Kein Architektenhonorar ohne Vertrag! Update 11.01.2023

  • 5 Minuten Lesezeit

Erbringt ein Architekt in der Anbahnungsphase eines Vertrages mit dem Bauherrn einzelne Teilleistungen, in der Hoffnung, letztlich tatsächlich beauftragt zu werden, stellen diese Teilleistungen reine Akquise-Tätigkeiten bzw. Akquisition dar. Solche Akquise-Leistungen in der Hoffnung auf einen Vertragsabschluss begründen keine Honoraransprüche des Architekten.

Häufig erbringen Architekten einzelne Leistungen der in der HOAI bezeichneten Leistungsphasen, wie zum Beispiel eine Vorplanung mit Kostenschätzung (Leistungsphase 2) oder eine Entwurfsplanung mit Kostenberechnung (Leistungsphase 3). Ein entsprechender Architektenvertrag kommt nicht automatisch dadurch zustande, dass der Architekt und der Bauherr das geplante Projekt besprechen und der Bauherr diese (Vor-)Leistungen annimmt.

Ein Architektenvertrag kann zwar grundsätzlich auch mündlich geschlossen werden. Aber auch bei einem mündlichen Architektenvertrag müssen sich die Vertragsparteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii) einigen. Wegen der Besonderheiten des Werkvertragsrechts müssen sich die Parteien zwar nicht auf einen bestimmten Preis einigen. Es ist aber für einen wirksamen Vertragsabschluss notwendig, dass sich die Parteien darauf einigen, dass bestimmte Leistungen durch den Architekten kostenpflichtig erbracht werden sollen. Fehlt es an einer solchen konkreten Einigung, wird der Architekt regelmäßig akquisitorisch tätig und kann für diese akquisitorischen Tätigkeiten keine Vergütung verlangen.

Kommt es im Anschluss an die Akquise-Tätigkeiten des Architekten zu einem (weitergehenden) Vertragsabschluss, herrscht in der Regel Einigkeit.

Zu Streit kommt es häufig, wenn der Architekt mehr oder weniger umfangreiche Leistungen erbringt, der Bauherr dann aber einen anderen Architekten beauftragt oder von der Realisierung seines Projektes absieht. Der Architekt wird sich dann auf den Standpunkt stellen, dass der Bauherr die Leistungen gefordert, also beauftragt hat, und demgemäß eine Rechnung stellen. Landet der Streit um das in Rechnung gestellte Honorar vor Gericht, ist zunächst einmal der Architekt für den Abschluss eines Architektenvertrages beweisbelastet.

In der Rechtsprechung ist bekannt und anerkannt, dass es nicht ungewöhnlich ist, sondern den üblichen Gepflogenheiten entspricht, dass Architekten zur Akquisition von Aufträgen Teilleistungen unentgeltlich erbringen, um anschließend den Auftrag zu erhalten. Die Rechtsprechung erkennt daneben auch keine Beschränkung von Akquise-Tätigkeiten auf bestimmte Leistungsphasen an. Selbst die Erstellung einer vollständigen Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Akquise-Tätigkeit darstellen (vgl. auch Urteil des OLG Frankfurt vom 17.04.2018, Az.: 5 U 32/17).

Sie werden zu Unrecht von einem Architekten in Anspruch genommen? Ihr Auftraggeber zahlt Ihr Architektenhonorar nicht, obwohl ein entsprechender Vertrag geschlossen wurde? Im Zweifel kommt es auf Feinheiten und Beweisfragen an. Bei Uneinigkeit sollten Sie fachlichen Rat bei einem spezialisierten Rechtsanwalt einholen.

Update vom 11.01.2023:

Da mich zu dem oben stehenden Artikel, viele Anfragen erreichen, halte ich ein kurzes Update für erforderlich, mit dem ich auf eine Möglichkeit hinweisen will, um Fälle, in denen zwar ein Vertragsschluss anzunehmen ist, der Leistungs- und Vergütungsumfang aber streitig ist, interessengerecht zu lösen:

Zunächst verweise ich auf § 650p BGB, der wie folgt lautet:

(1) Durch einen Architekten- oder Ingenieurvertrag wird der Unternehmer verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen.

(2) Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor.

Absatz 2 der Vorschrift beschreibt eine sogenannte Zielfindungsphase. Diese muss nicht, kann aber beauftragt werden. Der Auftrag kann mündlich und auch konkludent erteilt werden. Von der Beauftragung einer Zielfindungsphase dürfte meines Erachtens bspw. auszugehen sein, wenn eine private Person einen Architekten anspricht und mitteilt, es sei der Bau eines Einfamilienhauses geplant. Die konkrete Ausgestaltung sei aber noch ungewiss und man wisse auch noch nicht, ob das Vorhaben überhaupt realisiert werden soll. Wird der Architekt dann mit Wissen und Wollen der Privatperson tätig, könnte man (abhängig von allen Besonderheiten des Einzelfalls) von der Beauftragung einer Zielfindungsphase ausgehen. 

Der Vorteil, wenn "nur" eine Zielfindungsphase beauftragt wurde, liegt in § 650r BGB begründet:

(1) Nach Vorlage von Unterlagen gemäß § 650p Absatz 2 kann der Besteller den Vertrag kündigen. Das Kündigungsrecht erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen, bei einem Verbraucher jedoch nur dann, wenn der Unternehmer ihn bei der Vorlage der Unterlagen in Textform über das Kündigungsrecht, die Frist, in der es ausgeübt werden kann, und die Rechtsfolgen der Kündigung unterrichtet hat.

(2) Der Unternehmer kann dem Besteller eine angemessene Frist für die Zustimmung nach § 650p Absatz 2 Satz 2 setzen. Er kann den Vertrag kündigen, wenn der Besteller die Zustimmung verweigert oder innerhalb der Frist nach Satz 1 keine Erklärung zu den Unterlagen abgibt.

(3) Wird der Vertrag nach Absatz 1 oder 2 gekündigt, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.

Dem Auftraggeber steht ein Kündigungsrecht nach der Zielfindungsphase zu. Die zweiwöchige Frist gilt gegenüber einem Verbraucher nicht, wenn der Auftraggeber nicht in Textform darauf hinweist. Dann kann der Verbraucher auch noch nach Monaten kündigen.

Eine Kündigung führt zur Rechtsfolge des Absatz 3. Es ist dann zwar noch immer eine Vergütung zu zahlen, jedoch ist nur die Zielfindungsphase zu vergüten. Der Architekt kann dann nicht mehr durchgreifend argumentieren, es sei bspw. bereits ein Architektenvollvertrag (Vertrag über die Leistungsphasen 1 - 8/9) zustandegekommen. Wird nämlich seitens des Auftraggebers ein Architektenvollvertrag ohne wichtigen Grund gekündigt, wäre die gesamte Vergütung des Architekten für den Architektenvollvertrag, lediglich abzüglich ersparter Aufwendungen und anderweitig erzielter Gewinn, fällig.


Bereits die voranstehenden Ausführungen zeigen, dass es bei einem Streit mit einem Architekt über die Fragen, ob ein Vertrag besteht, in welchem Umfang ein Vertrag besteht und in welcher Höhe eine Vergütung zu zahlen ist, schnell kompliziert werden kann.


Cedric Knop – Rechtsanwalt auch für Bau- und Architektenrecht

KT Rechtsanwälte



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