Keine Behandlungspflicht im Standard- und Basistarif

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Mit Beschluss vom 5.5.08 (Az: 1 BvR 807/08) hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde eines Internisten gegen § 75 Abs. 3a Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz als unzulässig zurückgewiesen, dies mit brisanter Begründung:

Die neu geregelte Pflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV zur Sicherstellung der privatärztlichen Behandlung im (jeweils vergleichsweise gering vergüteten) Standard- und Basistarif greife nicht unmittelbar in die Berufsfreiheit der Vertragsärzte (Art. 12 Abs. 1 GG) ein, da sich der gesetzliche Auftrag nicht auf diese erstrecke.

Vielmehr sei es zunächst Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen als eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts, den erweiterten Sicherstellungsauftrag umzusetzen, wobei ihnen ein Gestaltungsspielraum zukomme. So müssten etwa nicht notwendig alle Vertragsärzte einbezogen werden (was freiwillige Lösungen impliziert). Bis zur Umsetzung seien die Vertragsärzte im Rahmen ihrer "Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung" allein zur Behandlung der in der GKV Versicherten verpflichtet (§ 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V).

Den "Schwarzen Peter" haben jetzt die Kassenärztlichen Vereinigungen nebst KBV und ggf. der Gesetzgeber, der das Fehlen weitergehender Bindung wohl schlicht übersehen hat. Das eröffnet einstweilen Freiräume für Vertragsärzte wie im Übrigen auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Soweit diese sich weigern, eine Behandlung zu den schlechter vergüteten Privattarifen durchzuführen, kann dies abgesehen von Notfällen derzeit nicht pflichtwidrig sein. Allerdings empfiehlt sich immer der Abschluss einer schriftlichen Honorarvereinbarung, wenn der Arzt oder das MVZ im Standard- oder Basistarif Versicherte zu den regulären Sätzen der GOÄ behandeln möchte.

Sofern die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV (bspw. durch Satzung) hoheitlich verpflichtende Regelungen zur Umsetzung des auf das System der PKV erweiterten Sicherstellungsauftrags schaffen sollten (weil freiwillige Lösungen nicht in Betracht gezogen werden oder scheitern), können betroffene Vertragsärzte Rechtsschutz hiergegen in Anspruch nehmen. Abschließend könnte wieder das Bundesverfassungsgericht gefordert sein.


Holger Barth, Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht

www.arztrechtplus.de


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