Kündigung des Mietvertrages wegen Zutrittsverweigerung

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Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verweigerung des Zutritts
(Urteil des LG Berlin vom 20.11.2020, 65 S 194/20)

Sachverhalt:
Der Vermieter forderte die Mieter auf, Termine für eine Wohnungsbegehung durch einen Mitarbeiter der Hausverwaltung zu benennen, damit sich dieser einen Eindruck vom Zustand der Wohnung verschaffen und diese vermessen kann, um die Fakten einem potentiellen Käufer übermitteln zu können. Im Mietvertrag ist geregelt, dass der Vermieter nach vorheriger Ankündigung die Wohnung betreten kann, um sich einen Eindruck vom Zustand der Wohnung zu verschaffen und – in einer weiteren Klausel – er oder ein Vertreter mit Kaufinteressenten die Räume besichtigen darf.
Die Mieter unterbreiteten keine Terminvorschläge. Daraufhin kündigte der Vermieter das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich.

In erster Instanz erhielt der Vermieter Recht, verlor jedoch in zweiter Instanz, da das Landgericht Berlin den Mietern Recht gab, die Kündigung für unwirksam erachtete.

Entscheidung:
Das Mietverhältnis sei nicht aufgrund der fristlosen Kündigung beendet worden. Der Vermieter habe weder eine (erforderliche) Frist zur Abhilfe bestimmt noch eine Abmahnung ausgesprochen. Zudem liege kein wichtiger Grund i.S.d. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vor.


Die Abmahnung sei nicht entbehrlich gewesen, was sich schon daraus ergebe, dass die Mieter ihr Verhalten geändert und Termine mit dem Vermieter vereinbart hätten, nachdem der Vermieter seinen Besichtigungswunsch konkretisiert hatte.


Es fehle auch an einem wichtigen Kündigungsgrund. Zwar könne die Nichtgewährung des Zutritts und damit auch die Nichtmitteilung von Terminen eine Verletzung einer mietvertraglichen Pflicht im konkreten Einzelfall darstellen, was eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne.


Weder aber folge eine Pflicht zur Mitteilung von Terminen oder zur begehrten Duldung vorliegend aus dem Mietvertrag selbst noch gebe es, entgegen der Ansicht des Vermieters, eine mietvertragliche Nebenpflicht der Mieter, diesem ohne Abwägung des Eigentumsrechts des Vermieters einer- und des ebenfalls grundrechtlich geschützten Besitz-/Eigentumsrechtes der Mieter andererseits schlicht aufgrund einer beabsichtigten Veräußerung, den Zugang zur Wohnung zu gewähren oder Termine zu einer Besichtigung mitteilen zu müssen.


Den Mieter treffe zwar aus dem Mietvertrag die Nebenpflicht, dem Vermieter die Besichtigung seiner Wohnung mit Kaufinteressenten zu ermöglichen. Dies sei vorliegend aber zum einen nicht verlangt worden. Der Vermieter habe vielmehr Termine zur Vermessung und Bestandsaufnahme angefragt. Zum anderen bestehe eine Pflicht zur Gewährung von Zutritt nur in engem Rahmen und zu vertretbaren Zeiten. Diesen Maßstab zugrunde gelegt, bestehe bei Berücksichtigung der gegenseitigen verfassungsrechtlich geschützten Interessen die vom Vermieter angenommene Pflicht der Mieter auf Mitteilung von Terminen bzw. zur Duldung des Zutritts nicht.

Auch wenn im Mietvertrag unter der Überschrift „Betreten der Mieträume durch den Vermieter“ ausdrücklich geregelt sei, dass der Vermieter die Mieträume nach rechtzeitiger Ankündigung zur Prüfung des Zustands oder aus anderen wichtigen Gründen besichtigen könne, habe der Vermieter nach dieser Regelung keinen Anspruch gegen die Mieter auf den von ihm begehrten Zutritt. Gleiches gelte in Bezug auf die Regelung, wonach der Vermieter oder sein Beauftragter, wenn der Vermieter das Grundstück verkaufen will oder wenn das Mietverhältnis gekündigt ist, zusammen mit den Miet- und Kaufinteressenten die Räume in angemessenem Maß betreten dürfe (Anm.: diese Klausel dürfte bereits gegen § 307 I BGB verstoßen und einer AGB Kontrolle nicht standhalten).


Die Aufforderung zur Benennung dreier zeitnaher Termine für Ausmessungen und damit sich ein Mitarbeiter der Verwaltung einen Eindruck vom Zustand der Wohnung verschaffen könne, um dem Ersteher der Wohnung Fakten mitteilen zu können, werde bereits vom Wortlaut nicht umfasst.
Der begehrte Zutritt habe nach dem eindeutigen Wortlaut des Schreibens nicht der Besichtigung durch Kauf- oder Mietinteressenten dienen sollen und sei damit nicht der Regelung des Mietvertrages unterfallen. Hiernach sei allein zur Feststellung des Zustands der Mietsache, nicht aber zur Vermessung derselben, Zutritt zu gewähren. Der Zustand einer Sache sei nämlich die gegebene Lage oder Verfassung derselben zu einem bestimmten Zeitpunkt und umfasse mithin bereits nicht die Größe der Wohnung.

Hinweis:
Diese Entscheidung bedeutet nicht, dass Mieter nun grundsätzlich jedweden Zutritt dem Vermieter gegenüber verweigern dürfen, sondern es kommt – wie so häufig – auf den Einzelfall an, nämlich, auf die Formulierung der Aufforderung, den konkreten Anlass und die Wirksamkeit mietvertraglicher Vereinbarungen getreu dem Motto: „der Ton macht die Musik“.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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