Fluggastrechte

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I.

Zur Grundsatzentscheidung des BGH/EuGH zur Thematik der Anschlussflugverbindung:

Bereits im letzten Jahr hatte der EuGH entschieden, dass Anschlussflugverbindungen bei einheitlicher Buchung als Einheit zu betrachten sind und damit auch ein Anschlussflug, der eigentlich außerhalb des räumlichen Anwendungsbereichs der VO (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechte-VO) beginnt, ebenfalls von ihr erfasst ist, sofern der Zubringerflug in einem Mitgliedstaat beginnt (EuGH, NJW 2018, 2032 m. Anm. Degott, NJW 2018, 2033). Diese Ansicht vertritt inzwischen auch der BGH in seiner aktuellen Entscheidung zu Anschlussflügen in Drittstaaten (BGH, NJW 2019, 2604).

II.

Adaptierbar auf die sog. Code-Sharing-Konstellation der Zubringerfluggesellschaft wurde noch nicht entschieden, ob der Fluggast auch dann einen Anspruch auf gestaffelte Ausgleichszahlung bis max. 600 € hat, wenn ausschließlich der Anschlussflug, der hier von einem sogenannten Code-Sharing-Partner der Zubringer-Airline ausgeführt wird und in einem Drittstaat beginnt, annulliert wird oder mit mindestens drei Stunden Verspätung ankommt. 

Schließlich wäre die Fluggastrechte-VO auf Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU nicht anwendbar, wenn der Flug in einem Drittstaat beginnt. Erläuterung des Code-Sharing Verfahrens:

Beim Code-Sharing bieten Luftfahrtunternehmen ihren Kunden nicht nur die eigenen Flugverbindungen, sondern unter eigenem Namen auch die Flüge ihrer Code-Sharing-Partner an, um damit ihr Streckennetz zu erweitern. Schuldnerin der Ausgleichszahlung ist nach der Verordnung die Gesellschaft, die den Flug im Rahmen des Vertrags mit dem Fluggast durchführt. Unmittelbarer Vertragspartner des Fluggastes und durchführendes Luftfahrtunternehmen können beim Code-Sharing jedoch auseinanderfallen. 

a) BGH-Ansicht

Nach Ansicht des BGH ist beim Code-Sharing in erster Linie nicht der Vertragspartner des Fluggastes zahlungspflichtig, sondern das Luftfahrtunternehmen, das den Flug tatsächlich durchgeführt hat (s. BGH, NJW 2018, 1249).

b) EuGH-Ansicht

Dieser Ansicht widerspricht der EuGH nicht. Allerdings sieht er in Fällen, in denen der Anschlussflug erst in einem Drittstaat durch einen Code-Sharing-Partner mit Sitz außerhalb der EU beginnt, bereits das Luftfahrtunternehmen, das den Zubringerflug im Rahmen eines Vertrags mit dem Fluggast durchgeführt hat, als das ausführende Unternehmen der gesamten Flugreise. 

Diese Konstruktion begründet er mit dem im ersten Erwägungsgrund der Fluggastrechte-VO genannten Ziel, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Die Lösung ermögliche den Fluggästen nämlich eine Ausgleichszahlung, die nicht von den Vereinbarungen unter den Fluggesellschaften abhänge. Zudem sei es dem Luftfahrtunternehmen, das den Zubringerflug durchgeführt hat, möglich, nach geltendem Recht Regress bei Dritten zu nehmen.

III. Auswirkungen für die Praxis

Das Urteil ist nach dem Dafürhalten des Verfassers zu begrüßen und der Unterzeichner schließt sich dieser höchstrichterlichen Ansicht an. Denn das Urteil verhindert den Entzug des Anspruchsgegners durch Code-Sharing-Vereinbarungen bei Anschlussflügen in Drittstaaten (d. h. außerhalb der EU) und stellt damit eine konsequente Ergänzung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH dar. 

Sie gewährleistet i. Ü. ein hohes Schutzniveau für von dieser Konstellation betroffenen Fluggästen und stärkt i. E. die Fluggastrechte. 

Der Verfasser dieses Rechtstipps hilft Ihnen gern in solchen und ähnlichen Konstellation weiter.

gez.

RA Wulff


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