Klage oder Aufhebungsvertrag – Stellenabbau in Zeiten von Corona

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Die Jobmaschine hat gestoppt. Bereits jetzt, teilweise noch verzögert durch die Regelungen zur Kurzarbeit, befindet sich der Arbeitsmarkt in einem Umbruch; aus betriebsbedingten Gründen werden Stellen gestrichen und betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen.

 

Interessenausgleich und Sozialplan

Ist ein Betriebsrat vorhanden, verhandelt dieser bei betriebsbedingten Entlassungen in aller Regel mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich, wobei häufig ein Sozialplan zustande kommt, mit oder ohne Namensliste, der dazu führt, dass als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes ein sog. sozialer Ausgleich gewährt wird (Sozialplanabfindung). Hierbei gibt es je nach Branche und Situation höchst unterschiedliche Sozialpläne, teil durchaus gut dotiert, in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten, aber auch Sozialpläne, die eine Abfindung enthalten, die nicht einmal der sog. Mindest- oder Regelabfindung von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr entsprechen. Regelmäßig enthalten die Sozialpläne auch eine sog. Suspensiveffektklausel, nach der die Sozialplanabfindung erst fällig wird, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig feststeht. Dies ist entweder der Fall, nachdem die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage (3 Wochen) ohne Klageerhebung verstrichen ist oder aber nach rechtskräftigem Abschluss eines Kündigungsrechtsstreits.

 

Keine Informationen: Kündigungsschutzklage 

Regelmäßig stellt sich daher die Frage, ob gegen eine bevorstehende Kündigung geklagt oder gar ein parallel unterbreitetes Aufhebungsvertragsangebot angenommen werden soll. Häufig wird es so sein, dass der Anwalt nur sehr schwer beurteilen kann, ob eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses im konkreten Fall vor einem Arbeitsgericht Bestand haben wird und den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes und der Kündigungschutzbestimmungen genügt.

 

Der Rat wird in vielen Fällen zunächst einmal zur Klage gehen (müssen), um im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens die Möglichkeit zu eröffnen, hierüber weitere Informationen zu erhalten, wobei stets die Möglichkeit besteht, die Klage zu jedem Zeitpunkt zurückzunehmen und dann die Sozialplanabfindung zu erhalten. Zudem stellt die Sozialplanabfindung eine Abfindung dar, die nicht an eine Voraussetzung des Verzichts auf die Klage geknüpft werden darf. Eine solche Regelung würde eine unzulässige Maßregelung im Sinne des §§ 612a BGB darstellen, d.h. dass die Abfindung nach dem Sozialplan besteht, unabhängig von der Frage der Fälligkeit. Vor diesem Hintergrund wird es regelmäßig Sinn machen, erst einmal Klage zu erheben, zumal man sich dabei nichts vergibt. Richtig ist allein, dass die Kosten insoweit einen Faktor bilden (können), abhängig davon, ob der betroffene Arbeitnehmer rechtsschutzversichert ist.

 

Klage schädlich für „Sprinterprämie“ bzw. „Turboklausel“?

Problematisch ist insoweit häufig eine sog. „Turboklausel" bzw. „Sprinterprämie“, die u.U. zulässig an ein Ausscheiden zu einem bestimmten Zeitpunkt anknüpft. Hierbei wird es häufig um Vergünstigungen wie der Teilnahme an einer Transfergesellschaft, Maßnahmen eines Outplacement u.ä. gehen. Unzulässig aber doch beliebt ist häufig auch die Verknüpfung mit einem guten bzw. sehr guten Zeugnis.

 

Oftmals wird von Arbeitgeberseite dem Arbeitnehmer entgegengehalten, dass eine Klage überhaupt keinen Sinn mache, da die Arbeitsplätze definitiv wegfallen und anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht vorhanden seien. Hierbei wird häufig übersehen, dass allein das Aushandeln und Beratung mit dem Betriebsrat bzw. die Erstellung entsprechender Namenslisten eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht ersetzen können, regelmäßig eine Massenentlassungsanzeige im Sinne des § 17 KSchG erforderlich ist, sowie neben den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Kündigung zahlreiche weitere formale Fallstricke bestehen. Allein vor diesem Hintergrund wird regelmäßig die Chance bestehen, im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens das Risiko des Arbeitgebers auf Scheitern mit der Kündigung zu erhöhen und allein hierüber eine höhere Abfindung herauszuverhandeln.

 

Aufhebungsvertrag

Die eigentliche Frage, ob ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden soll, spielt häufig im Vorfeld der betriebsbedingten Entlassungen und des Abschlusses eines Sozialplans mit dem Betriebsrat. Zu diesem Zeitpunkt wird es regelmäßig so sein, dass ggf. auf Arbeitnehmer zugegangen wird, von denen man sich gerne trennen will, die allerdings nicht aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden können. Es wird teilweise suggeriert, dass auch deren Arbeitsplatz in Wegfall gerät und über eine entsprechend hohe Abfindung versucht, den Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden und der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags zu bewegen. Hierbei ist jedoch höchste Vorsicht geboten, da ohne zwingenden Grund ggf. der Arbeitsplatz aufgegeben bzw. Chancen zur Erzielung einer höheren Abfindung aus der Hand gegeben werden. Es muss daher auch sorgsam geprüft werden, ob der Abschluss zu Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld führt und ob ggf. im Hinblick auf einen Rentenbezug der Aufhebungsvertrag unproblematisch ist.

 

Aufgabe von Sonderkündigungsschutz und sonstiger Ansprüche

Immer wieder ist auch zu beobachten, dass auf diesem Weg versucht wird, etwaige Sonderkündigungsschutzrechte zu unterlaufen und sich von Mitarbeitern zu trennen, bei denen besondere Kündigungserschwernisse oder Kündigungsverbote bestehen.

 

In jedem Fall ist insoweit anwaltliche Beratung zu empfehlen, um ein optimales Ergebnis im Hinblick darauf zu erzielen, ob man im Arbeitsverhältnis verbleibt oder aber seine Haut so teuer wie möglich verkauft. Gerne stehe ich zur Verfügung.


Erich Hünlein
Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht
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