Kindesunterhalt und die Erwerbsobliegenheit bei Rentenbezug wegen voller Erwerbsminderung

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Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 09.11.2016 (XII ZB 227/15) darüber zu entscheiden, ob jemand, der eine Erwerbsunfähigkeitsrente erhält, zwingend keinen Mindestunterhalt zahlen muss.

Der Entscheidung lag der folgende Fall zugrunde: Die Parteien streiten um Kindesunterhalt. Der Antragsteller ist der minderjährige Sohn, lebte bei seinem Vater und machte gegenüber seiner Mutter einen Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts geltend.

Die Antragsgegnerin ist aufgrund einer Erkrankung zu 70 % schwerbehindert und bezieht monatlich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von netto 1.081 € sowie eine VBL-Rente von 230 €. Sie erbringt Pflegeleistungen für ihre gebrechliche Mutter und beruft sich darauf, dass sie aus krankheitsbedingten Gründen nicht erwerbsfähig ist.

Grundsätzlich bestimmt sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach seinem Einkommen bzw. des möglichen Einkommens. Des Weiteren besteht in der Regel eine Obliegenheit zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Erfüllt der Unterhaltspflichtige dies nicht, wird ein fiktives Einkommen zugerechnet.

Der BGH stellt klar, dass der Unterhaltspflichtige dafür die Darlegungs- und Beweislast trage. Die Tatsache, dass die Kindesmutter eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten, genügt nicht. Der zum Unterhalts verpflichtete muss auch nachweisen, dass er keinen Minijob / 450 €-Job ausführen könne. Hierzu führt der BGH aus: „Erfüllt der Unterhaltspflichtige die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, so ergibt sich daraus mithin, dass er nicht drei Stunden oder mehr arbeitstäglich erwerbstätig sein kann und dass er einer Vermittlung durch die Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung steht. Eine vollständige Unfähigkeit für sämtliche Tätigkeiten, etwa im Geringverdienerbereich, ergibt sich daraus indessen noch nicht (...)

Dementsprechend trägt der Unterhaltspflichtige nicht nur die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er keine Vollzeitstelle zu erlangen vermag, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung“.


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