Fahrverbot: Rotlichtverstoß bei bloß gefühlsmäßiger Schätzung durch Polizeibeamten

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Das OLG Hamm hat beschlossen, das eine bloße gefühlsmäßige Schätzung eines Rotlichtverstoßes eines zufällig beobachtenden Polizeibeamten für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes nicht ausreicht. Vielmehr müssten Aussagen, damit ein qualifizierter Rotlichtverstoß bewiesen werden könnte, einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Ausgangsfall war, dass der Fahrer eines Pkw am 02.02.2017 ein für ihn geltendes Rotlicht an einer Kreuzung missachtete. Ein aus dem Querverkehr in die Kreuzung einfahrendes Polizeifahrzeug konnte einen Zusammenstoß „nur durch ein umsichtiges Ausweichmanöver mit dem Betroffenen und seinem Pkw“ vermeiden. Die Rotphase hätte nämlich bereits drei bis fünf Sekunden angedauert.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens und Gefährdung anderer zu einer Geldbuße von 320 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot unter Gewährung der sog. Viermonatsfrist verurteilt.

Der Betroffene legte gegen das Urteil Rechtsbeschwerde ein, in der er vor allem die Verhängung des Fahrverbots rügte.

Seine Rechtsbeschwerde hatte teilweise Erfolg. Das OLG Hamm wies darauf hin, dass das angefochtene Urteil durchgreifende Rechtsfehler zulasten des Betroffenen aufgewiesen hat.

Die Aussage des Polizeibeamten allein sei für eine Ahndung des Rotlichtverstoßes nach Art. 37, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, 24 StVG mit einem Fahrverbot wegen einer missachteten Rotphase, die angeblich länger als eine Sekunde andauerte, nicht hinreichend belegt.

Die Beweiswürdigung sei lückenhaft. Die Dauer der Rotlichtphase von drei bis fünf Sekunden sei nicht hinreichend belegt. Um einen qualifizierten Rotlichtverstoß feststellen zu können, genüge die bloße gefühlsmäßige Schätzung eines den Rotlichtverstoß zufällig beobachtenden Polizeibeamten alleine nicht, um entscheiden zu können, ob ein einfacher oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt.

Wenn lediglich durch Zeugenbeweise ohne technische Hilfsmittel bewiesen werden soll, dass ein qualifizierter Rotlichtverstoß vorliegt, ist eine kritische Würdigung des Beweiswertes der Aussagen geboten.

Im vorliegenden Fall hätte kritisch gewürdigt werden müssen, wie der Polizeibeamte zu seiner Schätzung gekommen ist.

Es wurde darauf hingewiesen, dass die Dauer der Rotlichtphase am sichersten durch Berechnung der Fahrzeiten und Wegstrecken der beteiligten Fahrzeuge bis zur Gefahrenstelle unter Einbeziehung sachverständiger Beratung festgestellt werden müsste, was vorliegend nicht geschah.

Demnach wurde eine Gefährdung, die mit einer Regelgeldbuße i. H. v. 320 Euro geahndet wird i. S. v. Ziff. 132.3.1. BKatV, nicht hinreichend festgestellt. Vielmehr stelle die Aussage des Polizeibeamten eine Wertung dar, die der zuständige Tatrichter unter Berücksichtigung der Frage, ob eine Gefährdung eingetreten ist, in einem Urteil treffen und nachvollziehbar darlegen müsste.

OLG Hamm, Beschluss v. 24.10.2017

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht


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