Kein Widerruf von Aufhebungsverträgen/Gebot fairen Verhandelns

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht in seinem Urteil vom 7. November 2019 (Az: -6 AZR 75/18 -) davon aus, dass ein Vertrag, durch den das Arbeitsverhältnis beendet wird (Aufhebungsvertrag), auch dann nicht widerrufen werden kann, wenn dieser in einer Privatwohnung abgeschlossen wurde. Die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages ist jedoch gegeben, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.

Nach § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers im Sinne des § 312b Abs. 2 BGB ist.

Grundsätzlich handelt es sich bei einem arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag, welcher in der Privatwohnung zustande gekommen ist, um einen Verbrauchervertrag gemäß § 310 Abs. 3 BGB. Der Arbeitnehmer ist als Verbraucher zu betrachten und der Vertrag wurde außerhalb von Geschäftsräumen (Privatwohnung) geschlossen.

Die Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs und des gesetzgeberischen Willens ergibt jedoch, dass die Norm den Anwendungsbereich des Widerrufsrechts nicht eröffnet. Das Einverständnis kann vom Arbeitnehmer, unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses nicht gemäß § 312 Abs.1, §§ 312b, 312g Abs. 1, § 355 BGB widerrufen werden.

 

Auch ist der durch den Arbeitnehmer unterzeichnete Aufhebungsvertrag nicht wegen unangemessener Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

 Wie das Bundesarbeitsgericht ebenfalls ausführt „sind aus Gründen der Vertragsfreiheit Vereinbarungen, welche formularmäßig die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptleistung unmittelbar bestimmen, grundsätzlich von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen. Darum unterliegt in einem Aufhebungsvertrag die Beendigungsvereinbarung als solche ebenso wenig einer Angemessenheitskontrolle“. 

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann jedoch aufgrund des Verstoßes gegen das Gebot fairen Verhandelns angefochten und hierdurch unwirksam sein, so das BAG.

Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert.

Denkbar ist auch die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Die Nutzung eines Überraschungsmoments kann ebenfalls die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen (Überrumpelung). Letztlich ist die konkrete Situation im jeweiligen Einzelfall am Maßstab des § 241 Abs. 2 BGB zu bewerten und von einer bloßen Vertragsreue abzugrenzen.

Liegt ein schuldhafter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns im Sinne einer Nebenpflichtverletzung gemäß § 241 Abs. 2 BGB vor, ist der Aufhebungsvertrag im Regelfall unwirksam.

 

Der Vertragspartner ist so zu stellen, wie er ohne das Zustandekommen des Vertrags stünde, was grundsätzlich zu einem Anspruch auf Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und damit im Ergebnis dazu führt, dass der Vertrag gemäß § 249 Abs. 1 BGB rückgängig gemacht wird.

 

Um sich von einem Aufhebungsvertrag, welcher unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist, loszulösen, ist dem Betroffenen zu raten einen mit dieser Materie vertrauten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.


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