Gebührenpauschale in AGB – Wirksam? –

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Gebührenpauschale in AGB

–Wirksam?–

Der eine oder andere Leser dürfte schon einmal Erfahrungen mit Gebührenpauschalen gemacht haben. Eine Rechnung nicht rechtzeitig überwiesen, nicht genügend Geld auf dem Girokonto gehabt oder mit dem Mietwagen zu schnell gefahren. So manches Unternehmen greift dabei auf Gebührenpauschalen zurück, um sich auf diese Weise den Bearbeitungsaufwand „vergüten“ zu lassen.

Viele dieser in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Preislisten vorhandenen Pauschalen sind jedoch unwirksam.

Betroffene akzeptieren sehr häufig die von ihnen verlangten Bearbeitungsgebühren und zahlen, obwohl nach materiellem Recht häufig kein Anspruch hierauf besteht. So mancher Betroffene glaubt ohnehin selbst „schuld“ an der „Miesere“ zu sein. Wieder andere gehen davon aus, dass rechtlich eine Zahlungspflicht besteht, da es ja schließlich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen steht. Wieder andere haben Zweifel, scheuen aber den „Aufwand“ und zahlen.

Der nachfolgende Beitrag soll dazu dienen, einen Überblick zu den gängigen – in allgemeinen Geschäftsbedingungen auftauchenden – Gebührenpauschalen zu verschaffen. Des Weiteren soll aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen eine Gebührenpauschale überhaupt wirksam ist. 

Im Einzelnen:

I. Was sind Gebührenpauschalen?

Eine „Gebührenpauschale“ ist nichts anderes ein als im Voraus bestimmter Geldbetrag, welcher für bestimmte Handlungen eines Vertragspartners erhoben wird. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die sog. „Mahnkostenpauschale“. Kommt ein Schuldner einer Zahlungsverpflichtung aus einem Vertragsverhältnis willentlich oder aus Nachlässigkeit nicht nach, so setzt der Gläubiger der Forderung in der Regel ein Mahnschreiben auf. Für dieses Mahnschreiben soll der andere Vertragspartner (Schuldner) dann einen pauschalen, im Voraus festgelegten, Geldbetrag zahlen.

Sehr häufig anzutreffen sind auch Gebührenpauschalen in Zusammenhang mit Rücklastschriften. Hat der Schuldner einer Forderung dem Gläubiger ein Lastschriftmandat erteilt, um den geschuldeten Geldbetrag vom Girokonto einziehen zu lassen, so kommt es vor, dass die Abbuchung deshalb scheitert, weil nicht genügend Geld auf dem Girokonto vorhanden ist. Für diesen Fall lassen sich Unternehmen häufig einen bestimmten Geldbetrag zahlen, um einen weiteren Abbuchungsversuch zu unternehmen.

In Zusammenhang mit Automietverträgen sind zudem „Bearbeitungspauschalen“ weit verbreitet. Der gewerbliche Autovermieter lässt sich für den Fall, dass der Mieter eine Verkehrsordnungswidrigkeit begeht, vermöge dessen die Daten des Mieters an die Ordnungsbehörden herausgegeben werden muss, einen im Voraus festgelegten Geldbetrag zahlen. Dabei kommt es nicht selten vor, dass die Bearbeitungspauschale genauso hoch bzw. teilweise sogar höher ausfällt, als das behördlicherseits verhängte Bußgeld.

II. Wirksamkeit einer Gebührenpauschale

1. Normativer Anknüpfungspunkt

Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Gebührenpauschale kommt § 309 Nr. 5 BGB eine entscheidende Rolle zu.

Dort heißt es:

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeiten

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

5.  (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)

die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn

a)die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oderb)dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;

Liegt einer der in § 309 Nr. 5 BGB aufgeführten Alternativen vor, so ist die entsprechende AGB-Klausel insgesamt unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion dergestalt, dass etwa nur eine angemessene Gebühr zu zahlen wäre, findet nicht statt (§ 306 BGB).

2. Anwendbarkeit des § 309 Nr. 5 BGB

§ 309 BGB findet im Rahmen einer gerichtlichen AGB-Kontrolle nur dann unmittelbare Anwendung, wenn es sich um eine Klausel handelt, die von einem Unternehmer (§ 14 BGB) gegenüber einem Verbraucher (§ 13 BGB) verwendet wird.

Im unternehmerischen Rechtsverkehr, also bei Verträgen zwischen Unternehmern, findet die Norm mittelbare Anwendung. Im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB wird die sich aus § 309 Nr. 5 BGB ergebende Wertung berücksichtigt. Daraus folgt, dass auch im unternehmerischen Rechtsverkehr ein Unternehmer nur solche Gebührenpauschalen gegen sich gelten lassen muss, die sich am durchschnittlich eintretenden Schaden bzw. an der durchschnittlich eintretenden Wertminderung orientieren.

3.  Voraussetzungen des § 309 Nr. 5 lit. a) BGB

Unwirksam ist eine Gebührenpauschale u.a. dann, wenn sie den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt.

Die Kasuistik hierzu ist zahlreich.

Am Beispiel von pauschalierten Mahngebühren wurden in der Vergangenheit folgende Pauschalbeträge durch die Gerichte für unwirksam erklärt:

  • EUR/Dm 30,00;
  • EUR 10,00;
  • EUR 9,95;
  • EUR 9,00;
  • DM 7,00;
  • EUR 6,50;
  • EUR 5,95;
  • EUR 5,00;
  • EUR 3,00;
  • EUR 2,80;
  • EUR 2,50.

Die Kasuistik zu Pauschalgebühren in Bezug auf Rücklastschriften zeigt ein ähnliches Bild. Folgende Beträge wurden in diesem Zusammenhang durch die Rechtsprechung für unwirksam erklärt:

  • DM/EUR 50,00;
  • EUR 20,95;
  • EUR 19,95;
  • EUR 15,00;
  • EUR 13,00;
  • EUR, 12,00;
  • EUR, 10,00;
  • EUR 9,60;
  • EUR 9,00;
  • EUR 8,90;
  • EUR 8,50;
  • EUR 7,45;
  • EUR 7,30;
  • EUR 7,00;
  • EUR 6,95;
  • EUR 6,00;
  • EUR 5,00;
  • EUR 4,59;
  • EUR 4,50.

Die Rechtsprechungsübersicht zeigt deutlich, dass die Gerichte einen äußerst strengen Maßstab anlegen, wenn es darum geht, Gebührenpauschalen am materiellen Recht zu messen.

4.  Voraussetzungen des § 309 Nr. 5 lit. b) BGB

Unwirksam ist eine Gebührenpauschale auch dann nach § 309 Nr. 5 lit. b) BGB, wenn sie dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich den Nachweis gestattet, dass ein Schaden oder Wertminderung überhaupt nicht oder wesentlich geringer als die Pauschale entstanden ist.

Die Gestattung nach § 309 Nr. 5 lit. b) BGB muss ausdrücklich erfolgen und im unmittelbaren Zusammenhang mit der entsprechenden Klausel stehen. Ein Hinweis in einer Fußnote oder in einer anderen Klausel ist unzulässig und führt zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel.

Sofern die Klausel hinsichtlich der Höhe der jeweiligen Pauschale auf eine separate Preisliste oder ähnliches Dokument verweist, ist erforderlich, dass auch dort die Gestattung des Gegenbeweises aufgenommen wird.

III. Tatsächliche Rechtspraxis

Gebührenpauschalen sind, entgegen der strengen Handhabung durch die Rechtsprechung, in äußerst vielen allgemeinen Geschäftsbedingungen vorhanden. Dies führt selbstverständlich zur Frage, weshalb dies so ist. Die Antwort hierauf simpel.

Viele Unternehmer nehmen derartige Gebührenklausel, trotz Kenntnis von der fehlenden Wirksamkeit, in ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen auf, in der Hoffnung, dass der andere Vertragspartner sich dagegen nicht wehrt.

Aus Unternehmersicht ist eine einfache Kosten-Nutzen-Kalkulation.

Die meisten Betroffenen wehren sich aus vielerlei Gründen (s. o.) nicht gegen unwirksame Gebührenpauschalen. In der Summe geht die Rechnung für den Verwender einer solchen Klausel folglich auf. Denjenigen, die sich auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen, wird die jeweilige Gebühr häufig – aus vermeintlicher Kulanz – erlassen. Als Unternehmer besteht zwar darüber hinaus auch das Risiko, wegen unwirksamer AGB-Klauseln durch Verbraucherschutzverbände oder Mitbewerber kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Aber auch dieses „Risiko“ scheint die meisten Verwender nicht abzuschrecken.

IV. Fazit

Wir können nur jedem raten, Gebührenpauschalen nicht unreflektiert hinzunehmen und irgendwelche Zahlungen zu leisten. Im Einzellfall sollte stets ein Rechtsanwalt die jeweilige AGB-Klausel prüfen und seine Einschätzung abgeben. Unsere Erfahrung zeigt uns, dass es sich in sehr vielen Fällen lohnen wird.

Tolga Topuz
Rechtsanwalt

Dezember 2023 – Düsseldorf –

Originalbericht abrufbar unter diesem Link.

Foto(s): @pixabay.com/de/users/peggychoucair-1130890/


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