Gesellschafterstreit: Unberechtigter Insolvenzantrag kann zum Schadenersatz führen

  • 3 Minuten Lesezeit

OLG München: Bestand für die Insolvenzantragsstellung unter Berücksichtigung aller Umstände kein Anlass, so stellt sie eine die gesellschaftliche Treuepflicht verletzende und den Gesellschafter zum Schadenersatz verpflichtende Handlung dar (§§ 280 Abs. 1, 705 BGB) – Leitsatz 2 des Gerichts.

In Gesellschaften, in denen die persönliche Beziehung der Beteiligten eng ist – also regelmäßig in Personenhandelsgesellschaften und kleinen GmbH – werden Gesellschafterstreitigkeiten häufig eher auf emotionaler denn auf professioneller Ebene geführt. Daher verlaufen die Streitigkeiten regelmäßig in verschiedenen Eskalationsstufen, in denen der wirtschaftliche Hintergrund häufig in den Hintergrund tritt.

Sachverhalt

Dass dies für alle Beteiligten eigentlich ungewollte Folgen haben kann, zeigt eine Entscheidung des OLG München vom 04.02.2015 – 7 U 2177/14.

Der Sachverhalt ist recht einfach. Die Klägerin und die Beklagte sind Schwestern. Sie bildeten gemeinsam mit dem Ehemann der Klägerin und einem weiteren Dritten eine GbR, deren einziges Vermögen ein Grundstück war. Ein Gesellschaftsvertrag wurde nicht vereinbart, sodass die §§ 705 ff. BGB ohne Abweichungen galten. Die Klägerin schloss für die GbR Bauverträge ab und forderte von den Gesellschaftern deren anteiligen Beiträge an. Anfangs zahlte die Beklagte ihre Beiträge, verweigerte aber nach einiger Zeit weitere Zahlungen, weil die Klägerin und ihr Ehemann die GbR nicht wirksam hätten vertreten können. Zu diesem Zeitpunkt bestanden nach den Feststellungen des Gerichts offene Forderungen gegen die GbR i.H.v. ca. 23.000 EUR, was nur einen kleinen Teil des Bauvolumens ausmachte. Nachdem die Beklagte weitere Zahlungen verweigerte, stellte die Klägerin Insolvenzantrag. Die Klägerin machte dann Schadenersatzansprüche gegenüber der Beklagten geltend, weil sie von dieser zu der Stellung des Antrags gezwungen worden sei. Widerklagend forderte die Beklagte Schadenersatz, weil sie die Stellung des Insolvenzantrags für unberechtigt hielt.

Entscheidung

Das OLG verurteilte die Klägerin zur Zahlung von Schadenersatz. Es führte hierzu aus, dass die Stellung des Insolvenzantrags treuwidrig war, da kein Anlass bestanden habe, weil GbR-Gesellschafter grundsätzlich nicht zur Stellung des Antrags verpflichtet sind (arg. aus § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO). Gläubiger der Gesellschaft seien außerdem ausreichend dadurch geschützt, dass die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GbR persönlich haften.

Fazit

Die Entscheidung zeigt, dass im Rahmen von Streitigkeiten unter den Gesellschaftern jederzeit im Auge behalten werden sollte, ob der jeweilige Gesellschafter selbst sich mit seinen Aktionen noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen bewegt.

Hierbei stellt der hier entschiedene Sachverhalt nur die Spitze des Eisbergs dar, weil eigenmächtige Insolvenzanträge eines Gesellschafters ohne Verpflichtung selten sind. Zwar sollte im Fall einer Krise regelmäßig geprüft werden, ob die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags besteht. Besteht die Pflicht aber nicht, sollten die einzelnen Gesellschafter davon absehen, durch den selbst gestellten Antrag „Fakten schaffen“ zu wollen. Dies kann sich, wie vorliegend gesehen, als Bumerang erweisen. Letztlich musste die antragsstellende Gesellschafterin ihrer Schwester den Schaden ersetzen, der aus dem Insolvenzverfahren folgte.

Aber auch unterhalb dieser Schwelle sollten die eigenen Aktionen gut durchdacht werden. So wird nach dem Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund auch geprüft, ob die Gesellschafter, die den Ausschluss beschließen, sich selbst ordnungsgemäß verhalten haben. Auch ein nur als gering bewertetes Fehlverhalten vor dem Ausschlussbeschluss kann dazu führen, dass der Ausschluss nachher als unzulässig angesehen wird.

Dies zeigt, dass Gesellschafter gut beraten sind, schon beim Aufkommen eines Gesellschafterstreits eine rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um nicht durch eigene Fehler Vorteile aus der Hand zu geben.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heiko Effelsberg LL.M.

Beiträge zum Thema