Hoffnung für die Geschäftsleiter in der Krise: BGH stellt Einstandspflicht der D&O klar!

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 Der Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Ersatz solcher Zahlungen, die er nach Insolvenzreife leistet, ist ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadenersatz im Sinne von Ziff. 1.1 ULLA[1].

Bundesgerichtshof, Urteil vom 6.11.2020 – IV ZR 21/19

Hintergrund

Geschäftsführer haften persönlich für die nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) der Gesellschaft noch geleisteten Zahlungen, § 64 GmbHG. Die Geschäftsführer haften somit für diese Zahlungen mit ihrem gesamten Privatvermögen; von dieser scharfen Haftung gibt es nur wenige Ausnahmen. Ähnliche Bestimmungen gelten für Geschäftsleitungen von AG, KG und oHG.

Um sich (und ihre Angehörigen) vor dieser existenzgefährdenden Wirkung auf das Privatvermögen abzusichern, wird die Geschäftsleitung bei der Gesellschaft regelmäßig auf den Abschluss einer D&O-Versicherung („Directors-and-Officers“-Versicherung) dringen. Dies ist neben der Geschäftsleitung nicht nur für künftige Vertragspartner sinnvoll: auch im Insolvenzverfahren, wo diese Ansprüche gesammelt vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, bietet die Versicherung Aussicht auf eine solvente, tragfähige Haftungsmasse.

Bisherige obergerichtliche Rechtsprechung 

Jedoch hatte die obergerichtliche Rechtsprechung solchen Ersatzansprüchen durch D&O-Versicherungen in der Vergangenheit eine Absage erteilt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 20.07.2018 – I-4 U 93/16 – abgedruckt u.a. in NZI 2018, 758; OLG Celle, Beschl. v. 01.04.2016 – 8 W 20/16 – BeckRS 2016, 125428), weil nach deren Ansicht die D&O nur Schadenersatzansprüche erfasse. Demgegenüber handele es sich beim hiesigen Anspruch wegen Zahlungen nach Insolvenzreife gem. § 64 GmbHG jedoch um einen sog. „Ersatzanspruch eigener Art“. Damit konnten sich Geschäftsleitungen auch bei bestehender D&O-Versicherung nicht darauf verlassen, dass die Versicherung im Falle der Krise und Insolvenz einspringt.

Höchstrichterliche Klarstellung des BGH

Hier hat der BGH nunmehr für eine wichtige, oftmals wirtschaftlich existenzielle Klarstellung gesorgt: in der Regel sind Forderungen nach § 64 GmbHG von der D&O-Versicherung gedeckt.

Zutreffend geht der BGH bei der Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen von der Verständnislage eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers aus, der durchaus geschäftserfahren ist, aber keine versicherungsrechtlichen Spezialkenntnisse hat. Nach dessen Interessenlage, seine Risiken abzusichern, könne er davon ausgehen, dass der Versicherungsschutz für seine Tätigkeiten und Entscheidungen auch und gerade im Rahmen einer Krise greift.

Mit dieser nachvollziehbaren und lebensnahen Gesetzesauslegung durch den BGH wird zutreffend berücksichtigt, dass die D&O-Versicherung oftmals auch und gerade für dieses Risiko erwogen, abgeschlossen und nicht zuletzt bezahlt wird.

Praxishinweis

Insgesamt eine erfreuliche Rechtsentwicklung zugunsten solcher Geschäftsleitungen, die weitsichtig genug sind, vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Gesellschaft eine D&O-Versicherung zu verlangen.

Selbstverständlich werden die Probleme des Alltagsgeschäfts einer Geschäftsleitung in der Krise durch das Urteil keineswegs gelöst.

Es stellt aber eine nicht zu unterschätzende Absicherung für das Tagesgeschäft des Geschäftsführers dar, im Falle eines Fehlers, der sich unter den gesteigerten Herausforderungen der COVID-19-Pandemie nicht immer wird vermeiden lassen, nicht mit seinem gesamten Privatvermögen unbeschränkt einstehen zu müssen, sondern unter Versicherungsschutz zu stehen.

 Sie sind Geschäftsführer oder -leiter einer Gesellschaft und haben Fragen zum gesetzeskonformen Zahlungsverhalten in der Krise?

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[1] Allg. Geschäftsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten.



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