Krankenversicherung bei Reisen in Nicht-EU-Staaten

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Das BSG hat im Verfahren eines auf einer Reise in Tunesien verunglückten deutschen AOK-Versicherten entschieden, dass die dort für die Behandlung in einer Privatklinik angefallenen Kosten von der AOK nur ausnahmsweise erstattet werden müssen.

 

Der Versicherte war 1999 zu einem Besuch nach Tunesien gereist, wo er bei einem Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Während er 12 Tage im Koma lag, wurde er zunächst in das staatliche Krankenhaus einer kleineren Stadt eingeliefert, dann aber an eine private neurochirurgische Klinik in Tunis überwiesen. Für die Krankenbehandlung wandte er umgerechnet ca. 8.800 Euro auf. Hiervon zahlte ihm die AOK nur etwa die Hälfte, weil sie die Kosten einer entsprechenden Sachleistung der tunesischen Krankenversicherung als maßgeblich ansah.

 

Während die AOK von den Vorinstanzen zur vollen Kostenerstattung verurteilt wurde, hat das BSG entschieden, dass der Versicherte trotz des Abkommens nicht umfassend so gestellt werden muss, als wäre die Behandlung in Deutschland erfolgt.

 

Nach Ansicht des BSG gilt insoweit vielmehr das in Tunesien maßgebende Recht, ohne dass die Leistungspflicht auf den deutschen Versorgungsstandard angehoben wird. Der Kläger hatte daher nur Anspruch auf dasjenige, was in einem vergleichbaren Notfall einem tunesischen Staatsangehörigen gegen die tunesische Krankenversicherung zugestanden hätte, dh unter Beachtung der Leistungsbeschränkungen und Infrastruktur des tunesischen Gesundheitssystems. Volle Kostenerstattung wegen "Systemversagens" könne der Kläger von der AOK nur beanspruchen, wenn ihm entgegen dem Abkommen dasjenige verweigert bzw. vorenthalten worden ist, worauf auch ein leistungsberechtigter Tunesier in Tunesien Anspruch hatte.

 

Da die hierzu erforderlichen Feststellungen bisher fehlen, wurde der Fall an das LSG Berlin-Brandenburg zurückverwiesen. Dieses muss weitere Ermittlungen vornehmen, insbesondere zum Leistungsrahmen des tunesischen Rechts, zur Frage einer abkommenswidrigen Leistungsvorenthaltung und zum Bestehen einer rechtsgültigen Zahlungsverpflichtung des Klägers.

 

 

Rechtsanwalt Sascha Förthner


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