Handlungsmöglichkeiten und Ansprüche von Arbeitgebern in der Corona-Krise

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Derzeit wird das öffentliche Leben heruntergefahren:

Neben Schulen und Kitas müssen eine Vielzahl von Betrieben in Gastronomie und Gewerbe schließen. So hat etwa die Stadt Heidelberg – über die Maßnahmen der Landesregierung Baden-Württembergs hinaus – in einer Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 den Betrieb von Gaststätten jeder Art untersagt. Andere Betriebe müssen die Produktion drosseln oder herunterfahren, um eine Verbreitung des Virus zu stoppen.

Dies stellt die Betroffenen vor immense wirtschaftliche Herausforderungen. Deshalb ist schnelles Handeln geboten. Im Folgenden erhalten Sie kurze Antworten zu einigen aktuellen Fragestellungen, deren Beantwortung nach derzeitigem Stand erfolgt. Sie können nicht vollständig sein und nur als erste Orientierung dienen. Die Rechtsfragen sind im Einzelnen noch nicht geklärt. Konkrete Maßnahmen sollten nach einer Beratung im Einzelfall erfolgen.

1. Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz

Ihre Arbeitnehmer können einen Entschädigungsanspruch haben, den Sie ausbezahlen müssen. Ein Anspruch kann nach § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bestehen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein berufliches Tätigkeitsverbot oder Quarantäne nach dem IfSG angeordnet wurde und hierdurch ein Verdienstausfall entsteht. Ein Entschädigungsanspruch besteht jedoch nur in Höhe des Nettoentgeltes (§ 56 Abs. 3 IfSG).

Muss aufgrund einer behördlichen Anordnung der Betrieb ganz oder teilweise geschlossen werden, ist rechtlich nicht eindeutig geklärt, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Lohn an die Arbeitnehmer fortzuzahlen. Dies wird vielfach als Betriebsrisiko des Arbeitgebers angesehen. Setzt sich diese Auffassung durch, besteht kein Verdienstausfall und damit kein Entschädigungsanspruch der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber sollte daher die Durchführung von Kurzarbeit prüfen (s. u.).

Besteht ein Entschädigungsanspruch, müssen Sie die Entschädigung für maximal sechs Wochen auszahlen. Auf Antrag erhalten Sie diese Vorleistung erstattet. Den Antrag müssen Sie innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit aufgrund Beschäftigungsverbots gem. § 31 IfSG oder dem Ende der „Absonderung“ (= Quarantäne, § 30 IfSG) bei der zuständigen Behörde zu stellen, § 56 Abs. 11 S. 1 IfSG.

Interessant für Kleinbetriebe: Sie können sich nach § 56 Abs. 12 IfSG einen Vorschuss für die Entgeltfortzahlung verlangen.

Für den eigenen Verdienstausfall und die laufenden Betriebskosten können Arbeitgebern als Selbstständigen bei Maßnahmen nach dem IfSG ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG zustehen.

2. Anordnung von Kurzarbeit

Kurzarbeit bedeutet, dass Ihre Arbeitnehmer weniger arbeiten (und verdienen) als im Arbeitsvertrag festgelegt ist. Zum Ausgleich des Verdienstausfalles bezahlt die Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld, dass 60 bzw. 67 % des ausfallenden Verdienstes der Arbeitnehmer ersetzt. Der Vorteil der Kurzarbeit liegt darin, dass die Arbeitsplätze erhalten werden und die Lasten der Krise besser verteilt werden.

Die Durchführung von Kurzarbeit muss grundsätzlich auf einem unabwendbaren Ereignis oder auf wirtschaftlichen Gründen beruhen (§ 96 SGB III). Die Bundesagentur für Arbeit hat darauf hingewiesen, dass ein aufgrund oder infolge des Coronavirus-Virus und/oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall im Regelfall auf einem „unabwendbaren Ereignis“ oder auf „wirtschaftlichen Gründe“ im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III beruht und daher Kurzarbeitergeld bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu gewähren ist.

Der Gesetzgeber hat Sonderregelungen und Erleichterungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld erlassen. Diese Regelungen gelten rückwirkend ab dem 01. März 2020. Diese sind:

  • Kurzarbeit ist bereits möglich, wenn 10 % der Mitarbeiter einen Arbeitsentgeltausfall von mindestens 10 % haben.
  • Anfallende Sozialversicherungsbeiträge für ausgefallene Arbeitsstunden werden zu 100 Prozent erstattet.
  • Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können ebenfalls in Kurzarbeit gehen und haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden (wenn dies tarifvertraglich geregelt ist) kann verzichtet werden.

Die Kurzarbeit ist nur möglich, wenn:

  • eine entsprechende Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag enthalten ist oder
  • die Kurzarbeit tarifvertraglich ermöglichst wird oder
  • eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach § 87 I Nr. 3 BetrVG abgeschlossen wird.

Achtung:

Wenn dies alles nicht vorhanden ist, ist Kurzarbeit nur möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer getroffen wird! Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig im Rahmen des Weisungsrechts anordnen.

Sie müssen die Kurzarbeit als Arbeitgeber anzeigen und entsprechende Anträge stellen

3. Anordnung von Homeoffice

Sie können in Absprache mit den Arbeitnehmern Homeoffice (Arbeiten von Zuhause aus) vereinbaren.

Einerseits dürfen Sie nicht eigenmächtig anordnen, von nun an nur noch im Homeoffice zu arbeiten. Andererseits haben Ihre Arbeitnehmer auch kein Recht auf Homeoffice. Die Vereinbarung muss einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer erfolgen, denn im Hinblick auf die Qualität er Arbeitsmittel/Arbeitsplatz und ihn Bezug auf die datenschutzrechtlichen Aspekte sind die Anforderungen sehr hoch.

Sie müssen dafür sorgen, dass die Regelungen des Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) eingehalten werden. Hierfür ist es Ihnen möglich, den Arbeitnehmer Zuhause aufzusuchen und seine Arbeitsstätte zu kontrollieren.

Wenn Sie bereits Homeoffice anbieten, sollten Sie dieses zumindest vorübergehend ausdehnen.

4. Welche Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat?

§ 87 I Nr. 1 BetrVG – Regelungen zum sog. Ordnungsverhalten im Betrieb

Hierunter fallen auch Anordnungen zu besonderem Hygieneverhalten im Betrieb als auch Regelungen zum Homeoffice.

§ 87 I Nr. 3 BetrVG – Festlegung von Betriebsferien

Wenn Sie als Arbeitgeber überlegen, anstelle einer Betriebsschließung zur Reduzierung der Urlaubsansprüche Betriebsferien anzuordnen, benötigt diese Maßnahme für die Wirksamkeit die Zustimmung des Betriebsrates.

§ 87 I Nr. 5 BetrVG – vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit

Ohne eine entsprechende Zustimmung des Betriebsrates dürfen Sie als Arbeitgeber keine Überstunden anordnen.

§ 87 I Nr. 5 BetrVG – vorübergehenden Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Kurzarbeit)

Soweit sie dies nicht bereits im Arbeitsvertrag oder tarifvertraglich festgelegt haben, ist für die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Kurzarbeit) die Mitbestimmung des Betriebsrats erforderlich.

5. Welche Maßnahmen muss ich treffen?

Arbeitgeber treffen Fürsorgepflichten gegenüber seinen Arbeitnehmern.

Zunächst besteht eine Aufklärungspflicht: Der Arbeitgeber muss über Infektions- und Erkrankungsrisiken aufklären. Eine erhöhte Pflicht besteht in Berufen, wo die Risiken erhöht sind, z. B. Jobs mit häufigen Auslandsreisen.

Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor ernsthaften körperlichen Bedrohungen zu bewahren. Es sollte auf die Beachtung der Hygienevorschriften hingewirkt werden. Dienstreisen in Risikogebiete können eine Weisung außerhalb des billigen Ermessens darstellen und damit rechtswidrig sein.

Wenn die Möglichkeit für Homeoffice besteht, sollte dieses in Absprache mit dem Arbeitnehmer gewährt und ausgebaut werden.

Sie sind gesetzlich zur Zusammenarbeit mit Behörden verpflichtet, wenn sich ein Mitarbeiter infiziert hat und die Behörde versucht, alle Kontaktpersonen ausfindig zu machen.

Dieser Beitrag ist von Frau Rechtsreferendarin Christina Baltruweit für die Rechtsanwaltskanzlei KUPFFER erstellt worden.


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