Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

HSH Nordbank: Freisprüche für ehemalige Vorstandsmitglieder

  • 2 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

[image]

Im Zuge der Finanzkrise stellte sich die Frage, in welchem Umfang Bankenvorstände für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden können. Erstmals musste sich der gesamte ehemalige Vorstand einer Bank einem Prozess stellen, bei dem der Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall gemäß § 266 Strafgesetzbuch (StGB) und Bilanzfälschung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 Aktiengesetz (AG) im Raum stand. Der Strafprozess vor dem Landgericht (LG) Hamburg endete für die sechs Angeklagten jetzt mit einem Freispruch.

Gründung einer Aktiengesellschaft in Irland

Über eine Filiale in London hatte der ehemalige Vorstand in Irland zusammen mit einer Bank aus Frankreich eine Aktiengesellschaft gegründet, um mit isländischen Staatsanleihen und Zertifikaten aus den USA ein sog. Überkreuzgeschäft durchzuführen. Die HSH versicherte bei der französischen Großbank ein Immobilienpaket, das sie nicht mehr mit Eigenkapital unterlegen musste, was sich positiv auf die Bilanzdarstellung auswirkte. Im Gegenzug übernahm die HSH Nordbank eine Garantie für ein Finanzkonstrukt namens „Omega 55“. Unter anderem wurden dort von der französischen Bank Ramschhypotheken geparkt, auch Papiere der Bank Lehman Brothers.

„Omega 55“ hatte in der Finanzkrise verheerende Folgen. Bei dem Bankgeschäft entstand ein Schaden von rund 52,6 Millionen Euro. Nur knapp konnte eine Pleite der HSH Nordbank verhindert werden. Die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein brachten bislang rund 13 Milliarden Euro für die Rettung der Bank auf.

Landgericht sieht keine schwerwiegende Pflichtverletzung

Die Große Strafkammer 8 musste nun in dem rund ein Jahr dauernden Gerichtsprozess klären, ob die Vorstände mit dem Überkreuzgeschäft am Rande der Legalität ihre Pflicht verletzt hatten und die Folgen für das hanseatische Bankhaus vorhersehbar waren. Nach Ansicht des Gerichts hatten die Banker zwar eine Pflichtverletzung begangen, die jedoch nicht gravierend genug sei, um eine Verurteilung wegen schwerer Untreue zu rechtfertigen. Dabei stützte das Landgericht sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010. Die dem Vorstand vorliegenden Unterlagen waren laut dem LG einerseits nicht detailliert genug, um die Folgen und Erträge von „Omega 55“ genau abschätzen zu können, und andererseits nicht derart lückenhaft, dass die Genehmigung selbst als eine gravierende Pflichtverletzung anzusehen sei.

Eine Verurteilung wegen Bilanzfälschung kam ebenso wenig in Betracht, da die Abweichung in der Bilanz – anstatt eines Verlustes von 31 Millionen Euro wurde ein falsch berechneter Überschuss von 81 Millionen Euro ausgewiesen – nach Ansicht der Hamburger Strafrichter im Vergleich zum Gesamtumfang der Geschäfte der HSH Nordbank in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro eher von untergeordneter Bedeutung sei.

Strafrechtliche Verantwortlichkeit in Zeiten der Finanzkrise

Von Beginn des Prozesses an vor einem Jahr war klar, dass das LG Hamburg eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen hatte. Denn erst mit der Finanzkrise stellte sich die Frage danach, wie Vorstände für Verluste durch Bankgeschäfte am Rande der Legalität strafrechtlich sanktioniert werden können. Dass das Urteil mit einem Freispruch endete, wird insgesamt mehrheitlich kritisch bewertet. Allerdings ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob sie in Berufung geht. Weiterer Ärger droht den Ex-Vorständen auch auf Ebene des Zivilrechts. Sie werden von der HSH Nordbank auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sollten sie den Prozess verlieren, droht den ehemaligen Vorständen die Privatinsolvenz.

(WEL)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: