Irren ist zwar menschlich, schützt aber nicht vor Kündigung...

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...wenn betriebliche Anordnungen permanent missachtet werden

Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine so genannte Vertrauensarbeitszeit vereinbaren bedeutet das nicht, dass der Arbeitnehmer tagelang der Arbeit fernbleiben kann nur weil er meint, dass er keine Anwesenheitspflicht hat, sondern der Auffassung ist, dass nur das Ergebnis zählt.

Einer solch irrigen Meinung war eine Arbeitnehmerin. Die betriebliche Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche war ihr egal. Sie meinte, keine Anwesenheitspflicht zu haben, wenn sie ihr Arbeitspensum in viel kürzerer Zeit schafft. Sie arbeitete in manchen Wochen zwischen 3 und 21 Stunden. Als ihr Arbeitszeitkonto ein Minus von 700 Stunden auswies, sprach der Arbeitgeber sie auf ihr Verhalten an und wies sie darauf hin, dass sie täglich 7,6 Stunden am Arbeitsplatz zu verbringen habe. Die Frau klagte gegen diese Anweisung und wollte festgestellt wissen, dass sie nicht verpflichtet sei, 38 Stunden im Betrieb anwesend zu sein.

Sie unterlag in diesem Rechtsstreit und machte weiter wie bisher. Dem Arbeitgeber platzte der Kragen. Die Mitarbeiterin wurde abgemahnt und schließlich wegen nochmaligen Verstoßes gegen betriebliche Anordnungen fristlos gekündigt. Sie klagte gegen die Kündigung. Während des Laufs des Kündigungsschutzverfahrens hatte das BAG schon die Feststellungsklage der Arbeitnehmerin abgewiesen. Auch diesen Prozess verlor die Frau zu Recht.

Das BAG war an die Entscheidung hinsichtlich der Feststellung zur Wochenarbeitszeit gebunden. Es musste nun nur noch prüfen, ob der Verstoß gegen die Arbeitspflicht die fristlose Kündigung rechtfertigte. Das bejahte das höchste deutsche Arbeitsgericht. Das BAG hatte dazu am 29.8.2013 (2 AZR 273/12) entschieden.

Die Klägerin habe sich standhaft geweigert, überhaupt eine nach Zeitabschnitten zu berechnende Arbeitsleistung zu erbringen, obwohl sie dazu verpflichtet war.

Beharrliche Arbeitsverweigerung berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung. Vertrauensarbeitszeit bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer gar nicht kommen muss. Vertrauensarbeitszeit bedeutet, dass er selbst bestimmen kann, wann er kommt und geht. Er muss aber sein arbeitsvertragliches Stundenkontingent abarbeiten. Irrt sich der Arbeitnehmer darüber oder wird er von einem Anwalt falsch beraten und hält seine Arbeitsverweigerung für gerechtfertigt, dann nützt ihm das nichts. Irrtum schützt vor Kündigung nicht.

Alle Versuche der Arbeitnehmerin, sich auf „Irrtum“ zurückzuziehen nutzten ihr nichts. Sie lag mit der Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht völlig schief. Sie hätte den Irrtum nur dann nicht verschuldet, wenn sie mit ihrem Unterliegen nicht zu rechnen brauchte. Sie hat ihr Arbeitsverhältnis leichtfertig verspielt. Hätte sie nach den vielen Er- und Abmahnungen ihren Standpunkt aufgegeben und zumindest bis zum Ausgang ihrer Feststellungsklage „unter Vorbehalt“ der rechtskräftigen Feststellungen durch das BAG nach der Weisung des Arbeitgebers gearbeitet, hätte das oberste deutsche Arbeitsgericht möglicherweise anders entschieden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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