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Keine Scheinselbstständigkeit von Promotoren – LSG Hamburg – Urteil vom 12.07.2022

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Promotoren sind Verkaufsförderer, die z.B. im Auftrag von Kaufhäusern oder auch Herstellern Produkte anbieten, erläutern und mitunter auch verkaufen. Der sozialversicherungsrechtliche Status dieser Berufsgruppe ist regelmäßig Gegenstand von Betriebsprüfungen und nachfolgend auch von Entscheidungen der Sozialgerichte. 

Je nach Fallgestaltung kann diese Tätigkeit selbstständig oder sozialversicherungspflichtig ausgeübt werden. 

Hinweise der Spitzenverbände der Sozialversicherung

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung widmen im Rundschreiben "Statusfeststellung von Erwerbstätigen" dieser Berufsgruppe in ihrem „Katalog bestimmter Berufsgruppen zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit“ unter dem Stichwort „Verkaufsförderer“ sogar einen eigenen Abschnitt.

vgl. Anlage 5 zum Rundschreiben „Statusfeststellung von Erwerbstätigen“ Stand 01.04.2022 (Der Link führt zu einer Zip-Datei, die das Rundschreiben nebst sämtlichen Anlagen im PDF-Format enthält)

Weite Auslegung des Begriffs "Verkaufsförderer"

Die dortigen Ausführungen gelten zusammenfassend für Personen, die unter der Bezeichnung Werber, Werbedame, Promoter, Propagandist, Sortimentskraft/-verkäufer oder Merchandiser tätig sind. Die DRV weist darauf hin, dass die Berufsbezeichnung für sich genommen noch nichts über den sozialversicherungsrechtlichen Status aussagt, weil die Berufsbezeichnungen nicht einheitlich verwendet werden, sondern unterschiedlichste Tätigkeitsfelder umfassen können. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung könne deshalb nicht einheitlich erfolgen, sondern müsse nach den allgemeinen Grundsätzen erfolgen, die neben den vertraglichen Regelungen vor allem die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit in den Blick nehmen. Das bedeutet, dass es auf die Verhältnisse im Einzelfall ankommt.

Rechtsprechung der Sozialgerichte

In der Rechtsprechung der Sozialgerichte wird in diesem Zusammenhang bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status unter anderem danach unterschieden, ob der Promoter die Ware für Rechnung des Kaufhauses bzw. im Auftrag des Herstellers im Kaufhaus direkt anbietet oder verkauft (dann regelmäßig beschäftigt), oder ob er lediglich wirbt und kein festes Honorar, sondern nur eine erfolgsabhängige Verkaufsprovision erhält (dann ggf. selbstständig). Ein wichtiger Faktor ist auch die Frage, zu wem überhaupt Vertragsbeziehungen bestehen und wie diese ausgestaltet sind.

Internet-Plattform als Arbeitgeber?

Das Landessozialgericht Hamburg hat am 12.07.2022 einen interessanten Fall entschieden, in dem Promotoren über eine Internetplattform von einer Agentur an Kaufhäuser vermittelt wurden. Diese Vermittlung lief über eine internetbasierte Datenbank der Agentur. Dort konnten sich die Promotoren registrieren lassen. Mit der Datenbank war ein SMS-Server verbunden. Sobald bei der Agentur eine Anfrage eines Kaufhauses nach Promotoren für eine bestimmte Werbeaktion einging, erhielten die Promotoren eine Nachricht per SMS und konnten sich dann bei der Agentur melden, erhielten eine Mitteilung über den Inhalt des Auftrags und die Konditionen. Weitere Einzelheiten hinsichtlich Zeit, Ort und Art des Einsatzes mussten Sie mit den Kaufhäusern abklären. Die Kaufhäuser zahlten keine Verkaufsprovision, sondern einen Tagessatz. Die Promotoren stellten Ihre Rechnung an die Agentur. Diese wiederum erstellte eine Gesamtabrechnung an das jeweilige Kaufhaus und erhielt von dort die Zahlung. Nach Abzug einer Vermittlungsprovision wurde das Honorar von der Agentur an die Promotoren ausgezahlt. Inhaltliche Einzelheiten, wie z.B. Produktinformationen, Leitfäden, Schulungsunterlagen etc. wurden nicht von der Agentur, sondern ggf. von den Kaufhäusern zur Verfügung gestellt. Die Agentur war ihrerseits nicht verpflichtet, Aufträge zu übernehmen und Promotionsdienstleistungen zu erbringen bzw. diese sicherzustellen. Ihre Dienstleistung bestand lediglich in der Vermittlung der Aufträge.

Ausgangspunkt: Zollprüfung und Beitragsforderung

Im Rahmen einer Zollprüfung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) wurde nach Befragung der Promotoren festgestellt, dass es sich um abhängige Beschäftigungsverhältnisse und zwar im Verhältnis zur der Vermittlungsagentur (nicht den Kaufhäusern!) gehandelt habe. Der Vorgang wurde an die Deutsche Rentenversicherung weitergeleitet. Diese kündigte zunächst in einem Anhörungsschreiben an, für mehr als 50 Promotoren knapp 400.000,00 EUR Sozialversicherungsbeiträge incl Säumniszuschläge nachzufordern. Parallel lief ein Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Agentur. Nachdem die Staatsanwaltschaft beanstandet hatte, dass das Ermittlungsergebnis des Zolls zu wenig Einzelheiten über die konkrete Ausgestaltung der Ermittlungsergebnisse enthielt, wurde die Prüfung auf sieben Promotoren beschränkt. Per Bescheid vom 15.04.2015 wurden dann knapp 50.000,00 EUR Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Der dagegen erhobenen Klage gab das Sozialgericht Hamburg nach zunächst erfolglosem Widerspruchsverfahren statt und hob den Beitragsbescheid sowie den Widerspruchsbescheid auf. Die Berufung der DRV wurde vom LSG zurückgewiesen. Das Strafverfahren mangels Tatverdacht von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Entscheidung des LSG

Das LSG Hamburg stellt im Urteil vom 12.07.2022 fest, dass keine Beschäftigungsverhältnisse zwischen den Promotoren und der Agentur bestanden. Für das LSG gaben im wesentlichen folgende Gründe den Ausschlag:

  • Die Agentur selbst schuldete den Kaufhäusern keine Promotion-Tätigkeiten, sondern stellte lediglich die Datenbank zur Verfügung. Die Promotoren waren bei der Agentur somit nicht „beschäftigt,“
  • es bestand insbesondere auch keine illegale Arbeitnehmer-Überlassung, da die Agentur selbst gegenüber den Kaufhäusern nicht verpflichtet war, entsprechendes Promotion-Personal zu stellen,
  • das eigentliche Vertragsverhältnis wurde zwischen den Promotoren und den Kaufhäusern ausgehandelt, die Promotoren mussten selbstständig Kontakt mit den Märkten aufnehmen, um die Einsatz- und Vertragsbedingungen zu klären,
  • die Kaufhäuser hatten auch die Angebote ausformuliert, die von der Agentur nur per SMS an die Promotoren weitergeleitet wurden,
  • zwischen den Promotoren und der Agentur gab es keine schriftlichen Verträge,
  • für Beanstandungen aller Art seitens der Märkte übernahm die Agentur keinerlei Haftung,
  • wenn ein Promoter nicht zum vereinbarten Termin erschienen sei, habe dies für die Agentur keinerlei Konsequenzen (mit Ausnahme der entgangenen Provision) gehabt,
  • auch die Rechnungstellung über die Agentur habe kein Beschäftigungsverhältnis begründet, da diese Abwicklung zum einen technische Gründe gehabt habe, um die für den Aufwand  Märkte zu erleichtern und zum anderen der Sicherung der Provision gedient habe,

LSG Hamburg – Urteil vom 12.07.2022 – L 3 BA 16/20

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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