Innerörtliche Stadtautobahn, Handy am Steuer und Nutzung der Freisprecheinrichtung

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Einige Beispiele aus dem Verkehrsrecht zeigen, daß Gerichte Sachverhalte im Einzelfall anders einschätzen können, wie es landläufig geschieht.


Rasen auf der Stadtautobahn als innerörtlicher Tempoverstoß.


Regelmäßig werden Autobahnen, die entlang oder durch Ballungszentren führen, als außerörtliche Straßen gewertet. Der Fall des Kammergerichtes Berlin zeigt, daß dies auch anders sein kann und die höheren Bußgelder und früher greifenden Fahrverbote gelten (AZ: 3 Ws (B) 1/22).


Ein Autofahrer war auf der Berliner Stadtautobahn 147 km/h zu schnell gefahren. Das Amtsgericht stufte die Stadtautobahn als innerörtlich ein und verurteilte ihn zu einer Geldbuße von 1.000,00 EUR, 2 Punkten im Fahreignungsregister und 3 Monaten Fahrverbot. Dagegen legte der Betroffene Beschwerde ein mit der Begründung, es handele sich um einen außerörtlichen Verstoß. Das Kammergericht folgte der Argumentation des Amtsgerichtes. Es komme nicht auf die verkehrsrechtliche Einordnung der Straße an, sondern auf die Gefährlichkeit aufgrund diverser Ein- und Ausfahrten und der kurvenreichen Streckenführung. Die höheren Strafen im Bußgeldkatalog stellen nach Ansicht des Gerichtes auf die höhere abstrakte Gefährdung von Geschwindigkeitsverstößen in geschlossenen Ortschaften ab.


Überblick über die Sanktionen bei Geschwindigkeitsverstößen.


Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts:

- Bis 10 km/h: 30 Euro Verwarnungsgeld
 - 11-15 km/h: 50 Euro Verwarnungsgeld
 - 16-20 km/h: 70 Euro Bußgeld
 - 21-25 km/h: 115 Euro Bußgeld, 1 Punkt
 - 26-30 km/h: 180 Euro Bußgeld, 1 Punkt, 1 Monat Fahrverbot*
 - 31-40 km/h: 260 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
 - 41-50 km/h: 400 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
 - 51-60 km/h: 560 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 2 Monate Fahrverbote
 - 61-70 km/h: 400 Euro, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot
 - über 70 km/h: 800 Euro, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot.


Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts:

- Bis 10 km/h: 20 Euro Verwarnungsgeld
 - 11-15 km/h: 40 Euro Verwarnungsgeld
 - 16-20 km/h: 60 Euro Bußgeld
 - 21-25 km/h: 100 Euro Bußgeld, 1 Punkt
 - 26-30 km/h: 150 Euro Bußgeld, 1 Punkt, 1 Monat Fahrverbot*
 - 31-40 km/h: 200 Euro Bußgeld, 1 Punkt, 1 Monat Fahrverbot*
 - 41-50 km/h: 320 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
 - 51-60 km/h: 480 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
 - 61-70 km/h: 600 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 2 Monate Fahrverbot
 - über 70 km/h: 700 Euro Bußgeld, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot


*Wenn innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft der ersten Entscheidung ein zweites Mal eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 25 km/h festgestellt wird.


Handy aufnehmen umlegen beim Telefonieren mit Freisprecheinrichtung.


Regelmäßig wird das bloße Aufnehmen des Handys schon als Handyverstoß gewertet. Neben des Verbotes der Handynutzung am Steuer verbietet § 23 Abs.1 a)  StVO die Nutzung elektronischer Geräte wie Laptops, Tablets, MP3-Player nur dann nicht, wenn diese dazu „weder aufgenommen, noch gehalten“ werden und „entweder nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.“


Hiervon macht der Beschluss des Oberlandesgerichtes Karlsruhe eine Ausnahme (AZ: 1 ORbs 33 Ss 151/23). Der Betroffene hatte mittels der durch Bluetooth mit dem Handy verbundenen Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs telefoniert und das Handy lediglich umgelegt, damit es sicherer liegt. Er erhielt einen Bußgeldbescheid. Gegen diesen legte er Einspruch ein, da er die Kommunikationseinrichtungen des Handys nicht benutzt habe. Dem Amtsgericht reichte das Telefonat in Verbindung mit dem Aufnehmen des Handys für einen Verstoß aus. Dagegen legte der Betroffene erfolgreich Rechtsbeschwerde ein. Das OLG hielt es für entscheidend, ob das Handy benutzt werde. Werde über Freisprecheinrichtung telefoniert, stelle das Umlegen des Handys keinen Verstoß da. Wäre gesetzgeberisch gewollt gewesen, daß die Hände stets von fahrfremden Tätigkeiten fernblieben, wäre nicht nachvollziehbar, warum ein Verstoß nur bei elektronischen Geräten vorliegen solle. Ein Verstoß sei daher nur dann gegeben, wenn eine konkrete Kombination aus Halten und Nutzen des Handys während der Fahrt nachgewiesen werden könne.


Wie dem auch sei: Ich empfehle Ihnen das Handy während der Fahrt nicht aufzunehmen, da die Gerichte in der Regel so nicht entscheiden. Im Gegenteil werden regelmäßig sogar fest eingebaute Geräte unter § 23 StVO subsumiert.


Lesen Sie dazu meinen Rechtstipp: „Gefährliche Touchscreens im Auto – Nutzung von Multimedia wie bei Handys und Smartphones verboten.“



Rechtsanwalt Holger Hesterberg


Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.




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