Fehlerhafte Widerrufsbelehrung bei Darlehensverträgen

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Bei vielen zwischen November 2002 und 2010 geschlossenen Baufinanzierungsverträgen der Sparkassen, BHW Bausparkasse, BW-Bank, Commerzbank, Dresdner Bank, DSL-Bank (früher Postbank), DKB, ING-DiBa u.a. wurden fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet. Der nachfolgende Beitrag zeigt, wie Verbraucher durch einen Widerruf noch Jahre nach Vertragsschluss eine vorzeitige Rückzahlung des verbleibenden Darlehens erreichen können, ohne dass die darlehensgebende Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann.

Widerrufsrecht aus § 495 BGB

Schließt ein Verbraucher einen Darlehensvertrag ab, hat er grundsätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht, § 495 BGB. Über dieses Recht ist der Verbraucher ordnungsgemäß zu belehren. Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus:

„Die Widerrufsbelehrung ist nur dann ordnungsgemäß wenn sie umfassend, inhaltlich richtig, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig ist. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (vgl. BGH WM 2011, 1799, juris Tz. 31 m. w. N.)“.

Geschieht dies nicht oder ist der Hinweis fehlerhaft, z.B. weil über den Beginn der Widerrufsfrist irreführend hingewiesen wurde, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen mit der Folge, dass das Widerrufsrecht auch noch Jahre nach Vertragsschluss ausgeübt werden kann.

Rechtliche Folgen eines wirksamen Widerrufs

1. Rückzahlung der restlichen Darlehensschuld ohne Vorfälligkeitsentschädigung

Mit Ausübung des Widerrufsrechts hat der Darlehensnehmer 30 Tage Zeit, um den verbleibenden Darlehensbetrag zurückzuzahlen, §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346, 348 BGB. Eine Vorfälligkeitsentschädigung kann dann nicht gefordert werden. Aber auch dann, wenn das Darlehen bereits unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt wurde, ist die Ausübung des Widerrufsrechts zulässig, so dass die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung eventuell zurückgefordert werden kann.

2. Möglichkeit zur zinsgünstigen Umschuldung

Interessant ist die Ausübung des Widerrufsrechts auch im Rahmen einer Umschuldung, insbesondere wenn der bestehende Darlehensvertrag eine im Verhältnis zu neueren Verträgen hohe Verzinsung vorsieht.

3. Nutzungsersatz für Zins- und Tilgungsleistungen

Mit Urteil vom 22. September 2015 hat der Bundesgerichtshof erneut klargestellt, dass nach Ausübung des Widerrufsrechts Nutzungsersatz zu leisten ist, weil die Banken mit den Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf wirtschaften konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2015, XI ZR 116/15). Sie dürfen aber die vereinbarten Zinsen für die Kapitalüberlassung verlangen, allerdings nur für das tatsächlich noch bestehende Darlehen, also nur für die Restschuld. Der Nutzungsersatz beträgt 5-Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Gesetz zur Beschränkung des Widerrufsrechts bereits für Anfang 2016 geplant

Das bisher unbegrenzte Widerrufsrecht für ältere Verträge soll nach den Plänen der Bundesregierung bald enden, um den Banken Rechtssicherheit zu verschaffen. Insbesondere soll das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen künftig zeitlich begrenzt werden. Eine entsprechende Richtlinie (Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU) wird voraussichtlich zum 21.03.2016 in deutsches Recht umgesetzt. Für ältere Darlehensverträge soll eine gesetzliche Ausschlussfrist aufgenommen werden.

Kostenlose Ersteinschätzung 

Betroffene, die ihren Darlehensvertrag widerrufen möchten, sollten Darlehensverträge, insbesondere wegen der Pläne der Bundesregierung, zeitnah durch einen im Bank- und Kapitalmarktrecht erfahrenen Rechtsanwalt prüfen lassen, um dem geplanten gesetzlichen Ausschluss des Widerrufsrechts rechtzeitig zuvorzukommen und die Erfolgsaussichten eines Widerrufs oder einer Klage im Fall der Weigerung der Banken einschätzen zu können. Wir vertreten eine Vielzahl von Betroffenen sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich gegen Kreditinstitute.

Rechtsanwalt Markus Mehlig ist Partner der Kanzlei Föhr, Adam & Mehlig aus Bühlertal. Er ist im Schwerpunkt im Bank- und Kapitalmarktrecht tätig und vertritt Darlehensnehmer bundesweit im Rahmen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen.


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