Konsequenzen aus dem Facebook-Urteil des BGH

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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17 entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben. Fraglich ist nunmehr unter anderem, wie die Nutzer dieser Netzwerke – bei Bedarf! – ihre Erben vom Zugang zu diesen Konten ausschließen könnten. 

Ein bloßer Ausschluss einzelner Erben durch Testament („meine Mutter soll nicht sehen, was ich auf Facebook geschrieben habe“), könnte als Auflage gem. § 1940 BGB zu verstehen sein, das Konto abzuwickeln, ohne die Inhalte zu lesen, wäre aber kaum umsetzbar und auch kaum überprüfbar. Auch wäre er unzweckmäßig, weil in den „vorgehaltenen Kommunikationsinhalten“ wie im entschiedenen BGH-Fall wichtige Informationen für die Nachwelt enthalten sein könnten, eventuell sogar solche, welche die Interpretation des Testaments selbst betreffen. Auch ein Vermächtnis gem. § 1939 BGB („Ich vermache mein Facebook-Konto meiner Freundin Ulla“) wäre wenig zielführend: Zwar kann alles vermacht werden, was als Inhalt der Leistungspflicht eines Schuldners nach § 241 BGB vereinbart werden könnte. Abgesehen von der Frage der Übertragbarkeit derartiger Konten bedeutet ein Vermächtnis aber nur, dass der Bedachte das Recht hat, von dem „Beschwerten“, i. d. R. dem Erben, die Leistung des vermachten Gegenstandes zu „fordern“ (§ 2174 BGB), was heißt, dass der Erbe den Gegenstand zunächst erbt und ihn dann wie ein Verkäufer an den Vermächtnisnehmer weitergeben muss. Dies schließt mit ein, dass der Erbe das Facebook-Konto erst sichten darf und muss, bevor er es an den Bedachten weitergibt und somit auch dessen Inhalte zur Kenntnis nimmt. 

Die beste Möglichkeit, der Sichtung des Facebook-Accounts und vergleichbarer Online-Positionen durch die – ansonsten willkommenen – Erben zu entgehen, scheint im Augenblick in der Errichtung einer Testamentsvollstreckung zu liegen: Nicht nur die Person, sondern auch den Inhalt der Testamentsvollstreckung bestimmt allein der Erblasser durch Testament und der Erblasser kann die Befugnisse des Testamentsvollstreckers auf einen einzelnen Gegenstand oder einige wenige Gegenstände beschränken (§2208 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Erblasser/die Erblasserin kann somit durch Testament bestimmen, dass ihr/sein Facebook-Konto und/oder vergleichbare Positionen – unwiderruflich durch die Erben – einer besonderen Testamentsvollstreckung durch eine(n) von ihm/ihr benannte(n) Testamentsvollstrecker(in) unterliegen. Dem bestimmten Testamentsvollstrecker/der bestimmten Testamentsvollstreckerin obliegt es sodann gem. §§ 2205, 2206 Abs. 1 BGB, das Facebook-Konto und vergleichbare Konten sogleich in Besitz zu nehmen und über sie zu „verfügen“, ggf. mit Facebook zu verhandeln und die Konten gemäß dem Erblasserwillen abzuwickeln. Insbesondere wird es möglich sein, dem Testamentsvollstrecker aufzuerlegen, Dritte einschließlich der Erben vom Zugang zu den digitalen Inhalten auszuschließen und an die Erben lediglich die sich aus den Konten ergebenden Vermögenspositionen auszukehren. 

Darüber hinaus könnte noch nachgedacht werden, den Testamentsvollstrecker ergänzend mit einer postmortalen, durch die Erben nur aus wichtigem Grund widerruflichen Vollmacht betreffend die vertrauliche Abwicklung der Online-Konten auszustatten und sie/ihn ggf. auch mit der Wahrnehmung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes des Erblassers/der Erblasserin allgemein zu beauftragen. 

Zu ergänzen ist, dass die obigen Überlegungen nur als erster und vorläufiger Einstieg für die Gestaltung von Rechtsgeschäften betreffend die „Vererbung“ und Abwicklung von Online-Konten dienen können angesichts der Neuheit der Materie, der im Fluss befindlichen Rechtsprechung und nicht zuletzt angesichts des Einfallsreichtums der weltweit agierenden Internetunternehmen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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