geblitzt worden mit PoliScan speed – was tun?

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Sie sind mit dem Messgerät PoliScan speed geblitzt worden und überlegen was Sie jetzt tun sollen? Dieser Artikel soll Ihnen als erste Information zu dem Messgerät im Allgemeinem und Ihrer konkreten Messung im Besonderen dienen und im besten Falle Ihre Entscheidungsfindung etwas erleichtern.

1. PoliScan speed als Beweismittel im Bußgeldbescheid

Sie haben eine Anhörung im Bußgeldverfahren oder einen Bußgeldbescheid erhalten, in denen Ihnen eine Geschwindigkeitsüberschreitung – und/oder ein Rotlichtverstoß vorgeworfen wird. Als Beweismittel ist im Anhörungsbogen bzw. dem Bußgeldbescheid unter anderem das Messgerät PoliScan speed angeführt.

Was bedeutet das für Sie? Wie funktioniert eigentlich dieses Messgerät PoliScan speed? Weist das Messgerät PoliScan speed eventuell bekannte Schwächen auf? Könnte bei Ihrer konkreten Geschwindigkeits- und/oder Rotlichtmessung ein Fehler auftreten sein? Wie kann Ihre konkrete PoliScan speed - Messung inhaltlich überprüft und gegebenenfalls juristisch angegriffen werden?

2. Das Messprinzip von PoliScan speed

Das Messgerät PoliScan speed der Fa. Vitronic Bildverarbeitungssysteme GmbH basiert auf dem Messprinzip der sogenannten Laserpuls-Laufzeitmessung (LIDAR = Light Detection And Ranging). Im Rahmen der Messung wirft PoliScan speed dazu 158 Laserstrahlen innerhalb eines Winkels von 45° über die Fahrbahn, wodurch ein Laserfächer entsteht. Alle in diesem Zielkorridor befindlichen Fahrzeuge werden gleichzeitig erfasst. Gemessen wird dabei die Zeit, die das Laserlicht nach dem Aussenden benötigt, um zurück zum Messgerät zu gelangen.

Die Messung erfolgt in einem Abstand von 20 – 50 m vor dem Messgerät. Dabei muss das Fahrzeug mindestens über eine Strecke von 10 m gemessen worden sein. Die Zuordnung des vom Messgerät ausgegebenen Geschwindigkeitswertes zu einem einzelnen Fahrzeug erfolgt mit Hilfe eines in das Foto eingeblendeten viereckigen Auswerterahmens, in dem sich wenigstens ein Vorderrad und/oder das Kennzeichen des Fahrzeugs zumindest teilweise befinden müssen. Die Unterseite des Auswerterahmens muss sich dabei unterhalb der Räder befinden.

3. PoliScan speed kann Geschwindigkeits- und Rotlichtverstöße messen

PoliScan speed ist in der Lage sowohl die Geschwindigkeit zu messen als auch Rotlichtverstöße festzustellen. Sogar die Dokumentation kombinierter Geschwindigkeits- und Rotlichtverstöße ist möglich. War es früher oft möglich durch stärkeres Beschleunigen bei noch gelbem Ampellicht über die Kreuzung zu „flitzen“ und dadurch einen Rotlichtverstoß zu verhindern, würde das Messgerät PoliScan speed Sie heute in diesem Fall wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung blitzen. Besonders hart würde es allerdings denjenigen treffen, der trotz Beschleunigung des Fahrzeugs die Haltelinie der Ampelanlage erst bei Rotlicht überquert, denn er müsste in einem solchen Fall mit einem hohen Bußgeld wegen einer Kombination aus Geschwindigkeits-überschreitung und Rotlichtverstoß rechnen.

4. PoliScan speed kann Ihnen fast überall begegnen

Hinzu kommt, dass PoliScan speed Ihnen fast überall begegnen kann, es handelt sich um ein häufig eingesetztes Messsystem. PoliScan speed kann sowohl stationär in der Systemsäule oder der Messkabine, als auch mobil auf dem Stativ neben der Fahrbahn, aus dem Fahrzeug heraus oder im sogenannten Enforcement Trailer betrieben werden, einem Spezialanhänger der umgangssprachlich auch gerne als „Tarnkappenbomber“ bezeichnet wird und irgendwo am Straßenrand steht.

5. Macht PoliScan speed Messfehler?

Bei Poliscan speed handelt es sich um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren, was gem. Rechtsprechung des BGH in diesem Zusammenhang bedeutet, ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Übersetzt heißt das, dass grundsätzlich nicht von Messfehlern auszugehen ist, wenn der Messbeamte PoliScan speed entsprechend der Gebrauchsanweisung bedient hat.

Trotzdem kann es bei Ihrer konkreten Messung zu individuellen Fehlern gekommen sein oder es können nicht aufklärbare Widersprüche vorliegen, nur müssen diese von Ihnen oder Ihrem Rechtsanwalt auch erkannt und konkret benannt werden, sonst gilt der Grundsatz des standardisierten Messverfahrens fort und es ist dann gerade nicht damit zu rechnen, dass sich für Sie hinsichtlich der Höhe des Bußgeldes, den Punkten oder dem Fahrverbot etwas zu Ihren Gunsten verändern lässt.

6. Akteneinsicht durch den Rechtsanwalt

Voraussetzung für die Feststellung von Fehlern oder Widersprüchen ist zunächst die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Bußgeldstelle, die allerdings nur Rechtsanwälten im vollen Umfang gewährt wird. Sie als Betroffener erhalten in der Regel nur die Kopie eines Fotos zu sehen, welches den angeblichen Fahrer zeigt. Damit ist jedoch meist nicht viel anzufangen, jedenfalls dann nicht, wenn es um eine tatsächlich aussichtsreiche Verteidigung gegen den Bußgeldvorwurf gehen soll.

Neben der Akteneinsicht in die Ermittlungsakte ist von weiterer entscheidender Bedeutung, die Sach- und Fachkenntnis bzw. Erfahrung Ihres Rechtsanwalts. So ergeben sich nämlich außer der Überprüfung der offensichtlichen Urkunden in der Akte, wie z.B. der Kontrolle der Eichscheine, der Schulungsnachweise der Messbeamten, der Messprotokolle, der Beschilderungspläne, der Messfotos etc., die in aller Regel keine erheblichen Fehler beinhalten werden, sehr viel erfolgversprechende Ansätze, wenn Ihr Rechtsanwalt weiß, wo er danach suchen muss.

7. xml-Datei der konkreten PoliScan speed Messung 

PoliScan speed generiert aus dem Originaldatensatz Ihrer konkreten Messung ein Messfoto im Format .jpg. Bei der Umwandlung des Originaldatensatzes in das Format .jpg wird automatisch eine sogenannte xml-Datei erstellt, die Informationen zu Positions- und Zeitangaben des angemessenen Fahrzeugs während des Messvorgangs beinhaltet.

Setzt man die in der xml-Datei enthaltenen Positions- und Zeitangaben des angemessenen Fahrzeugs rechnerisch ins Verhältnis und vergleicht diese dann mit dem vorgeworfenen Geschwindigkeitswert, stellt man nicht selten eine Differenz zu Gunsten des Betroffenen fest.

8. Gemäß xml-Datei nachvollziehbare Geschwindigkeit

Der Verfasser ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und seit Jahren auf die Verteidigung von Mandanten in Bußgeldverfahren spezialisiert. Die Berechnungen von deutlich mehr als hundert xml-Dateien konkreter Messungen mit PoliScan speed durch den Verfasser, haben in ca. 50% der Fälle, Abweichungen im Rahmen von jeweils 1 bis 3 km/h von den vorgeworfenen Geschwindigkeiten zu Gunsten der betroffenen Mandanten ergeben.

Hierdurch konnten als konkrete Folge zahlreiche Punkteeintragungen und Fahrverbote bei PoliScan speed – Messungen für die Mandanten abgewehrt werden.

9. Fachanwaltliche Hilfe bei Messung mit PoliScan speed

Wenn auch Sie als Betroffener einer vorgeworfenen Geschwindigkeits-überschreitung oder eines Rotlichtverstoßes eine Anhörung im Bußgeldverfahren oder einen Bußgeldbescheid erhalten haben, in dem das Messgerät PoliScan speed als Beweismittel angeführt wird und Sie Zweifel an der Korrektheit der Messung haben, dann melden Sie sich gerne per E-Mail oder telefonisch bei mir, um Ihren konkreten Vorwurf fachanwaltlich prüfen zu lassen.

Rechtsanwalt Frank W. Engelbracht ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Foto(s): @AdobeStock_210440350

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