Legal Highs – Neue psychoaktive Stoffe – Strafbarkeit?

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Seit 2005 wird der europäische Markt mit neuen psychoaktiven Stoffen (NpS) geradezu überschwemmt. Diese werden gern fälschlich als Legal Highs bezeichnet. Mit Beschreibungen wie „Badesalz“, „Reiniger“ oder “Raumlufterfrischer“ wird der falsche Eindruck ihrer gesundheitlichen Unbedenklichkeit erweckt. Zum Teil werden diese Stoffe auch als Reinsubstanzen, sogenannte „Research Chemicals“ auf den Markt gebracht, aus denen sich der Konsument seinen Stoff selbst zusammen mischen kann. Häufig befinden sich in den „Legal Highs“ zwar keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgetzes, aber chemische Substanzen, deren Stoffgruppen im Neue psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) enthalten sind.

Diese sogenannten neuen psychoaktiven Stoffe werden seit dem 26. 11. 2016 durch das NpSG v. 21. 11. 2016 erfasst. Das Gesetzt stellt nicht auf Einzelstoffe wie das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sondern auf Stoffgruppen ab. Die diesen Stoffgruppen unterfallenden Einzelstoffe, die psychoaktiv sind und sich als in besonderer Weise gesundheitsgefährdend erweisen, sowie in größerem Ausmaß missbräuchlich verwendet werden, sollen auch explizit in die Anlagen des BtMG aufgenommen werden. Mit Aufnahme in die Anlagen des BtMG gilt für diese Einzelstoffe dann nur noch das BtMG.

Das NpSG umfasst vor allem synthetische Cabannoide, Phenethylamine einschließlich der Cathione, sowie Benzodiazepine, von N-(2-Aminocyclohexyl)amid abgeleitete Verbindungen, von Tryptamin, von Arylcyclohexylamin und von Benzimidazol abgeleitetete Verbindungen.

 Alle Stoffgruppen haben gemeinsam, dass sie nicht in der Natur vorkommen, also künstlich synthetisiert werden müssen. Dabei verändern kreative Chemiker regelmäßig einen Teil einer Stoffgruppe in der Weise, dass diese dann „neu“ ist und (noch) nicht unter das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz fällt. Sobald diese neuen psychoaktiven Stoffe dann im großen Stile verkauft werden, erlangt der Gesetzgeber auf Umwegen Kenntnis von einer neuen Stoffgruppe, die noch nicht Gegenstand des NpSG ist. Diese wird dann auf das Ausmaß ihrer Verwendung und deren unmittelbare und mittelbare Gefährdung der Gesundheit hin untersucht. Sodann erfolgt zunächst vorübergehend die Aufnahme in das NpSG, wird aber dann später durch Aufnahme in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetz in ein Betäubungsmittel "mutiert“. Die Überführung eines NpSG in das BtMG erfolgt nur gerade nicht nach seinem Gefährdungspotential, sondern die bloße Aufnahme in das BtMG entscheidet über die schärferen Sanktionsmöglichkeiten. Selbstverständlich ist nach Aufnahme des ehemals NpS in das BtMG auch der bloße Besitz verboten, so dass Konsumenten abgeschreckt werden und der Handel mit diesem Stoff dadurch im Keim erstickt wird, so die Intention des Gesetzgebers. Und wodurch wird bestimmt, was ein Betäubungsmittel ist? Hier „hilft“ § 1 BtMG. Danach sind Betäubungsmittel im Sinne des BtMG die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen (sic!).

Gemäß § 3 NpSG ist jeglicher Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen verboten. Mit „Verbot“ ist hier das verwaltungsrechtliche Verbot des Umgangs mit NpS gemeint. Es sind auch Handlungen erfasst, die nicht auf das Verbreiten von NpS abzielen. Dieses verwaltungsrechtliche Verbot soll es den zuständigen Behörden ermöglichen, neue psychoaktive Stoffe, auch unabhängig von einem Strafverfahren, zu beschlagnahmen und zu vernichten. Somit reicht das verwaltungsrechtliche Verbot weiter als das strafrechtliche Verbot in § 4 NpSG.

In § 4 NpSG ist das Handeltreiben, in Verkehr bringen, oder Verabreichen in Bezug auf neue psychoaktive Stoffe (NpS), sowie das Herstellen zum Zwecke des Inverkehrbringens oder des Verbringens nach Deutschland unter Strafe gestellt. Aufgrund der besonderen Anforderungen an das Handeltreiben dürfte häufiger auf die Tathandlung des Inverkehrbringens zurückgegriffen werden. Soweit der Täter bei der Weitergabe des NpS ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt, oder eine solche nicht nachweisbar ist, wird in der Regel ein Inverkehrbringen durch Abgabe oder Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch vorliegen. Überdies stellt auch der Besitz mit der Absicht der späteren Weitergabe ein Inverkehrbringen dar, welches strafbar ist.

Der Begriff des „Handelstreibens“ in § 4 NpSG wird wie das Handeltreiben im BtMG ausgelegt. Dies umfasst sämtliche eigennützigen, auf den Umsatz von NpS abzielenden Handlungen.

Der bloße Besitz und der Eigenkonsum von NpS ist demgegenüber nicht strafbar, sondern lediglich verwaltungsrechtlich verboten. Daher werden Ermittlungsverfahren, die durch das Öffnen von Postsendungen initiiert werden, dann eingestellt, wenn abgesehen von Besitz des NpS keine strafbaren Handlungen im Sinne des § 4 NpSG verwirklicht werden. Die verbotenen NpS unterliegen selbstverständlich der Einziehung gemäß § 5 NpSG. Allerdings könnte die Bestellung bei einem ausländischen Onlineshop als Anstiftung zum Verbringen in den Geltungsbereich des Npsg zum Zwecke des Inverkehrbringens strafbar sein. Denn hier ist Schutzzweck des strafbewehrten Verbots der Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor der Einfuhr von gesundheitsgefährdenden NpS, also hier der Schutz der Bevölkerung insgesamt. Der im Ausland ansässige Onlineshopbetreiber stellt aber nur ein Angebot an die Allgemeinheit (invitatio ad offerendum) dar. Somit fehlt es auf Seiten der ausländischen Onlinehandelbetreiber auf einen auf eine bestimmte Tat bezogenen Tatentschluss und es fehlt darum die Strafbarkeit der Haupttat (Akzessorietät).

Einfache Kuriertätigkeiten wie zum Beispiel das Überlassen eines Drogenpakets lässt sich wohl nicht unter den Begriff des Inverkehrbringens ziehen. Inverkehrbringen im Sinne des Gesetzes bedeutet nach der Begriffsbestimmung in § 2 Ziffer 4 NpSG auch das Vorrätighalten zum Verkauf oder sonstiger Abgabe sowie das Feilhalten, das Feilbieten, die Abgabe und das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch an andere.

Denn soweit der Kurier keine eigene Verfügungsmacht über den NpS hat, ist ihm lediglich der straflose Besitz zurechenbar, was seine Straffreiheit zur Folge hätte. Wird die Sendung per Post versandt und von Postbeamten bzw. dem Hauptzollamt abgefangen, so dürfte ein vollendetes Inverkehrbringen ausscheiden, da ein vollendetes Inverkehrbringen bei Versendung voraussetzt, dass die Sendung in den Zugriffsbereich des Empfängers gelangt, vgl. BGH Urteil vom 18.9.2013, 2 StR 535/21 zum Arzneimittelgesetz, (AMG).

Fazit: Von konturlos bis verfassungswidrig reichen die Attribute, die dem NpSG zugeschrieben werden. Es ist an das Arzneimittelgesetz angelehnt und die Verteidigung muss auch die hierzu bereits vorhandene Judikatur entsprechend berücksichtigen. Die aktuelle Rechtslage ist insbesondere für die Online Shop Betreiber von NpS von besonderer Bedeutung.

Der Verfasser ist Partner der Kanzlei Heimbürger & Partner und Fachanwalt für Strafrecht


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