Publikums-KG: Stärkung der Anleger bei Insolvenz ihrer Kapitalanlage (hier: Schiffsfonds)

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Es gab eine Zeit, in welcher auf der Suche nach Kapitalanlagemöglichkeiten die Schiffsfonds nicht nur als geeignetes Steuersparmodell für Besserverdiener behandelt wurden. Auch gegenüber unerfahrenen Kleinanlagern wurden diese hochriskanten Beteiligungen vermittelt bzw. vertrieben, denen Renditen bis zu 13% oder mehr in Aussicht gestellt wurden.

Die weltweite Krise im Finanzbereich hat aber auch die Schifffahrtsbranche, insbesondere die Containerschiffe, getroffen: zahlreiche geschlossene Schiffsfonds in Deutschland, von denen Anleger in den Boomjahren nicht durch Einlagen gedeckte Ausschüttungen erhalten hatten, stehen entweder kurz vor der Insolvenz oder über ihr Vermögen wurde bereits das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Insolvenzfall müssen betroffene Anleger nicht selten mit einem Totalverlust rechnen. Schlimmstenfalls jedoch sehen sich Geschädigte neben dem Ausfall weiterer Renditen auch noch Forderungen des Insolvenzverwalters ausgesetzt.

Für diese geschädigten Kapitalanleger, die vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden, hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 21.07.2020 – II ZHR 175/19 – NZG 2020, 1149) eine interessante Entscheidung gefällt, die ihre Verteidigungsmöglichkeiten deutlich verbessert.

Rechtliche Würdigung

Häufig sind die geschlossenen Schiffsfonds als (Publikums-)Kommanditgesellschaften ausgestaltet. Der einzelne Kapitalanleger ist einer von zahlreichen Kommanditisten und muss im Insolvenzfall unter bestimmten Umständen seine erhaltenen Beträge an die Insolvenzmasse zurückzahlen, um die Gesellschaftsschulden zu decken. Die Begründung der Forderung fällt dem Insolvenzverwalter relativ leicht, da Kapitalanleger meist nach entsprechender Aufforderung ihre Einlage und die erhaltenen Beträge zur Insolvenztabelle angemeldet haben und die Vorlage der Insolvenztabelle zum Nachweis der Gesellschaftsschulden genügt. 

Anders als die Vorinstanz hält es der BGH allerdings durchaus für erheblich, ob die Forderungen, für die die Anleger / Kommanditisten gem. § 171 Abs. 2 HGB haften, bereits durch Zahlung anderer Gesellschafter der Höhe nach gedeckt sind. Nach Auffassung des Gerichts kann der Kommanditist / Anleger gegenüber dem Insolvenzverwalter also einwenden, dass das von ihm Geforderte zur Tilgung der Gesellschaftsschulden, für die er haftet, nicht erforderlich ist. Somit kann der Kommanditist gegen seine Inanspruchnahme vorbringen, dass durch Zahlungen anderer Kommanditisten der zu Deckung der von der Haftung erfassten Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde (analog §§ 422 Abs. 1 Satz 1, 362 Abs. 1 BGB). Denn der Insolvenzverwalter kann nach Insolvenzeröffnung die Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen Befriedigung der berechtigten Gesellschaftsschulden – nicht etwa für die Kosten des Insolvenzverfahrens - verwenden. Der Anleger darf nicht Gefahr laufen, über diese Ansprüche hinaus in Anspruch genommen zu werden, worauf der BGH zutreffend hinweist. Daher ist eine Darlegung nicht nur der Gesellschaftsschulden, sondern nunmehr auch die durch andere Kommanditisten bereits geleisteten Zahlungen erforderlich.

Praxishinweis

Eine Entscheidung, die klarstellt, dass die Haftung der Kommanditisten materiell auf die Gesellschaftsschulden beschränkt ist. Die bislang umstrittene Frage, ob der Insolvenzverwalter in diesem Zusammenhang überhaupt offenbaren muss, in welchem Umfang bereits die anderen 

 

Gesellschafter Zahlungen geleistet haben und er somit über die Erlöse aus den oft jahrelangen Parallelrechtsstreiten informieren muss, wurde hier zugunsten der Anleger entschieden. 

Ganz untätig bleiben kann der Anleger aber auch weiterhin nicht: denn falls er im Streitfalle auch die vom Verwalter per Insolvenztabelle dargelegte Gesamthöhe der Gesellschaftsschulden angreifen möchte, so reicht ein bloßes Bestreiten der Insolvenztabelle mit Nichtwissen nicht aus. Ein qualifiziertes Bestreiten ist ihm allerdings durch rechtzeitigen Antrag auf Akteneinsicht (§ 4 InsO, § 294 Abs. 2 ZPO) bzw. durch Geltendmachung entsprechender Auskunftsansprüche gegenüber dem Insolvenzverwalter ohne größere Schwierigkeiten möglich.



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