Lassen Sie sich die Kündigung Ihres Bausparvertrages nicht gefallen!

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Immer mehr Kunden von Bausparkassen müssen feststellen, dass die vor langen Jahren abgeschlossenen Bausparverträge gekündigt werden. Die Frage ist, ob man sich das gefallen lassen muss. Aufgrund der Vielzahl der Rechtsfälle haben die Verbraucherzentralen, z.B. die Verbraucherzentrale Bayern einen Link eingerichtet, unter welchen man

http://www.verbraucherzentrale-bayern.de/bausparkassen-kuendigungswelle

auch Musteranschreiben finden kann, mit welchen man sich der ausgesprochenen Kündigung zur Wehr setzen kann.

Die Erwartung der Bausparer ist einfach. In der Vergangenheit waren zum Teil hohe Zinsen vereinbart und aufgrund des Vertragsverhältnisses auch geschuldet und bezahlt worden. Dies wollen die Bausparer fortsetzen, die Bausparkassen aber beenden. Hier sind Auszüge aus der Rechtsprechung betreffend diese Fälle. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist noch nicht gefallen. Es wird in den Entscheidungen danach differenziert, ob der Vertag eine Anpassung der Zinsen vorsah, zuteilungsreif, also voll angespart und oder nicht, womit noch ein Bauspardarlehen auf Grund des Bausparvertrages beantragt werden kann etc.

Unser Tipp: Lassen Sie sich von vorschnellen Kündigungen Ihrer Bausparkasse nicht beeindrucken, wenn die Bausparsummen noch nicht angespart ist, bzw. noch ein Bauspardarlehen in Anspruch genommen werden kann.

Lassen Sie einen im Bankrecht versierten Rechtskundigen prüfen, ob überhaupt ein Kündigungsrecht zu Gunsten der Bausparkasse bestanden hat oder besteht.

Grundsätzlich ist ein Bausparvertrag in Verbindung mit der auf Grundlage des Bausparvertrages erteilten Angebotes auf Abschluss eines Bauspardarlehens zu betrachten.

Nach der wohl herrschenden Rechtsprechung gelten die Vorschriften über Darlehen, §§ 488 ff. BGB, gelten auch für Bausparverträge soweit nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen etwas anders geregelt ist.

Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist ein Bausparvertrag ein einheitlicher Darlehensvertrag darstellt, bei dem zunächst der Bausparer als Darlehensgeber anzusehen ist und die Parteien sodann mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. Staudinger/ Mülbert 2010, § 488 Rn 539 ff. m.w.N.; OLG Stuttgart, Beschluss v. 14.10.2011, Az.: 9 U 151/11; LG Aachen, Urt. v. 26.06.2014, Az.: 1 O 78/14).

Es handelt sich daher um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben an, hierfür erhält er die vereinbarte Guthabenverzinsung. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen. Damit ist der Bausparvertrag auch bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren.

Insoweit finden die gesetzlichen Vorschriften der § 488 BGB ff. Anwendung.

19.05.2015

Das Landgericht Aachen gestattet 19.05.2015, Aktenzeichen 10 O 404/14, nach Ablauf der 10 Jahresfrist ab Zuteilungsreife der Bausparkasse den Bausparvertrag zu kündigen. Zur Begründung wird ausgeführt:

Der Kündigungsgrund nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann als gesetzliches Kündigungsrecht auch neben die Vorschriften der ABB treten. In den ABB der Beklagten sind die Kündigungsgründe der Beklagten als Bausparkasse nur in § 10 geregelt, die zum einen die gesetzlichen Kündigungsgründe nicht explizit ausschließen und sich im Übrigen nur auf die Zeit nach der Darlehensgewährung beziehen, für die Zeit davor also gerade nicht gelten. Da der hier in Rede stehende Kündigungsgrund gesetzlich normiert ist, bedurfte es zudem keiner ausdrücklichen Erwähnung bei Abschluss der Verträge.

Gem. § 489 Abs. 5 BGB ist der Sollzinssatz der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Gebunden ist der Zinssatz dann, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Vorliegend betrug der festgelegte Zinssatz für das Bausparguthaben 2,00 % jährlich, § 3 Abs. 1 ABB, der Zinssatz für das Bausparspardarlehen sollte gem. § 9 Abs. 1 der ABB 4,90 % jährlich betragen. Die Kläger hatten lediglich die Möglichkeit, den Zinsbonus durch angepasste Zahlungen zu verändern, ein Tarifwechsel mit anderem Zinssatz war aber – entgegen der Auffassung der Kläger – nach den ABB gerade nicht vorgesehen.

Nach Auffassung der Kammer steht in einem Bausparfall der vollständige Empfang der Darlehensvaluta i.S.d. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB der eintretenden Zuteilungsreife gleich. Da die Zuteilungsreife beider Verträge im Jahr 2002 eintrat, waren zum Zeitpunkt der Kündigung im Jahr 2014 bereits mehr als 10 Jahre vergangen.

Diese Beurteilung und Auffassung folgt aus der besonderen Konstruktion des Bausparvertrages. Auch wenn es dem Bausparer grundsätzlich freisteht, das Darlehen nach Zuteilungsreife abzurufen oder nicht, rechtfertigt sich die Anwendung der Norm aufgrund ihres Sinns und Zwecks. Denn Zweck der Vorschriften des § 489 BGB ist es, einen Interessenausgleich zu schaffen und den Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgelegte Zinssätze zu schützen. Auf diese Weise sollen marktgerechte Zinsen ermöglicht werden (vgl. Palandt – Weidenkaff, BGB 74. Aufl., 2015, § 489 Rn 1).

Diese Überlegungen greifen auch zugunsten der beklagten Bausparkasse, die während der Ansparphase als Darlehensnehmerin einzuordnen ist. Wie sich aus Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Ratio der Vorschrift ergibt, ist das Kündigungsrecht nicht auf Verbraucher beschränkt (vgl. Staudinger – Mülbert 2010, § 488 Rn 549 ff., Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkredit-RL, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienst-RL sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht, BT-Drucks 16/11643, 74).

Die Entscheidungen des Landgerichts Frankfurt (Urt. v. 22.02.2013, Az.: 2-21 O 69/12) und nachgehend des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss v. 02.10.2013, Az.: 19 U 106/13) hatten die Anwendung von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zwar für den dort zur Entscheidung stehenden Sachverhalt abgelehnt, allerdings vorwiegend mit der Begründung, dass kein gebundener Sollzinssatz i.S.d. Norm vorlag, da gemäß der dort geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bausparkasse der Bausparer die Zinssätze in der Ansparphase jederzeit durch Tarifänderungen selbstständig ändern konnte – was vorliegend gerade nicht der Fall ist.

Da in der dortigen Konstellation die vereinbarte Bausparsumme erreicht war, bejahten die Gerichte aber eine Anwendung von § 488 Abs. 3 BGB. Letzteres nahm ebenfalls das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 14. 10.2011, Az.: 9 U 151/11, an.

Zweck des Bausparvertrages ist nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, § 1 Abs. 1 ABB 7. Bei dem Bausparvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag, der nach seinem Sinn und Zweck zunächst von dem Bausparer bis zur Zuteilungsreife angespart wird. Hierfür erhält er eine vereinbarte Guthabenverzinsung, deren Höhe unter Berücksichtigung eines etwaigen Zinsbonus für die Bestimmung der Höhe des Darlehenszinses maßgeblich ist. Je höher die Guthabenverzinsung, desto höher der Darlehenszins, und umgekehrt. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen. Es wird in der Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung während der Ansparphase angesammelten Guthaben (einschließlich unverzinslicher Einlage und Zinsbonus) gewährt. Die Gewährung eines Darlehens unabhängig von der vereinbarten Bausparsumme ist nicht vorgesehen. Das Darlehen wird bestimmungsgemäß nur zur „Überbrückung“ der Lücke zwischen angespartem Bausparguthaben und vereinbarter Bausparsumme gewährt.

Allerdings ist der Bausparer nicht verpflichtet, nach Zuteilung das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, §§ 12, 14 ABB 7. Die dann geltenden Regelungen in den Allgemeinen Bedingungen sind lückenhaft. Spart der Bausparer, wie im vorliegenden Fall, die vertraglich vereinbarte Bausparsumme vollständig an, ist die Gewährung eines Bauspardarlehens nicht mehr möglich. Denn in diesem Fall besteht keine durch ein Darlehen zu überbrückende Lücke zwischen Bausparguthaben und Bausparsumme. Wer also ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt, sondern stattdessen Sparleistungen bis zur Bausparsumme erbringt, verzichtet faktisch auf ein Bauspardarlehen. Dieser Fall ist in § 4 Abs. 3 ABB 7 ansatzweise geregelt. Wer auf sein Darlehen verzichtet, erhält die unverzinsliche Einlage sowie sein Bausparguthaben ausbezahlt.

MJH Rechtsanwälte; Herr RA Martin J. Haas meint: Bausparverträge die noch nicht angespart bzw. zuteilungsreif sind können nicht gekündigt werden. Allerdings wird man im Fällen einer Tilgungsreife dann ein Kündigungsrecht der Bausparkasse auch u.E. nicht absprechen können, falls mit Abschluss des Bausparvertrages eine Zinsbindung bestand und eine Frist von 10 Jahren abgelaufen ist. Ob stets bereits im Moment der Zuteilungsreife der Bausparvertrag (sofort) gekündigt werden kann, wenn der Bausparer kein Darlehen aufgenommen hat mag im Einzelfall fraglich sein. Ausgeschlossen ist eine ordentliche Kündigung jedenfalls, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dies vorsehen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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