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Fortbildungskosten

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Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten

Allgemein / Beitrag vom: 05.02.2018

Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen regelmäßig der Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB und sind insbesondere dann unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG sind einzelvertragliche Vereinbarungen, die den Arbeitnehmer zu einer Beteiligung an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung für den Fall verpflichten, dass er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, grundsätzlich zulässig und benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Dieses berechtigte Interesse gestattet es dem Arbeitgeber als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von einem sich vorzeitig abkehrenden Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung ganz oder zeitanteilig zurückzuverlangen. Dem steht anderseits das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber, seinen Arbeitsplatz frei wählen zu können, ohne mit der Last einer Kostenerstattung konfrontiert zu sein.

1. Zulässige Bindungsdauer

Aufseiten des Arbeitnehmers geht das Interesse dahin, durch die Ausbildung die eigenen Arbeitsmarktchancen zu verbessern und sich gegenüber dem Arbeitgeber nur in einem solchen Umfang zu binden, wie das im Verhältnis zu dessen Aufwendungen angemessen ist.

Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen darüber hinaus in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Nach der Rechtsprechung des BAG richtet sich der zulässige Umfang der Bindungsdauer in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch nach der Qualität der erworbenen Qualifikation. Aus der Rechtsprechung heraus haben sich dabei folgende Grundsätze für die zulässige Bindungsdauer entwickelt: Bei einer Fortbildungsdauer von bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung ist regelmäßig eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Fortbildungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Dauer der Fortbildung von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung, bei einer Dauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr eine Bindung von bis zu drei Jahren und bei einer Fortbildung von mehr als zwei Jahren eine Bindungsdauer von fünf Jahren zulässig. Besteht eine Fortbildung aus mehreren Unterrichtsabschnitten, so sind für die Dauer der Fortbildung nur die Zeiten zu werten, an denen der Arbeitnehmer am Lehrgang teilzunehmen hatte.

2. Der Rückzahlungsgrund

Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Demzufolge muss im Rahmen der Rückzahlungsvereinbarung stets nach dem Grund des Ausscheidens des Arbeitnehmers vor Ablauf der Bindungsfrist differenziert werden. Entscheidend ist, aus wessen Sphäre die Gründe für die Beendigung herrühren. Dies gilt sowohl für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, als auch bei einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung durch einen Aufhebungsvertrag. Eine Rückzahlungsvereinbarung, wonach der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam.

a) Eigenkündigung und verhaltensbedingte Kündigung

Verlässt der Arbeitnehmer vor Ablauf der zulässigen Bindungsfrist auf eigenen Wunsch das Unternehmen, oder erfolgt der Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber aus Gründen, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, ist eine Rückzahlungsverpflichtung nicht unangemessen. Allerdings ist hierbei ebenfalls zu berücksichtigen, dass nicht jede Eigenkündigung des Arbeitnehmers auch zu einer Rückzahlungsverpflichtung führt. Wurde das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer zu Recht wegen eines vom Arbeitgeber gesetzten Grundes, etwa durch ein vertragswidriges Verhalten seitens des Arbeitgebers durch eine Kündigung beendet, entfällt auch insgesamt die Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers.

b) Betriebsbedingte Kündigung

Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Rückzahlung von Ausbildungskosten dem Arbeitnehmer im Falle einer betriebsbedingten Kündigung nicht zumutbar.

c) Personenbedingte Kündigung

Ob eine Rückzahlungsverpflichtung auch dann besteht, wenn das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen (z. B. Krankheit des Arbeitnehmers) beendet wird, ist zumindest bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden. Es spricht jedoch vieles dafür, dass das BAG zumindest bei solchen Gründen, die in der Regel unverschuldet sind, wie etwa Krankheit, eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers als unangemessen erachten wird. Denn die bisherige Rechtsprechung hat eine Rückzahlungsverpflichtung bislang nur dann als angemessen erachtet, wenn die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen war.

d) Nichtbestehen der Abschlussprüfung

Besteht der Arbeitnehmer eine am Ende der Ausbildung anstehende Prüfung nicht, kommt auch hier eine Rückzahlungsverpflichtung nur dann in Betracht, wenn das Nichtbestehen der Prüfung auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen. Eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers soll jedenfalls dann ausscheiden, wenn der Abbruch bzw. das Nichtbestehen der Ausbildung auf eine intellektuelle Überforderung des Arbeitnehmers zurückzuführen ist oder er trotz aller Anstrengungen in den abschließenden Prüfungen scheitert. Richtigerweise muss im Falle des Nichtbestehens eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers aber jedenfalls dann möglich sein, wenn der Arbeitnehmer seine intellektuellen Möglichkeiten schuldhaft ungenutzt lässt.

Eine Klausel, die diese Fallkonstellation nicht hinreichend benennt, ist unwirksam.

3. Das Transparenzgebot

Arbeitgeber müssen bereits zu Beginn der vereinbarten Fortbildung den Arbeitnehmer klar und verständlich auf alle Folgen hinweisen, die sich für ihn aus dem Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung ergeben. Die Voraussetzungen und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest so bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“. Nach der Rechtsprechung des BAG ist bei einer Rückzahlungsklausel dem Transparenzgebot nur dann genügt, wenn die gegebenenfalls zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach angegeben sind. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, die Kosten der Ausbildung bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung exakt der Höhe nach zu beziffern. Die Angaben müssen so beschaffen sein, dass der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko abschätzen kann. Der Arbeitgeber hat daher zumindest Art und Berechnungsgrundlagen der gegebenenfalls zu erstattenden Kosten anzugeben. Konkret bedeutet das, dass die Rückzahlungsvereinbarung die genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen (z. B. Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten), aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll und die Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden (z. B. Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), enthalten muss.

4. Die Rückzahlungshöhe/Staffelung

Arbeitgeber können zum einen nur den Betrag zurückverlangen, den sie tatsächlich aufgewandt haben, höchstens jedoch den vereinbarten Betrag. Arbeitnehmer sind umso geringer an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen, je länger sie im Unternehmen bleiben und je stärker der Arbeitgeber die von ihm getätigte Investition nutzen kann. Die Rückzahlungsvereinbarung muss daher eine ratierliche Minderung des Rückzahlungsbetrags enthalten, wobei sich in der Praxis regelmäßig die Kürzung des Rückzahlungsbetrags pro monatlichen Verbleib im Arbeitsverhältnis findet.

5. Rechtsfolgen

Unwirksame Rückzahlungsklauseln führen nach der Rechtsprechung des BAG dazu, dass die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers grundsätzlich entfällt.

6. Beraterhinweis

Die Übernahme von Fortbildungskosten durch den Arbeitnehmer kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber umfangreiche rechtliche Aspekte beachtet hat. Denn die Unwirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung führt dazu, dass der Arbeitgeber letztlich die gesamten Aus- und Fortbildungskosten zu tragen hat.

Linten Rechtsanwälte


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