Gesichtsmasken, Alltagsmasken, FFP2-Masken - Rücknahmeanordnung der Marktaufsicht - Teil 2

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 II.
 Marktaufsicht

1. Aufgaben  und Befugnisse der Marktaufsichtsbehörden

Die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer bezwecken vorrangig den Schutz der Verbraucher vor nicht sicheren oder nicht gesetzeskonformen Produkten. Damit verbunden ist zugleich auch die Aufgabe, die Wirtschaftsakteure – Hersteller, Inverkehrbringer und/oder Händler – vor unfairem Wettbewerb durch das Inverkehrbringen nicht gesetzeskonformer Produkte durch andere Marktteilnehmer zu schützen.

Marktaufsichtsbehörden werden durch eigene Untersuchungen und Stichprobenkontrollen aber auch auf Hinweise von betroffenen Verbrauchern oder Wettbewerbern gegenüber den die betroffenen Produkte in Verkehr bringenden Wirtschaftsakteuren tätig.

Bei nicht gesetzeskonformen Produkten haben die Marktaufsichtsbehörden das Recht und die Pflicht die Konformität des Produktes herzustellen bzw. unsichere sowie nicht gesetzeskonforme Produkts vom Markt zu entfernen zu lassen. Dafür werden von der Marktaufsicht gegenüber den betroffenen Wirtschaftsakteur (bspw. § 27 Produktsicherheitsgesetz - ProdSG) verhältnismäßige Maßnahmen erlassen – von der Aufforderung den Sachverhalt zu erklären und Informationen und Unterlagen beizubringen, bis hin zum Vertriebstop bzw. behördlich angeordneten Rückruf.

Zur Durchführung ihrer Pflichten sind die Marktüberwachungsbehörden mit entsprechenden Überwachungsbefugnissen ausgestattet, die ihnen insb. das Betreten von Grundstücken und die Probennahme eröffnet (bspw. § 28 ProdSG).

Bei Verstößen im Bereich von Medizinprodukten – also auch bei medizinischen Masken – ergibt sich die Besonderheit, dass die Marktaufsichtsbehörde auch zu dem besonders intensivem Eingriff der Betriebsschließung ermächtigt ist, § 28 Abs. 2 S. 1 MPG. Dies natürlich erst bei einer „drohenden Gefahr“ – also einer zeitlichen Nähe des Gefahreneintritts – zulässig unter Beachtung der Gebotenheit („mildestes Mittel“).

Bei persönlicher Schutzausrüstung – wie bei FFP2-Masken – unterscheidet die PSA-Verordnung nach

  • materielle Nichtkonformität, Art. 38 PSA-Verordnung
  • Gefahren konformer Produkte, Art. 40 PSA-Verordnung
  • formale Nichtkonformität, Art. 41 PSA-Verordnung

und ermächtigt die Marktaufsichtsbehörde grundsätzlich dazu alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.

Bei allen Maßnahmen ist jedoch wie bei allen öffentlich-rechtlichen Handlungen grundsätzlich die Verhältnismäßigkeit zu beachten. Sodass in manchen Fällen bereits das einfache Nachreichen von Warnungen oder ergänzenden Untersuchungen ausreicht, um die Konformität des Produkts herzustellen.


2. Rücknahmeanordnung - Vertriebstop

OVG Lüneburg Beschluss vom 09.12.2020 (13 ME 468/20)

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat unter instruktiver Darlegung der einschlägigen Sach- und Rechtslage für Atemschutzmasken bzw. FFP2-Masken eine Rücknahmeanordnung der örtlichen Marktüberwachungsbehörde gegenüber einem ortsansässigen Hersteller und Händler solcher Masken wegen nicht ordnungsgemäßer Dokumentation und Kennzeichnung bestätigt. 

Das OVG Lüneburg hat die Rechtmäßigkeit der gerügten Rückrufanordnung insbesondere auf formale Verstöße gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften gestützt und zwar die:

  • unzulässige Ausweisung als Atemschutz- und FFP2-Masken; 
  • irreführende Angabe einer tatsächlich nicht involvierten benannten Stelle; 
  • unzulässige CE-Kennzeichnung nach der PSA-Richtlinie;
  • unrichtige Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung.

Das OVG beschäftigte sich im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (=Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Bescheid) mit der Rechtsmäßigkeit der Untersagung der Bereitstellung auf dem Markt und der Anordnung der Rücknahme von FFP2-Masken.

Im vorliegenden Fall fehlte die EU-Baumusterprüfung beim Hersteller. In der nach § 80 Abs. 5 VwGO üblichen summarischen Prüfung – also insb. ohne Beweiserhebung – bestätigte das OVG Lüneburg die genannten Maßnahmen bei bereits formeller Nichtkonformität.

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nahm das OVG Lüneburg an, dass die Aufforderung der Marktaufsichtsbehörde zum Einleiten von Maßnahmen zur Beseitigung der Nichtkonformität mit einwöchiger Frist ausreichend war, um die Nichtkonformität zu beseitigen. Da derart notwendige Maßnahmen - Vorlage eines EU-Baumusterprüfbescheides einer in der EU ansässigen zertifizierten benannten Stelle zu diesem Masken-Typ nebst Neuausstellung einer EU-Konformitätserklärung durch den Hersteller - nicht ergriffen wurden, war durch die Marktaufsichtsbehörde sowohl die Untersagung der Bereitstellung der Masken durch den Hersteller auf dem Markt als auch die ihm erteilte Rücknahmeanordnung der FFP2-Masken von den von ihm belieferten Händlern rechtmäßig. 

Das OVG Lüneburg stellt in diesem Zusammenhang abschließend fest, dass die  materielle Konformität – und damit die Einhaltung der Sicherheitsziele der PSA-Verordnung – nur durch ein formal ordnungsgemäßes Konformitätsverfahren nachgewiesen werden kann.

Die Feststellungen des OVG Lüneburg gelten entsprechend für die zivilrechtliche Beurteilung der artiger Fälle - hierzu folgen kurze Ausführung in Teil 3 dieser Abhandlung: 

FFP2-Masken - Gewährleistung, Produkthaftung, Abmahnung und Verkaufstop - Teil 3 - Görtz - Legal (goertz-legal.de)


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Stuttgart, den 25.01.2021

Dominik Görtz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht

Stuttgart / Heilbronn




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