Keine Leiche gefunden, aber trotzdem wegen Totschlags verurteilt?

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Indizienprozess

Ist eine Verurteilung wegen Totschlags möglich, wenn keine Leiche gefunden wurde und das eigentliche Tatgeschehen unbekannt ist? Um der Antwort dieser Frage näher zu kommen, muss man sich zunächst mit dem Indizienprozess beschäftigen. 

Bei einem Indizienprozess ist das Gericht bei der Entscheidungsfindung allein auf Beweiszeichen angewiesen. Dabei liegen keine Tatsachen vor, sondern vielmehr sind anknüpfende Denkprozesse entscheidend, durch die auf Tatsachen geschlossen werden kann. Wenn keine Angaben des Täters zur Tat gemacht wurden, ist das Gericht häufig auf Indizien angewiesen.

Totschlag ohne Leichenfund

In seinem Beschluss vom 4. Mai 2022 musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 309/21) mit einem Fall beschäftigen, in dem der Angeklagte wegen Totschlags verurteilt wurde, das eigentliche Tatgeschehen aber unbekannt war und keine Leichen gefunden wurden. 

Im hiesigen Fall tötete der Angeklagte nach Feststellungen des Landgerichts München seine Ehefrau auf unbekannte Art und  Weise nach einem Streit und später noch seine Stieftochter in der gemeinsamen Wohnung, vermutlich durch stumpfe Gewalt. Daraufhin beseitigte der Angeklagte die auffälligsten Tatspuren und brachte die Leichen an einen unbekannten Ort.

Beschluss des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof bestätigte vorliegend das Urteil des Landgerichts München, das den Angeklagten wegen Totschlags verurteilte, einen Mord aber aufgrund der unbekannten Umstände ablehnte. Die Revision des Angeklagten erwies sich somit als unbegründet.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes steht die Tatsache, dass das eigentliche Tatgeschehen unbekannt geblieben ist, einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Totschlags nicht entgegen. Demnach reicht jede Art der bewussten und gewollten Verursachung des Todes eines anderen Menschen aus.

Spurenbild des Tatortes

Dies soll das Landgericht aufgrund des Spurenbildes überzeugend begründet haben. Durch die umfangreiche Beweisaufnahme und den gefundenen Blutspuren kann auf einen Totschlag mit zumindest bedingten Tötungsvorsatz geschlossen werden. Eine Verurteilung ist also auch dann möglich, wenn keine Leiche gefunden wurde und das eigentliche Tatgeschehen unbekannt ist.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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