Ferienzeit – keine Urlaubszeit für das Familienrecht

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Bei Trennungskindern stellt sich immer wieder in den Ferien die Frage, ob und wohin der eine oder der andere Elternteil mit dem Kind verreisen darf. Aufgrund der vielen möglichen Urlaubsziele und dem ständigen politischen sowie wirtschaftlichen Wandel in den Ländern muss nicht selten das Familiengericht hierüber entscheiden. 

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, welcher Elternteil – der Betreuende oder Nichtbetreuende, der Mitsorgeberechtigte oder Nichtsorgeberechtigte – die Urlaubsreise antreten möchte: 

  • Der alleinsorgeberechtigte und betreuende Elternteil kann alleine über Zeitraum und Ziel der Urlaubsreise entscheiden (§§ 1629 Abs. 1 Satz 3, 1631 Abs. 1 BGB); sofern in dieser Zeit Umgangskontakte des anderen Teils ausfallen, sind diese im Anschluss nachzuholen; 
  • Bei gemeinsamer elterlicher Sorge richtet sich die Entscheidung nach § 1687 Abs. 1 BGB bei Entscheidungen des täglichen Lebens (Alleinentscheidungsbefugnis des betreuenden Elternteils) oder nach § 1628 BGB – eine Zustimmung des nichtbetreuenden Elternteils ist nur dann erforderlich, wenn es sich bei der Reise für das Kind um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt und nicht um eine Angelegenheit des täglichen Lebens; die entsprechende Alleinentscheidungsbefugnis kann durch das Gericht im Streitfall gem. § 1628 BGB übertragen werden. 

Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind solche, die häufig vorkommen und die keine grundlegenden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben – im Umkehrschluss sind Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung all diejenigen, die nicht diesen Anforderungen entsprechen, also Entscheidungen, die nachhaltigen Einfluss auf das Kind und dessen gesellschaftliche sowie soziale Entwicklung haben. Bei Urlaubsreisen erfolgt die Abgrenzung jeweils im Einzelfall danach, welche Vorteile für die kindliche Entwicklung oder Nachteile (Gefahren) für das Kind mit der Reise verbunden sind und nicht an der sozialen Bedeutung für das Kind. Indiz bei der Abwägung können dabei eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes sein, die aktuelle Situation in dem Urlaubsland, persönliche Verhältnisse der Familie etc. 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit bei folgenden Reisezielen eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung angenommen: Türkeireise im Sommer 2016, Reise in die Ostukraine im Sommer 2014, Reise nach Kasachstan und Russland 2008 und 2011, Reise nach Kolumbien 2006, Reise nach Katar 2004. Keine Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung waren nach der Rechtsprechung etwa ein 10-tägiger Aufenthalt von neun- und siebenjährigen Kinder im Internat in England, Urlaubsreise nach China 2004, Skiurlaub in Österreich. 

  • Bei einem geplanten Urlaub des nichtbetreuenden Elternteils bei der Alleinsorge des Anderen richtet sich die Entscheidung nach §§ 1687a, 1687 Abs. 2 Satz 4, 1684 BGB, da insoweit das Aufenthaltsbestimmungsrecht des sorgeberechtigten Elternteils eingeschränkt wird und eine gerichtliche Entscheidung bei fehlender Zustimmung des anderen Teils erforderlich ist. Die Grenze für Zustimmungen ist allerdings dort zu ziehen, wo auch der Mitsorgeberechtigte nicht alleine ohne die Zustimmung des Anderen entscheiden dürfte und eine Entscheidung nach § 1628 BGB erforderlich wäre. 

Abschließend kann gesagt werden, dass die Abgrenzungskriterien in allen Fallkonstellationen vergleichbar sind, stets das Kindeswohl an erster Stelle steht und der Einzelfall zu berücksichtigen ist. Bei der Hinzuziehung des Gerichts handelt es sich entweder um eine Sorgerechtssache, in denen der betreuende Elternteil die Zustimmung des anderen begehrt, oder um eine Umgangssache bei dem Begehren des nichtbetreuenden und nicht sorgeberechtigten Elternteils. So oder so ist das Familiengericht am Wohnsitz des Kindes zuständig für die Entscheidungen. Im Hinblick auf einen möglichen Zeitablauf muss gegebenenfalls ein Antrag im einstweiligen Verfahren gestellt werden. Gerne berate ich Sie umfassend hierzu.


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