Illegales oder verbotenes Kraftfahrzeugrennen – das verbotene Rennen gegen sich selbst - § 315d StGB

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Ein tschechischer Unternehmer fuhr seinen straßenzugelassenen 1500 PS starken Bugatti auf der A2 von Berlin in Richtung Hannover aus und erreichte dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 417 Km/h. Diese Fahrt wurde mit einer Actioncam gefilmt und samt einer eingeblendeten Geschwindigkeitsanzeige, welche per GPS berechnet wurde, bei der Videoplattform YouTube hochgeladen.


In Augsburg fuhr ein 54jähriger in der Stadt mit seinem über 500 PS starken Mercedes mehr als 200 km/h und verunglückte. Seine Beifahrerin starb.


Der Einzelfall ist entscheidend – Verstoß gegen die StVO.


Im letzteren Fall stand der Fahrer vor Gericht. Im ersteren Fall hat die Staatsanwaltschaft mangels Verstoßes gegen die StVO die Ermittlungen eingestellt.


Was ist das „Rennen gegen sich selbst“, bei dem die höchstmögliche Geschwindigkeit erreicht werden soll? § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB stellt die grob verkehrswidrige und rücksichtslose Fortbewegung bei nicht angepasster Geschwindigkeit zur Erreichung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit unter Strafe. Dieser Paragraph wurde eingefügt, um die Fälle zu erfassen, in welchen "…nur ein einziges Fahrzeug objektiv und subjektiv ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt.". Somit regelt Nr. 3 die Strafbarkeit eines Rennens gegen sich selbst.


Die Strafbarkeit eines Rennens gegen sich selbst. 

Gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer sich im Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Der Gesetzestext lautet:


§ 315d Verbotene Kraftfahrzeugrennen

(1) Wer im Straßenverkehr

1.ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,

2.als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder

3.sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder 3 Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 strafbar.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 2 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Verursacht der Täter in den Fällen des Absatzes 2 durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.


§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verfassungsgemäß.


Ob die Strafnorm § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verfassungsgemäß ist, war umstritten. Es ging um das Bestimmtheitsgebot. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus: Art. 103 Abs. 2 GG gewährleiste, daß eine Tat nur bestraft werden könne, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Für den Gesetzgeber enthalte Art. 103 Abs. 2 GG in seiner Funktion als Bestimmtheitsgebot die Verpflichtung, wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, daß Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen seien und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Das Bestimmtheitsgebot verlange daher, den Wortlaut von Strafnormen so zu fassen, daß die Normadressaten im Regelfall bereits anhand des Wortlauts der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist oder nicht.


Keine Strafe ohne Gesetz: nulla poena sine lege. § 1 StGB.


Für die Strafgerichte konkretisiere der Satz „nulla poena sine lege“ den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG. Sie dürften nicht korrigierend in die Entscheidung des Gesetzgebers über die Strafbarkeit eingreifen. Sie seien allerdings gehalten, weit gefassten Tatbeständen innerhalb der Wortlautgrenze durch eine präzisierende Auslegung Konturen zu geben. Dabei seien die Strafgerichte verpflichtet, die einzelnen Tatbestandsmerkmale nicht so zu definieren, daß die vom Gesetzgeber dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben werde.


Das Bundesverfassungsgericht hat mit dieser Begründung mit Beschluss vom  09. Februar 2022, 2 BvL 1/20, erklärt, daß § 315d Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB), der sogenannte Einzelrennen unter Strafe stellt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß der Gesetzgeber den Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB hinreichend konkretisiert und so dem aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz folgenden Bestimmtheitsgebot Genüge getan hat. Insbesondere das subjektive Tatbestandsmerkmal „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“ sei einer methodengerechten Auslegung durch die Fachgerichte zugänglich.

Höchstgeschwindigkeitsfahrten können illegal sein.

Das bedeutet konkret, daß Sie damit rechnen müssen, daß Sie beim Ausfahren Ihres Fahrzeugs des illegalen Kraftfahrzeugrennens beschuldigt werden. Erst recht, wenn Sie sich z. B. auf der Autobahn mit einem anderen Fahrzeug messen, mit dessen Fahrer Sie sich vorher nicht abgesprochen haben.


Rechtsanwalt Holger Hesterberg


Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.


Mail: kanzlei@anwalthesterberg.de




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