Herabsetzung des Krankentagegeldes

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Die Genesung zieht sich, die Geschäfte des Selbstständigen ruhen, weil die Gesundheit es nicht zulässt. Dann meldet sich der Krankentagegeldversicherer und setzt das vereinbarte Krankentagegeld herab, weil kein Einkommen mehr vorhanden sei. Leider war diese Praxis der Versicherer in der Vergangenheit häufiger anzutreffen. Damit könnte nach einer aktuellen Entscheidung des BGH möglicherweise erst einmal Schluss sein.

In den aktuellen Musterbedingungen der Krankentagegeldversicherungen ist unter anderem geregelt, dass der Versicherer das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung ab Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis des gesunkenen Einkommens entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen kann. Der Versicherer konnte dies bislang – unabhängig davon, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten war oder nicht.

Insbesondere in längeren Krankheitsphasen des Selbstständigen konnte dies bedeuten, dass der Versicherer eine Herabsetzung des Krankentagegeldes auf 1 Euro/Tag vornahm. Insbesondere bei Selbstständigen mit kleineren Betrieben oder alleine selbstständig Tätigen hat eine längere Krankheitsphase die leidige Konsequenz, dass überhaupt keine Einnahmen mehr vorhanden sind.

Der Bundesgerichtshof hatte jetzt (BGH-Urteil vom 06.07.2016, IV ZR 44/15) eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf dem Tisch. Dort hatte ein selbstständiger Handwerker auf Feststellung geklagt, dass seine Krankentagegeldversicherung zu dem ursprünglich vereinbarten Tagessatz in Höhe von 100 EUR fortbesteht und nicht, wie vom Versicherer gewollt, zu einem herabgesetzten Tagessatz. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte dem Kläger Recht gegeben, der Bundesgerichtshof bestätigte jetzt diese Entscheidung.

Der BGH geht diesen Weg über die Feststellung, dass die Bestimmung in den Versicherungsbedingungen, die die Herabsetzung des Krankentagegeldes regelt, wegen Intransparenz unwirksam ist. Der Bundesgerichtshof führt unter anderem aus, dass die zur Entscheidung stehende Klausel in den Bedingungen es dem Versicherungsnehmer nicht ermögliche, mit der gebotenen Klarheit erkennen zu können, welcher Bemessungszeitpunkt und Bemessungszeitraum für den gebotenen Vergleich des dem Vertrag ursprünglich zugrunde gelegten mit dem gesunkenen Nettoeinkommen maßgeblich sein soll. Auch vermisst der BGH Konkretisierungen dahingehend, wie sich das Nettoeinkommen des selbstständigen Versicherungsnehmers zusammensetzt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bedeutet selbstverständlich nicht, dass ausnahmslos jede Herabsetzung des Krankentagegeldes durch den Versicherer unwirksam im Sinne der Bedingungen ist. Jeder Vertrag muss im Einzelnen dahingehend geprüft werden, ob die Feststellung des Bundesgerichtshofs zur Intransparenz der Bedingungen auf das jeweilige Bedingungswerk Anwendung findet.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs führt aber dazu, dass die Möglichkeiten des Selbstständigen, sich gegen eine Herabsetzung des Krankentagegeldes zu wehren, auf jeden Fall stark gestiegen sind.


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