Kündigung erhalten – was jetzt?

  • 4 Minuten Lesezeit

Der Schock für viele Arbeitnehmer: die Kündigung durch den Arbeitgeber. Unter Umständen hat sie bereits sich angekündigt, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor schon belastet war. Häufig kommt die Kündigung aber auch überraschend.

Sobald die ersten Emotionen überwunden sind, sollte die weitere Vorgehenswiese überdacht werden– und zwar möglichst zeitnah:

1. Dreiwöchige Klagefrist

Um gegen die ausgesprochene Kündigung vorzugehen, bleibt dem Arbeitnehmer nur der Weg zum Arbeitsgericht. Zu diesem Zweck ist eine sogenannte Kündigungsschutzklage zu erheben; allerdings hat der Arbeitnehmer hierfür nur drei Wochen Zeit – gerechnet ab dem Erhalt der Kündigung.  Lässt man diese Frist verstreichen oder erhebt keine Klage, gilt die Kündigung – unabhängig von der Frage, ob Kündigungsgründe tatsächlich vorliegen oder nicht – als wirksam.

Es ist daher empfehlenswert, bereits frühzeitig einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen; dieser kann die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage beurteilen und die Einhaltung der Klagefrist überwachen.

2. Formelle Wirksamkeit überprüfen lassen

Möglicherweise kann die Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam sein, sodass eine Kündigungsschutzklage schon aus diesem Grund Erfolg haben kann. So muss eine Kündigung zwingend schriftlich ausgesprochen werden und dem Arbeitnehmer im Original überlassen werden; eine Kündigung per WhatsApp, E-Mail oder Fax ist daher unzulässig.

Zudem muss die Kündigung auch durch die zuständige, vertretungsberechtigte Person ausgesprochen werden; bei einer GmbH ist dies beispielsweise der Geschäftsführer. Wird die Kündigung aber durch eine bevollmächtigte Person ausgesprochen, etwa einem Personalleiter, muss der Kündigung auch eine Vollmacht im Original beigefügt sein. Fehlt diese, kann die Kündigung zurückgewiesen werden mit der Folge, dass sie unwirksam ist. Hierfür ist aber ein umgehendes Tätigwerden erforderlich.

Sofern ein Betriebsrat besteht, ist dieser zwingend vor dem Ausspruch jeder Kündigung durch den Arbeitgeber anzuhören. Ist dies unterblieben oder wurde der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt, etwa weil der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur unvollständige Informationen zur Verfügung gestellt hat, kann die Kündigung ebenfalls unwirksam sein.

Man sieht: Bereits in diesem Zusammenhang können dem Arbeitgeber verschiedene, formale Fehler unterlaufen, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Diese Fehlerquellen sind einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bekannt; für einen Arbeitnehmer sind sie jedoch oft nicht ohne weiteres erkennbar.

3. allgemeiner Kündigungsschutz: die gesetzlichen Kündigungsgründe

Sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate andauert und der Arbeitgeber regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt, findet das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung – dem Arbeitnehmer steht in diesem Fall der gesetzliche Kündigungsschutz zu.

Sind im Betrieb weniger Arbeitnehmer vorhanden (sogenannter „Kleinbetrieb“) oder dauert das Arbeitsverhältnis noch keine sechs Monate an, ist für eine Kündigung des Arbeitgebers grundsätzlich kein Kündigungsgrund erforderlich. Allerdings steht der Arbeitnehmer auch in diesen Fällen nicht völlig schutzlos dar.

Besteht aber allgemeiner Kündigungsschutz, ist die Kündigung nur wirksam, wenn einer der drei gesetzlichen Kündigungsgründe vorliegt:

  • Verhaltensbedingte Gründe
    Eine verhaltensbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten hierzu Anlass gegeben hat. Dabei ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat. Typische Fällen sind etwa Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder „Blaumachen“.

    Der Ausspruch der Kündigung muss aber auch im Rahmen einer Interessenabwägung gerechtfertigt sein. So ist ein einmaliger Pflichtenverstoß regelmäßig nicht ausreichend; vielmehr ist vor dem Ausspruch der Kündigung regelmäßig mindestens eine einschlägige Abmahnung erforderlich.

    Im Einzelfall kann aber eine Abmahnung auch entbehrlich sein – etwa bei besonders schweren Pflichtverstößen wie Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers oder anderer Kollegen (beispielsweise Körperverletzung, Beleidigung, Diebstahl oder sexuelle Übergriffe).  

  • Personenbedingte Gründe
    Eine Kündigung kann auch auf Gründe gestützt werden, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, insbesondere Eigenschaften und Fähigkeiten betreffen. Hierzu zählt etwa die krankheitsbedingte Kündigung bei länger andauernder Erkrankung oder häufigen Kurzzeiterkrankungen. Eine personenbedingte Kündigung kommt ebenfalls in Betracht, wenn der Arbeitnehmer etwa seine für die Berufsausübung erforderliche Fahrerlaubnis verliert.

  • Betriebsbedingte Gründe
    Schließlich kommt eine Kündigung in Betracht, wenn betriebliche Gründe einer weiteren Beschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen. Dies kommt etwa bei Umstrukturierung, Standortverlagerung, Schließung einer Abteilung, Outsourcing oder Stilllegung eines Betriebes in Betracht.

    Vorrangig hat der Arbeitgeber zunächst Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu überprüfen. Ergibt sich aber, dass Arbeitsplätze entfallen, kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Hierbei hat der Arbeitgeber eine Sozialauswahl zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern durchzuführen. Dies bedeutet, nach Prüfung sämtlicher Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten darf letztlich nur jenen von der betrieblichen Maßnahme betroffenen Arbeitnehmern gekündigt werden, die – im Vergleich – am wenigstens sozial schutzwürdig sind. Hierbei spielen Kriterien wie das Alter, die Betriebszugehörigkeit und vorhandene Unterhaltspflichten eine Rolle.

    Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Gründe für die Kündigung anzugeben; daher enthält das Kündigungsschreiben hierzu regelmäßig auch keine Angaben.

4. Sonderkündigungsschutz

Personengruppen, die sozial besonders schutzwürdig sind, haben Sonderkündigungsschutz; dies gilt unter anderem für Auszubildende, Schwangere, Mütter nach der Entbindung, Arbeitnehmer in Elternzeit sowie Schwerbehinderte.

An eine wirksame Kündigung eines Arbeitnehmers mit Sonderkündigungsschutz werden daher höhere Anforderungen gestellt. Im Einzelfall kann vor dem Ausspruch einer Kündigung etwa erforderlich sein, dass der Arbeitgeber die Zustimmung einer öffentlich-rechtlichen Stelle einholen muss (beispielsweise des Integrationsamtes bei der Kündigung eines Schwerbehinderten). Unterlässt er dies, kann die Kündigung ebenfalls unwirksam sein.

5. Arbeitslosmeldung

Zudem ist es wichtig, sich zeitnah bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Dies hat regelmäßig innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung zu geschehen. Erfolgt dies später, kann es bei dem Bezug von Arbeitslosengeld zu Schwierigkeiten kommen.

6. anwaltlichen Rat einholen

Ist der erste Schock einmal überwunden, sollte zeitnah ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage am besten einschätzen.

Die fristgerechte Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist regelmäßig geboten. Die Beurteilung der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung kann dabei erheblich die Verhandlungsposition beeinflussen, um eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder im Falle einer Beendigung die Zahlung einer angemessenen Abfindung auszuhandeln.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt André Hüpsel

Beiträge zum Thema