressiver Episoden in der Regel nicht gegeben, da diese üblicherweise vollständig kurierbar sind. Solche Erkrankungen bedeuteten meist nur eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit und erforderten eine Krankenbehandlung.

Ferner stellte das Gericht heraus, dass bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten bei dem Versicherten, die zwar eine qualitative Leistungsminderung, aber für sich genommen keine quantitative Leistungsminderung hervorrufen, die Summation dieser Krankheiten dennoch die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung zulasse.

Fazit

Trotz der „hohen Hürden“, die das Landessozialgericht Baden-Württemberg bei Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet vorgibt, können im Einzelfall auch hauptsächlich psychiatrisch relevante Erkrankungen zu einem Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung führen. Damit die Weichen rechtzeitig gestellt werden können, ist Betroffenen eine möglichst frühzeitige Befassung eines spezialisierten Fachanwaltes anzuraten.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Alexander Seltmann

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Sozialrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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