Heiße Tage am Arbeitsplatz – wann gibt es Hitzefrei?

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Die hitzigen Temperaturen bringen auch das deutsche Arbeitsrecht zum Köcheln. Die oft diskutierte Frage stellt sich jedes Jahr aufs Neue: Können Arbeitnehmer bei solch wahnwitzigen Wetterverhältnissen vom Arbeitgeber 'Hitzefrei' einfordern? Der folgende Rechtstipp geht dieser Frage auf den Grund.

1. Gesundheitliche Belastungen der Arbeitnehmer durch Hitze

Bei hohen Außentemperaturen steigen auch die Innentemperaturen. Gerade in überhitzten Büroräumen werden seitens der Belegschaft die Forderungen nach 'Hitzefrei' laut. In der Tat wirken die steigenden Temperaturen auf den Körper ein. Arbeitsfähigkeit, Konzentration und Produktivität nehmen ab. Hand in Hand hiermit gehen steigende körperliche Belastungen! Studien belegen sogar ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko.

Wann allerdings ist es zu heiß zum Arbeiten? Eine brauchbare Auskunft enthält die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) aus dem Jahr 2004 hierfür nicht. Sie fordert für Arbeitsräume lediglich formelhaft gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen sowie den Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung. Eine maximal zulässige Temperatur für die Arbeitsleistung wird aber nicht genannt. Diese allgemeinen Forderungen konkretisiert indes die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 Raumtemperatur aus dem Jahr 2010. Danach steht geschrieben, dass die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen 26° C nicht überschreiten soll.

Abgesehen davon, ob ab 26° C die Raumtemperatur tatsächlich gesundheitlich unzuträglich ist, bedeutet das aber nicht, dass die Raumtemperatur nicht jenseits von 26° C liegen darf. Arbeitsstättenrichtlinien sind insgesamt nicht als rechtlich verpflichtende Normen konzipiert, sondern als arbeitswissenschaftliche Empfehlung. Arbeitgeber sollten sie dennoch ernst nehmen!

2. Schutzmaßnahmen gegen die Sommerhitze

Schon aus eigenem Interesse wird dem Arbeitgeber daran gelegen sein, Schutzmaßnahmen gegen Hitze am Arbeitsplatz zu treffen, um die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten. Hierzu er ist außerdem arbeitsschutzrechtlich verpflichtet, denn der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer hat einen herausgehobenen Stellenwert. 

Der Arbeitgeber muss also beispielsweise Sonnenblenden oder Jalousien an den Fenstern anbringen, damit sich Arbeitsräume nicht durch die direkte Sonneneinstrahlung aufheizen. Dieses 'muss' ist aber nicht als konkrete Schutzpflicht zu verstehen, sondern als ein Optimierungsgebot, das unter dem Vorbehalt der besonderen Betriebsverhältnisse und der wirtschaftlichen Vernunft steht. 

Als alternative Maßnahmen ist denkbar, das Arbeitstempo – insbesondere bei körperlichen Arbeiten – den klimatischen Bedingungen anzupassen. Ebenso vorstellbar ist, dass mehrere Arbeitspausen eingelegt werden, damit sich die Arbeitnehmer in anderen Räumen Abkühlung verschaffen können. Hitzebedingte Belastungen können auch dann vermieden werden, wenn die Arbeitszeit – soweit die betrieblichen Besonderheiten es zulassen – in kühlere Stunden verlagert wird.

Steigt die Innentemperatur über 30° C, so müssen (!) effektive Maßnahmen gegen die Sommerhitze ergriffen werden. Bei Raumlufttemperatur von über 35° C schließlich ist der Arbeitsraum nur noch dann als solcher geeignet, wenn der Arbeitgeber technische Einrichtungen, wie beispielsweise Luftduschen oder Wasserschleier installiert. Fehlen solche technischen Maßnahmen, dürfte dem Arbeitgeber kaum eine andere Möglichkeit verbleiben, als den Angestellten „Hitzefrei“ zu erteilen. Dem Bundesarbeitsgericht hat ein solcher Fall allerdings bisher nicht zur Entscheidung vorgelegen.

Trotz dieser Regelungen gibt es für Beschäftigte keinen direkten Anspruch auf klimatisierte Räume oder 'Hitzefrei'. Denn die Zahl der Tage mit extrem hohen Temperaturen ist in unseren Breiten (noch) relativ überschaubar und rechtfertigt daher die Forderung nach Klimageräten nicht. In modernen Betrieben allerdings ist auch heute schon ein Aufrüstungsprozess erkennbar. Zeitgemäße Büroräumlichkeiten sind häufig mit intelligenten Belüftungssystemen und kühlenden Klimaanlagen ausgestattet.

Gegen die Sommerhitze können Arbeitgeber also beispielsweise folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Arbeitszeitverlagerung
  • Kostenlose Bereitstellung von Getränken
  • Effektive Lüftungs- und Jalousiensysteme
  • Werksruhe und kurzzeitige Betriebsferien
  • vorübergehende Arbeitszeitverkürzung
  • gelockerte Bekleidungsvorschriften

3. Eigenmächtiges Hitzefrei?

Nur auf den ersten Blick verlockend klingt die Erwägung, der Arbeitnehmer könne bei tropischen Außentemperaturen seine Arbeitsleistung zurückbehalten und zu Hause bleiben, wenn der Arbeitgeber kein 'Hitzefrei' gewährt. Wie auch beim Urlaubsanspruch gilt:

Gewährt der Arbeitgeber keinen Urlaub oder kein Hitzefrei, kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ohne Weiteres eigenmächtig zurückhalten! Im deutschen Arbeitsrecht gibt es kein Recht zur Selbstbeurlaubung. Anderenfalls drohen Abmahnung oder Kündigung!

Bei Fragen zum Arbeitsrecht nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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