Kleines 1 x 1 Hausdurchsuchung

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Was ist eine Hausdurchsuchung?

Die Durchsuchung ist eine Maßnahmen im Strafverfahren, die dem Auffinden von Beweismitteln dient. Seltener soll sie auch der Ergreifung eines Beschuldigten dienen. Die Durchsuchung setzt daher voraus, dass es bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer bestimmten Straftat gibt. Eine Durchsuchung ist in jedem Strafverfahren zulässig, d.h. es kommt nicht darauf an, wegen welcher Straftat ermittelt wird. Bei Bagatelldelikten kommt es allerdings kaum zu Durchsuchungen, weil der Aufwand zu groß ist. Im Normalfall findet die Durchsuchung aufgrund eines Gerichtsbeschlusses statt. Die Staatsanwaltschaft (oder bei Steuerstrafverfahren die Bußgeld- und Strafsachenstelle) stellt dafür einen Antrag beim Ermittlungsrichter am zuständigen Amtsgericht. Dieser erlässt den notwendigen Durchsuchungsbeschluss. Mit dem Beschluss können dann die Ermittlungsbehörden (z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei, Steuerfahndung, Zoll) die genehmigte Durchsuchung durchführen. Bei Gefahr im Verzug können die Staatsanwaltschaft und die Polizeibehörden die Durchsuchung auch direkt anordnen. Gefahr im Verzug liegt zum Beispiel vor, wenn ein Beweismittelverlust droht. Die Außenwirkung einer Hausdurchsuchung ist groß. Durch die starke Präsenz von Polizeibehörden können Nachbarn und Geschäftspartner die Maßnahme mitbekommen. Der Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich kann sehr belastend sein. Beschuldigte werden mit der Durchsuchung außerdem häufig zum ersten Mal mit der Tatsache konfrontiert, dass gegen sie ermittelt wird.


Passiert das oft?

Ja, für die Ermittlungsbehörden sind Hausdurchsuchungen an der Tagesordnung. Die genaue Zahl der Durchsuchungen in Deutschland wird statistisch nicht erfasst. Es handelt sich jedoch um eine routinemäßige Maßnahme, die in sehr vielen Verfahren zum Einsatz kommt. Durchsuchungen liefern oft die Beweismittel, die im Ermittlungsverfahren gebraucht werden. Außerdem werden Beschuldigte (und mögliche Zeugen) bei der Durchsuchungsmaßnahme häufig vernommen oder einfach nur um Unterstützung gebeten, was zu weiteren Erkenntnissen führen kann. Dabei wird der Überraschungseffekt bewusst ausgenutzt. Es kommt in der Praxis regelmäßig vor, dass Betroffene sich selbst belasten, ohne sich über die Tragweite Ihres Handelns im Klaren zu sein. Das kann z.B. durch eine unachtsame Bemerkung passieren oder durch die freiwillige Herausgabe von Handy-Pins und Passwörtern. Solche Zusatzerkenntnisse sind für die Ermittlungsbehörden ausgesprochen wichtig.


Durchsuchung auch bei Steuerstrafverfahren?

Gibt es regelmäßig. Auch die Steuerfahndung führt Hausdurchsuchungen durch. Eine Zeitlang wurden sogar Kugelschreiber mit der Aufschrift: „Wir machen auch Hausbesuche. Ihre Steuerfahndung“ verteilt. Bei Verfahren wegen Steuerhinterziehung und anderen Steuerdelikten wird oft nach Geld (Bargeld, Edelmetall, Schlüssel für Bankschließfach) oder Spuren von Geldbewegungen (Kontoauszüge, Bankunterlagen, Quittungen, Rechnungen, Lieferscheine) gesucht. Auch Vertragsdokumente und Schriftverkehr mit Geschäftspartnern können von Interesse sein. Nicht selten werden nach der Durchsuchung Geschäftspartner und Banken von der Steuerfahndung kontaktiert, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen.


Wer darf durchsucht werden?

Standartmäßig trifft die Durchsuchung den Beschuldigten im Strafverfahren. Es kann aber auch bei möglichen Zeugen durchsucht werden. Das kommt dann in Betracht, wenn beim Zeugen Beweismittel vermutet werden. In der Praxis sind davon häufig Banken und Steuerberater betroffen.


Was wird durchsucht?

Durchsucht werden darf nur das, was im Durchsuchungsbeschluss genannt ist. Was nicht erwähnt wird, darf erstmal nicht durchsucht werden. Aber: Bei konkretem Verdacht kann noch vor Ort eine Erweiterung der Durchsuchung wegen Gefahr im Vollzug angeordnet werden. Auch eine solche Durchsuchung muss der Betroffene zunächst erdulden.

Die Durchsuchung kann für folgende Orte angeordnet werden:

  • private Wohnräume 
  • Geschäftsräume 
  • Fahrzeuge
  • die Person


Wie läuft eine Durchsuchung ab?

Eine Durchsuchung findet meist in den frühen Morgenstunden statt. Bei geschäftlichen Adressen in der Regel zu Beginn der Öffnungszeiten. Es sind immer mehrere Beamte beteiligt, teilweise aus verschiedenen Behörden, z. B. Polizei und Staatsanwaltschaft. Der Beginn kann sehr hektisch sein, beide Seiten wissen nicht was sie erwartet und es besteht erhebliches Misstrauen. Es ist wichtig in dieser Phase möglichst ruhig zu bleiben. Wenn es einen Durchsuchungsbeschluss gibt, wird dieser ausgehändigt. Der Betroffene hat das Recht, den Beschluss in Ruhe zu lesen. Das ist sehr wichtig. Es dürfen nur Räumlichkeiten Durchsucht werden, die im Beschluss genannt sind. Es folgt die eigentliche Durchsuchung. Bei Beschuldigten geschieht das sehr gründlich und dauert demensprechend lange. Beweisstücke und Beweisurkunden werden gesammelt und zusammengestellt. Die Sachen werden von den Behörden entweder direkt beschlagnahmt oder zur Durchsicht sichergestellt. Über die Gegenstände wird ein Verzeichnis angefertigt, das Durchsuchungsprotokoll. Alle Gegenstände müssen darin nachvollziehbar erfasst werden. Der Betroffene bekommt eine Durchschrift. Damit ist die eigentliche Durchsuchung abgeschlossen und die Maßnahme wird beendet. Oft wird noch darum gebeten, das Protokoll zu Unterschreiben. Manchmal wird vorher gefragt, ob die Gegenstände freiwillig herausgegeben werden, manchmal ist das entsprechende Kästchen im Protokoll bereits angekreuzt. So oder so, ist von einer Unterschrift abzuraten. Es besteht keine Verpflichtung und offene Frage zur Herausgabe lassen sich am nächsten Tag klären.


Was gehört nicht zur Durchsuchung?

Der Betroffene muss die Durchsuchung dulden. Es passieren während der Maßnahme aber regelmäßig noch andere Dinge, die mit der Durchsuchung nichts zu tun haben. Die Befragung von Beschuldigten und Zeugen ist nicht Teil der Durchsuchung. Ein Beschuldigter muss während der Durchsuchung keine Angaben machen (und sollte dies besser nicht tun). Auch Zeugen müssen während der Durchsuchung keine Aussage tätigen. Bei Firmendurchsuchungen wird gern mal ein Ad-hoc-Vernehmungszimmer eingerichtet und Mitarbeiter werden der Reihe nach befragt. Eine solche Maßnahme ist nicht vom Durchsuchungsbeschluss gedeckt und muss nicht geduldet werden. Die Durchsuchung muss auch nicht unterstützt werden. Es müssen keine Schlösser geöffnet werden und es müssen keine Kennwörter herausgegeben werden. Es muss auch keine Auskunft über den Verbleib von bestimmten Gegenständen und Unterlagen gemacht werden. Ob und inwieweit mit den Ermittlern kooperiert werden soll, ist eine Frage des Einzelfalls. Natürlich können Schlösser auch gewaltsam geöffnet werden und mit Passwort versehene Datenträger können beschlagnahmt und mitgenommen werden.


Darf ich einen Verteidiger hinzuziehen?

Ja und meistens ist das auch hilfreich. Die Beamten warten mit der Durchsuchung aber nicht bis der Verteidiger eintrifft, es sollte also jemand in der Nähe sein. Manche Menschen haben Bedenken, dass man sich verdächtig macht, wenn man einen Verteidiger hinzuzieht. Das lässt sich in der Praxis nicht bestätigen. Natürlich haben die Ermittler Beschuldigte und Zeugen lieber für sich allein, weil dies die besten Ermittlungsergebnisse verspricht. Die Beauftragung eines Verteidigers ist aber ein grundlegendes Recht, von dem man Gebrauch machen darf, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Die Ermittlungsbehörden wissen das und man macht sich nicht verdächtig, wenn man rechtlichen Beistand durch einen Strafverteidiger in Anspruch nimmt.


Wie soll ich mich verhalten?

1. Diesen Tipp lesen Sie überall, weil er stimmt: Bewahren Sie Ruhe! 

Es gibt am Tag der Durchsuchung nichts zu gewinnen und viel zu verlieren. Mit einem klaren Kopf übersteht man den Tag besser.

2. Leisten Sie niemals Widerstand. 

Da verlieren Sie und handeln sich weitere Probleme ein.

3. Beseitigen oder verstecken Sie nichts.

Im schlimmsten Fall schaffen Sie damit den Haftgrund der Verdunklungsgefahr und landen in Untersuchungshaft.

4. Lesen Sie den Durchsuchungsbeschluss.

Worum geht es überhaupt, wer ist beschuldigt, welche Räume sollen durchsucht werden etc.

5. Wenn Sie unsicher sind, rufen Sie einen Strafverteidiger an. 

Sie haben das Recht dazu und die Kontaktaufnahme darf nicht verboten werden!

6. Dulden Sie die Durchsuchung.

Aber helfen Sie nicht dabei. Passwörter müssen nicht herausgegeben werden.

7. Lassen Sie sich nicht vernehmen.

Wenn etwas zur Sache gesagt werden soll, kann das auch an einem anderen Tag geschehen. Das Risiko einer unüberlegten Einlassung ist nicht kalkulierbar.

8. Prüfen Sie das Durchsuchungsprotokoll genau.

Stellen Sie insbesondere sicher, dass nichts fehlt, was nicht im Protokoll steht.

9. Bestehen Sie auf eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses und eine lesbare Durchschrift vom Durchsuchungsprotokoll.

Tipp: Fragen Sie auch nach den Kontaktdaten des leitenden Beamten. In der Regel erhalten Sie eine Visitenkarte.

10. Unterschreiben Sie nichts.


Wie geht es nach der Durchsuchung weiter?

Die Ermittler werten die gewonnen Beweismittel aus. Das kann dauern. Nach der Durchsuchung kehrt meistens eine Weile etwas Ruhe ein. Als Beschuldigter empfiehlt es sich, über einen Verteidiger Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen und dann die weitere Verteidigung zu planen. Häufig steht die Frage im Raum, wie man die beschlagnahmten und sichergestellten Gegenständer zurückerhält. Bei wichtigen Beweismitteln wird dies schwierig. Diese werden erst nach Abschluss des Strafverfahrens freigegeben. Tatmittel und illegale Gegenstände können eingezogen werden. In der Praxis von Bedeutung sind Computer, Laptops und Handys. Diese Geräte können gespiegelt werden, es wird also eine forensisch sichere Kopie der Datenträger gemacht. Im Anschluss daran werden diese Geräte meist herausgegeben. Die Behördenkapazitäten sind aber begrenzt und es kann im Einzelfall länger dauern. Bei wichtigen Dokumenten besteht die Möglichkeit Kopien anzufertigen. Wenn sich herausstellt, dass einzelne Unterlagen und Gegenstände für das Verfahren nicht von Bedeutung sind, ist eine Herausgabe vor Verfahrensabschluss realistisch.  



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