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Haftungsfalle Firmenevent: Risiken bei Incentives & Co.

  • 3 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

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Mitarbeitermotivation wird in vielen Firmen großgeschrieben. Ob nun ein Flug mit dem Heißluftballon, eine Tour durch den Kletterseilgarten oder eine Raftingtour - mit außergewöhnlichen, gemeinsamen Erlebnissen können Mitarbeiter durch Spaß motiviert werden. Allerdings können solche Incentives im Fall eines Unfalls für den Arbeitgeber zur teuren Haftungsfalle werden, wenn konkret kein Arbeitsunfall vorliegt, der über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert ist. Das juristische Redaktionsteam von anwalt.de zeigt, wie man das durch kluge Organisation und vorausschauende Planung vermeiden kann.

Arbeitsunfall und Arbeitgeberhaftung

Gemäß § 104 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) muss der Arbeitgeber bei einem Versicherungsfall nicht haften. Dieser liegt vor, wenn es sich um einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit des Arbeitnehmers handelt, sofern der Arbeitgeber ihn nicht vorsätzlich verursacht hat und der Unfall nicht auf dem versicherten Weg eingetreten ist. Kennzeichnend für einen Arbeitsunfall im Sinn von § 7 SGB VII ist eine Verbindung der Schadensereignisse und dem Beschäftigungsverhältnis.

Haftungsausschluss und Teilnehmerkreis

Unfälle bei Firmenveranstaltungen sind als Arbeitsunfälle gesetzlich unfallversichert, wenn an ihnen möglichst die gesamte Belegschaft teilnehmen kann. Dagegen stehen Incentives regelmäßig nur einem Teil der Mitarbeiter offen, die damit für ihre guten Leistungen besonders belohnt werden sollen. Damit scheidet der Haftungsausschluss des § 104 SGB VII in aller Regel bei Incentives aus, sodass eine Haftung des Arbeitgebers bei einer schuldhaften Pflichtverletzung in Betracht kommt.

Beispiele zur Abgrenzung

Eine Fahrradtour nur mit einigen Kollegen ist nicht über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt (LSG Hessen, Urteil v. 15.07.2008, Az.: L 3 U 266/05). Gleiches gilt für eine Canyoning-Tour während eines mehrtägigen Teammeetings mehrerer Mitarbeiter aus einer Firmenabteilung (LSG Hessen, Beschluss v. 30.04.2009; Az.: L 3 U 249/08) oder eine Party im Anschluss an einen einmal jährlich stattfinden und extern veranstalteten Firmenlauf, zu der nur die Läufer eingeladen sind (LSG Hessen, Urteil v. 18.03.2008, Az.: L 3 U 123/05).

Fürsorgepflicht und Schutzmaßnahmen

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmerinteressen zu schützen. Diese Fürsorgepflicht obliegt ihm auch bei Incentives. Er muss alle verhältnismäßigen und zumutbaren Schutzmaßnahmen ergreifen. Auf der anderen Seite hat der Arbeitnehmer die Eigenverantwortung. Darüber hinaus wird die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch durch das allgemeine Lebensrisiko begrenzt. Sie bezieht sich also lediglich auf Gefahren, die sich durch die Eingliederung in den Betrieb ergeben.

Aufklärung und Durchführung

Bei Incentives muss der Arbeitgeber die Teilnehmer im Vorfeld über den allgemeinen Verlauf der Veranstaltung aufklären und auf die damit verbundenen allgemeinen Risiken hinweisen. Allerdings trifft letztlich der Mitarbeiter selbst die Entscheidung, ob er an der jeweiligen Aktivität teilnimmt. Ein herzranker Arbeitnehmer muss letztlich eigenverantwortlich entscheiden, on er an einer Wanderung teilnehmen kann, ohne seine Gesundheit zu gefährden (LSG Bayern, Urteil v. 01.12.1999, Az.: L 2 U 518/98). Zudem muss der Arbeitgeber die Veranstaltung so organisieren und durchführen, dass allgemein für die Sicherheit der Teilnehmer gesorgt ist. Er muss beispielsweise die Personen, die die Veranstaltung durchführen, sorgfältig auswählen und überwachen (BGH, Urteil v. 08.10.2002, Az.: VI ZR 182/01).

Einschaltung von Dritten

Aus haftungsrechtlicher Sicht empfiehlt es sich, sich bei Incentives professioneller Veranstalter zu bedienen. Hat der Arbeitgeber nicht das für eine sichere Durchführung der Veranstaltung notwendige Know-how, ist er dazu verpflichtet, einen professionellen Veranstalter einzuschalten. Bei Einschaltung eines externen Veranstalters kommt eine Haftung des Arbeitsgebers nur in Betracht, wenn ihn an dem Unfall ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft. Für Fehler des Veranstalters muss er im Normalfall nicht geradestehen, wenn er seinen Pflichten ausreichend nachgekommen ist. Je gefährlicher die Veranstaltung ist, umso sorgfältiger muss der Arbeitgeber den Veranstalter auswählen und überwachen.

Alkohol bei Incentives

Schenkt der Arbeitgeber auf einem Incentive Alkohol an seine Mitarbeiter aus, ist darin allein noch keine haftungsrechtlich relevante Pflichtverletzung zu sehen (BVerwG, Urteil v. 23.02.1989, Az.: 2 C 38/86). Denn letzten Endes ist es die Entscheidung des Arbeitnehmers, ob und wie viel Alkohol er zu sich nimmt. Bei Events, bei denen die Sicherheit von einer guten Koordination abhängt, sollte er aber darauf hinweisen, dass Alkohol vor dem Event nicht empfohlen wird. Missachtet der Arbeitnehmer diesen Hinweis, nimmt alkoholisiert an der Aktivität teil und erleidet dabei deshalb einen Unfall, muss der Arbeitgeber nicht haften.

(WEL)


Foto(s): ©Fotolia.com

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