Keine Verweigerung der Mangelbeseitigung bei hohem Kostenaufwand!

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Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 31.08.2017 (13 U 154/15)

Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle entschied, dass ein Auftragnehmer die Mängelbeseitigung nicht mit dem Argument zu hoher Kosten verweigern kann, wenn der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags hat. 

Der zugrundeliegende „Fall“ betrifft einen Bauvertrag über die Errichtung von zehn Balkonen an einem Mehrfamilienhaus. Der Auftraggeber hatte nach Abnahme der Werkleistung beanstandet, dass Wasser an der Hauswand herunterläuft und als Gründe eine mangelhafte Abdichtung der Balkone, nicht fachgerecht verlegte Holzbohlen sowie ein unzureichendes Gefälle der Entwässerungsrinnen ausgemacht hat. Er verlangte für die anstehende Mangelbeseitigung einen Kostenvorschuss (§ 637 Abs. 3 BGB) über 43.500,00 €. Diesen hielt der Auftragnehmer für unverhältnismäßig hoch. Nach Entscheidung des OLG Celle musste der Auftragnehmer rund 34.000 € zahlen. 

Nachdem sachverständig feststand, dass die Werksleistungen mangelhaft waren, befasste sich der 13. Zivilsenat des OLG Celle mit der Frage, inwieweit sich der Auftragnehmer mit dem Einwand entlasten könne, dass die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig – und damit für ihn „unzumutbar“ sei. Diesem Einwand erteilte er eine Absage: 

Eine Mangelbeseitigung sei dann nur dann unverhältnismäßig, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Aufwands stehe. 

Bei der Abwägung, ob eine Mangelbeseitigung unverhältnismäßig ist, ist zu fragen, ob der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg in einem „vernünftigen Verhältnis“ zu der Höhe des Aufwands steht

Allerdings sei der Einwand der Unverhältnismäßigkeit nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf die ordnungsgemäße Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Auftraggebers zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen „Verstoß gegen Treu und Glauben“ darstelle (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2001, VII ZR 241/00). Es sei bei der gebotenen Abwägung von Bedeutung, ob und in welchem Ausmaß der Auftragnehmer den Mangel verschuldet habe (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2005, VII ZR 64/04). Unverhältnismäßigkeit sei daher nur dann anzunehmen, wenn einem objektiven geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig mangelfreien, ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweiser unangemessener Aufwand gegenüberstehe (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 24/95). Habe der Auftraggeber hingegen ein objektiv berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, könne ihm der Auftragnehmer regemäßig nicht die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung verweigern.

Sobald ein objektiv berechtigtes Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages begründbar ist, kann der Auftragnehmer die Nachbesserung nicht mit dem Argument zu hoher Kosten verweigern.

Ohne Bedeutung für die Abwägung seien das Preis-/Leistungsverhältnis und das Verhältnis des Nachbesserungsaufwands zu den zugehörigen Vertragspreisen (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.1997, VII ZR 110/96).

Gerade mit Blick auf die „erheblichen“ Mängel, die sachverständig bestätigt seien, könne aber im zu entscheidenden Fall keine Unverhältnismäßigkeit angenommen werden.

Fazit: Bevor ein Auftragnehmer Mangelbeseitigungsmaßnahmen ablehnt, sollte er vor dem Hintergrund dieser Entscheidung detailliert abwägen, inwieweit ihm weitere Maßnahmen zuzumuten sind. Er sollte im Hinterkopf behalten, dass finanzielle Aspekte zweitrangig sind, wenn das Werk mit erheblichen Mängeln belastet ist, an deren Beseitigung der Auftraggeber ein berechtigtes Interesse hat. 

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Rechtsanwältin Maike Bohn, Hamburg


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