Haben Ehegatten im Notfall ein Vertretungsrecht?

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Eine häufige Fehlvorstellung in der Bevölkerung findet sich zu der Frage, ob Ehegatten sich gegenseitig in medizinischen Fragen vertreten dürfen. Ähnlich ist es bei der Frage nach der Vertretungsbefugnis zwischen Kindern und Eltern.

Bisher musste die rechtliche Beratung zu der Frage immer dahin lauten, dass eine Vertretungsbefugnis auch in Notfällen nicht besteht. Notwendig war also eigentlich eine medizinische Vollmacht.

Hier hat der Gesetzgeber nun seit dem 08.03.2021 im Rahmen einer umfassenden Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts  eine gewisse Abhilfe geschaffen. Auch ohne ausdrückliche Vollmacht erhält der Ehegatte ein Notvertretungsrecht gegenüber Ärzten, darf Verträge für eine Reha abschließen. 

Aber: dieses Recht gilt nur sechs Monate lang oder bis zur Behebung der Notsituation. Und es stellen sich (hier nur ausschnittweise) einige Problemfälle. 

- Der Ehegatte darf die Post des anderen weiterhin nicht öffnen.

- Muss der behandelnde Arzt das Bestehen der Ehe prüfen?

- Bei Getrenntleben entfällt das Notvertretungsrecht. Was aber heißt "Getrenntleben"? Dies kann der Arzt nicht prüfen. Unterschiedliche Anschriften der Eheleute in den Ausweisen heißen noch nicht, dass diese getrennt leben.

Wer sicher gehen will, sollte also weiterhin eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht erstellen und so deponieren, dass die Ärzte im Notfall darauf zurückgreifen können. 

Und wer nach Trennung vermeiden will, dass der getrennte Partner sich auf das Notvertretungsrecht beruft, sollte diesem ausdrücklich und nachweislich widersprechen.

Ihre Anwältin/Ihr Anwalt berät Sie zu dieser wichtigen Regelung.

Der neue § 1358 BGB zum Notvertretungsrecht durch Ehegatten (Drucksache 564/20) lautet im Entwurf:

Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge

(1)

Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen (vertretener Ehegatte), ist der andere Ehegatte (vertretender Ehegatte) berechtigt, für den zu vertretenden Ehegatten

1.in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,

2. Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,

3.über Maßnahmen nach §1831 Absatz 4 zu entscheiden, sofern die Dauer der Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und

4.Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den Verträgen nach Nummer 2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

(2)

Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort genannten Angelegenheiten sind behandelnde Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden. Dieser darf die entsprechenden Krankenunterlagen einsehen und ihre Weitergabe an Dritte bewilligen.

(3)

Die Berechtigungen nach den Absätzen 1 und 2 bestehen nicht, wenn

1.

die Ehegatten getrennt leben,

2.

dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist,

dass der vertretene Ehegatte

a) eine Vertretung durch ihn in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten ablehnt oder

b) jemanden zur Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, soweit diese Vollmacht die in Absatz1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst,

3.

für den zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist, soweit dessen Aufgabenkreis die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst, oder

4.

mehr als drei Monate seit dem durch den Arzt nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 festgestellten Zeitpunkt vergangen sind.

(4)

Der Arzt, gegenüber dem das Vertretungsrecht ausgeübt wird, hat

1.

das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und den Zeitpunkt, zu dem diese spätestens eingetreten sind, schriftlich zu bestätigen,

2.

dem vertretenden Ehegatten diese Bestätigung mit einer schriftlichen Erklärung über die Voraussetzungen nach Absatz1 und Ausschlussgründe nach Absatz 3 vorzulegen und

3.

sich von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern zu lassen, dass

a)das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder Krankheit, aufgrund derer der Ehegatte seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde und

b)kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt.

Das Dokument ist dem vertretenden Ehegatten für die weitere Ausübung der Vertretungsberechtigung auszuhändigen.

(5)

Das Vertretungsrecht nach Absatz 1 darf ab der Bestellung eines Betreuers, dessen Aufgabenkreis die dort bezeichneten Angelegenheiten umfasst, nicht mehr ausgeübt werden.

(6)

1821 Absatz 2 bis 4, §1827 Absatz 1 bis 3, §1828 Absatz 1 und 2, §1829 Absatz 1 bis 4 sowie §1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 gelten entsprechend.

lautet im Entwurf.

Im Entwurf  zum Notvertretungsrecht durch Ehegatten (Drucksache 564/20) heißt es:

Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge

(1)

Kann ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen (vertretener Ehegatte), ist der andere Ehegatte (vertretender Ehegatte) berechtigt, für den zu vertretenden Ehegatten

1.in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einzuwilligen oder sie zu untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegenzunehmen,

2. Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abzuschließen und durchzusetzen,

3.über Maßnahmen nach §1831 Absatz 4 zu entscheiden, sofern die Dauer der Maßnahme im Einzelfall sechs Wochen nicht überschreitet, und

4.Ansprüche, die dem vertretenen Ehegatten aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten zustehen, geltend zu machen und an die Leistungserbringer aus den Verträgen nach Nummer 2 abzutreten oder Zahlung an diese zu verlangen.

(2)

Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und hinsichtlich der dort genannten Angelegenheiten sind behandelnde Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden. Dieser darf die entsprechenden Krankenunterlagen einsehen und ihre Weitergabe an Dritte bewilligen.

(3)

Die Berechtigungen nach den Absätzen 1 und 2 bestehen nicht, wenn

1.

die Ehegatten getrennt leben,

2.

dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist,

dass der vertretene Ehegatte

a) eine Vertretung durch ihn in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten ablehnt oder

b) jemanden zur Wahrnehmung seiner Angelegenheiten bevollmächtigt hat, soweit diese Vollmacht die in Absatz1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst,

3.

für den zu vertretenden Ehegatten ein Betreuer bestellt ist, soweit dessen Aufgabenkreis die in Absatz 1 bezeichneten Angelegenheiten umfasst, oder

4.

mehr als drei Monate seit dem durch den Arzt nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 festgestellten Zeitpunkt vergangen sind.

(4)

Der Arzt, gegenüber dem das Vertretungsrecht ausgeübt wird, hat

1.

das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 und den Zeitpunkt, zu dem diese spätestens eingetreten sind, schriftlich zu bestätigen,

2.

dem vertretenden Ehegatten diese Bestätigung mit einer schriftlichen Erklärung über die Voraussetzungen nach Absatz1 und Ausschlussgründe nach Absatz 3 vorzulegen und

3.

sich von dem vertretenden Ehegatten schriftlich versichern zu lassen, dass

a)das Ehegattenvertretungsrecht wegen der Bewusstlosigkeit oder Krankheit, aufgrund derer der Ehegatte seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht besorgen kann, bisher nicht ausgeübt wurde und

b)kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt.

Das Dokument ist dem vertretenden Ehegatten für die weitere Ausübung der Vertretungsberechtigung auszuhändigen.

(5)

Das Vertretungsrecht nach Absatz 1 darf ab der Bestellung eines Betreuers, dessen Aufgabenkreis die dort bezeichneten Angelegenheiten umfasst, nicht mehr ausgeübt werden.

(6)

1821 Absatz 2 bis 4, §1827 Absatz 1 bis 3, §1828 Absatz 1 und 2, §1829 Absatz 1 bis 4 sowie §1831 Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 2 gelten entsprechend.


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