Infinus-Anklage erhoben, kein erhöhtes Risiko für Vermittler

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Etwa 20 Monate lang mussten die Beschuldigten als Untersuchungsgefangene warten, nun aber hat die Staatsanwaltschaft Dresden am 07. Juli 2015 gegen sechs Beschuldigte Anklage zur großen Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Dresden erhoben. Die Anklage beschränkt sich auf diejenigen Anleger, die nach dem 01. Januar 2011 erstmalig Orderschuldverschreibungen bzw. Nachrangdarlehen der Future Business KG a. A. gezeichnet haben, worauf die Staatsanwaltschaft Dresden auf ihrer Homepage hinweist.

Die Strafkammer muss jetzt im sog. Zwischenverfahren prüfen, ob sie die Anklage zulässt. Hierbei wird sie sich nicht allzu viel Zeit lassen wollen, denn an die Beschleunigung sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft dauerte; vgl. VerfGH Sachsen, B. v. 26. Februar 2015, Vf. 7-IV-15 (EIS), Gründe II. 2. ee). Allerdings bleibt abzuwarten, wie der Beschleunigungsgrundsatz eingehalten wird angesichts einer umfangreichen Anklage und gewisser Denkwürdigkeiten.

Denn aufgrund der beachtlichen Dauer der Untersuchungshaft war die Staatsanwaltschaft Dresden schon fast in Zugzwang, hinreichend schwere Vorwürfe zu bringen. Sie beauftragte zuvor einen Wirtschaftsprüfer Ende Oktober 2013 mit der Begutachtung der Fragestellung, ob die versprochenen Renditen letztlich nur aus (neuen) Mitteln bzw. Anlegerkapital oder doch aus dem Geschäftsmodell erwirtschaftet werden konnten. Dieses Gutachten wurde nach Zwischenberichten erst im Dezember 2014 gefertigt, im November 2014 noch mit einer ergänzenden Fragestellung versehen (zur Werthaltigkeit der erworbenen Anlegerforderungen).

Faktisch bedeutet das, dass die Staatsanwaltschaft Dresden zum Zeitpunkt der Beantragung der Untersuchungshaft bzw. ihrer Anordnung bis auf Weiteres eben keine hinreichende Gewissheit hatte, wie stichhaltig die Vorwürfe aus der anonymen Anzeige überhaupt waren. Fraglich ist auch, falls sich das Gutachten „nur“ auf die Tragfähigkeit der Konzernmutter beziehen sollte, was dies eigentlich mit den übrigen Anlegern der anderen Emittenten sowie dem häufig aufgegriffenen Vorwurf des sog. „Provisionskarrussels“ zu tun haben soll. Auch dies bleibt sämtlich noch abzuwarten.

Fraglich ist derweil, ob die Fertigung der Anklage negative Auswirkungen auf die Vermittlerprozesse haben wird. Denn die Meldung der Anklageerhebung ist von einer gewissen emotionalen Bedeutung für die betroffenen Anleger. Viele mögen daraus Prognosen oder vorweggenommene Bewertungen ableiten. Möglicherweise wird dies dazu führen, dass die ehemaligen vertraglich gebundenen Vermittler aus der Sicht der Anleger oder Anlegervertreter in das Kielwasser dieser Vorwürfe gezogen werden.

Doch für die Frage der Haftung der vertraglich gebundenen Vermittler der INFINUS AG Finanzdienstleistungsinstitut bedeutet die Fertigung der Anklage: Gar nichts. Weder stehen die Vorwürfe fest, noch wussten die Vermittler davon oder waren gar beteiligt.

Unabhängig davon gilt, dass das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei (zumal planmäßigen oder wiederholten) Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, dem Anleger als bekannt vorausgesetzt werden kann und grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung bedarf. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage; vgl. BGH III ZR 365/13, U. v. 11. Dezember 2014, Gründe II. 3. b), OLG Köln 24 U 112/14, U. v. 26. Februar 2015, Gründe I. 3. a) aa). Für etwaige Straftaten gilt nichts anderes.

Für die Infinus-Vermittler bleibt also alles beim Alten: Sie haften als Erfüllungsgehilfen oder Vertreter des Haftungsdachs grundsätzlich nicht selbst. Eine Anklageerhebung im Hinblick auf die Beschuldigten erhöht das Risiko einer Eigenhaftung nicht. Bislang sieht es vor den Gerichten flächendeckend gut aus für die Infinus-Vermittler (vgl. übrige BEMK-Rechtstipps).

Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte, Juli 2015.


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