Framing kann Urheberrecht verletzen

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Der europäische Gerichtshof hat im März 2021 ein weiteres Urteil zur Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit des Framings gefällt (EuGH, Urteil vom 09.03.2021, Az: C-392/19 – VG BildKunst/ Stiftung Preußischer Kulturbesitz).

Er bestätigte dabei seine bisherige Rechtsprechung und ergänzte diese dabei um einige wichtige Aspekte.

Was ist eigentlich Framing?

Das Framing bezeichnet das Einbetten von (in der Regel zuvor bereits) auf anderen Quellen veröffentlichten Inhalten (beispielsweise Videos oder Bilder) in die eigene Internetseite. 

Der Betrachter betrachtet also den Inhalt (das Werk) über die Internetseite, auf der es eingebettet ist. Er begibt sich nicht auf die Webseite, auf der das Werk ursprünglich online gestellt wurde. 

Ebenso verbleibt die Datei auf den Servern der Ausgangsseite, d.h. das Werk wird von der einbettenden Seite nicht kopiert, sondern lediglich von der Ausgangsseite abgerufen.

Was bedeutet das Rechtlich?

Da das Framing verständlicherweise in die Belange der jeweiligen Urheber bzw. Nutzungsberechtigten des eingebetteten Werkes eingreift, stellt sich die Frage, ob diese dem Framing widersprechen bzw. dagegen vorgehen können.

Dazu müsste in der Einbettung eine unzulässige Verwertungs- bzw. Nutzungshandlung im Sinne des Urheberrechts liegen.

Framing stellt keine Vervielfältigung dar

Nach der ständigen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes und auch des Bundesgerichtshofes ist im Framing keine Vervielfältigung nach § 16 UrhG zu sehen, das das eingebettete Werk nur von den Ausgangsservern abgerufen, nicht aber in dem Frame (erneut) kopiert.

Damit wird keine Kopie der originalen Dateien geschaffen, auch nicht - anders als bspw. beim Streaming - temporär bzw. flüchtig.

Framing kann aber öffentliche Wiedergabe sein

In Betracht kommt allerdings eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie (EG VO 2001/29/EG) bzw. der (richtlinienkonformen Auslegung) nach §§ 19, 19a, 15 Abs. 2 des Urhebergesetzes (UrhG).

Nun ist es ja so, dass das Werk bereits auf der Ausgangsseite veröffentlicht wurde.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist deshalb für die Annahme einer Wiedergabe gegenüber der Öffentlichkeit erforderlich, dass die Wiedergabe auf eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten abzielt und unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet oder für ein neues Publikum, das der Rechtsinhaber nicht bei der ursprünglichen Widergabe bedacht hatte, erfolgt.

Es reicht also nicht aus, dass mehrere Personen das Werk gleichzeitig wahrnehmen oder das mit der Wiedergabe ein Erwerbszweck verfolgt wird. Keine Rolle für die Beurteilung spielt es hingegen, ob für den Betrachter erkennbar ist, dass das Werk nur verlinkt ist.

Keine Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes

Der EuGH stellt für den in dem oben genannten Urteil behandelten Fall zunächst einmal klar, dass der sog. Erschöpfungsgrundsatz – das ist der Grundsatz, dass bei physisch veröffentlichten Werken (sog. Verbreitung gem. § 17 UrhG) die Weitergabe des Werkes unter gewissen Voraussetzungen erlaubt ist, vgl. § 17 Abs. 2 UrhG) – bei digital veröffentlichten Werken nicht gilt. 

Soweit nichts Neues, dies wurde bereits im Rahmen von Zweitveröffentlichungen von eBooks grundlegend diskutiert und abgelehnt (EuGH, Urteil vom 19.12.2019, AZ: C-263/18 – Tom Kabinet).

In der Regel wird kein neues Publikum erreicht

Oftmals werden im Internet die zuvor benannten Voraussetzungen aber erfüllt sein. Denn es wird regelmäßig bei der Einbettung von Inhalten für die Wiedergabe dasselbe technische Verfahren verwendet werden wie für die erstmalige Wiedergabe und auch kein neues Publikum erreicht.

In technischer Hinsicht wird beim Framing lediglich der Link auf die originäre Veröffentlichungsquelle in den Quelltext der Webseite eingebaut. Die Darstellung erfolgt dann über einen in die Webseite integrierten Mediaplayer. Dies wird in aller Regel genauso funktionieren wie bei dem ursprünglich veröffentlichten Werk.

Ferner dürfte zumindest bei Medien, die auf bekannte Internetportalen wie bspw. YouTube, Instagram oder TikToc veröffentlicht werden, in aller Regel das beabsichtigte Publikum so weit gestreut sein, dass bei Einbindung auf einer anderen Webseite kein neues Publikum angesprochen wird.

Aber: Aktive Maßnahmen des Rechteinhabers drehen den Spieß um

Richtet sich die Erstveröffentlichung jedoch an ein begrenztes Publikum und wird bei der Zweitveröffentlichung ein anderer Zweck verfolgt, kann auch nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH ein neues Publikum vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 07.08.2018, AZ: C-161/17 - Renckhoff).

In diese Kerbe schlägt der EuGH mit dem vorliegenden Urteil ein. Er nimmt nämlich auch dann ein neues Publikum an, wenn der Rechtsinhaber bei der Erstveröffentlichung beschränkende Maßnahmen getroffen oder veranlasst hat. Werden diese Maßnahmen umgangen und der Inhalt dennoch auf einer Drittseite eingebettet, wird ein neues Publikum angesprochen, welches der Rechtsinhaber bei der ursprünglichen Wiedergabe gerade nicht erfassen wollte.

Was nun unter beschränkenden Maßnahmen zu verstehen ist, definiert der EuGH dann im Weitern. Es reicht jedenfalls nicht ein irgendwie gearteter Hinweis des Rechtsinhabers, dass er eine bestimmte Nutzung nicht wünscht und es reicht auch nicht solche Maßnahmen vertraglich, also in der Regel über allgemeine Geschäftsbedingungen, zu vereinbaren. Vielmehr muss es sich bei den Maßnahmen um wirksame technische Maßnahmen handeln.

Umgeht ein Anbieter bei der Einbettung von Inhalten solche vorher getroffenen technischen Maßnahmen, liegt also eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art.  3 Abs. 1 InfoSoc-RL und damit auch eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG vor.

Mit diesem ausgewogenen und recht deutlich umrissenen Konzept wird dem Rechteinhaber also selbst ein Instrument in die Hand gegeben, um seine im Internet veröffentlichen Inhalte zu schützen bzw. deren Verwertung zu steuern. Gleichzeitig wird weiterhin gewährleistet, dass grundlegende Prinzipien des Internets auch weiterhin frei nutzbar und anwendbar sind.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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