LAG Hessen - Fristlose Kündigung wegen Mitnahme nicht verbrauchter Lebensmittel unwirksam

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Neue Entscheidung des hessischen LAG 

Ein aktuelles Urteil vom Hessischen Landesarbeitsgericht konkretisiert die Anforderungen an eine  verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung. Mit Urteil vom 04.11.2022, 10 Sa 778/22 hat das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass eine Abmahnung nach § 626 BGB bei einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung nicht entbehrlich ist, wenn der Arbeitnehmer bei einer unklaren Weisungslage annehmen durfte, dass es gestattet sei, bei einer Firmenfeier übrig gebliebene Lebensmittel mit nach Hause zu nehmen. 

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Im zweiten Leitsatz heißt es: 

„Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Es ist im Grundsatz anerkannt, dass nicht nur vertragsbezogenen Umstände eine Rolle spielen können, sondern auch solche, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Dazu kann auch gehören, dass der Arbeitnehmer derzeit ein Adoptionsverfahren betreibt, bei dem im Interesse des Kindeswohls auch die sozialen Verhältnisse der Adoptiveltern eine Rolle spielen.“ 

Im dritten Leitsatz statuiert das hessische LAG, dass nicht vertragsbezogene Umstände regelmäßig mit einem geringeren Gewicht mit in die Abwägung einzustellen sind. 

Konkreter Fall 

Im konkreten Fall ging es um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung von einem als Arbeitnehmer beschäftigten Assistent. Dieser war gut vier Jahre in einem Kleinbetrieb mit nicht mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt. Der Arbeitnehmer hatte im Herbst 2021 nach einem betrieblichen Grillfest nicht verbrauchtes Grillgut im Wert von rund 50 Euro mit nach Hause genommen, dies aber mit seinen Kollegen abgesprochen. Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main, als auch das hessische Landesarbeitsgericht bewerteten die daraufhin folgende fristlose Kündigung als unwirksam. Sowohl der geringe Wert der mit nach Hause genommenen Sachen, sowie das nicht heimliche Verhalten des Angestellten sprachen für den Arbeitnehmer, der wohl davon ausging, dass er nichts Verbotenes tat. Hinzu sprach laut dem LAG für den Angestellten, dass dieser sich in einem laufenden Adoptionsverfahren bezüglich von zwei Kleinkindern befunden hat. Diese Kleinkinder lebten seit ihrer Geburt bei dem Angestellten und seiner Ehefrau. Allerdings hatte die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung Bestand, da sich der Arbeitnehmer aufgrund der Anstellung in einem Kleinbetrieb nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen konnte. 

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Foto(s): Vy Rechtsanwälte, Adobe Stock, Unsplash

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