Lüften

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Lüften. Ein stets wiederkehrender Zankapfel im Mietrecht. Dieser Beitrag teilt einige wesentliche Ansichten und Urteile (aus der quasi uferlosen Masse diesbezüglicher Rechtsprechung) zum Thema Lüften mit und will Mietern und Vermietern einen kleinen Überblick verschaffen.

Wie muss/muss nicht gelüftet werden?

Es kann vom Mieter nicht verlangt werden, seine Wohnung alle drei bis vier Stunden täglich stoßzulüften, um Dampfdiffusion zu verhindern und ein mangelfreies Raumklima herzustellen. Dies ist insbesondere einem berufstätigen Mieter nicht zumutbar, der zwangsläufig über einen längeren Zeitraum abwesend ist. Das Stoßlüften kann lediglich zu den Anwesenheitszeiten des Mieters verlangt werden. (AG Bad Homburg, Urteil vom 14.09.2011 - 2 C 240/10 (23))

Das Stoßlüften drei- bis viermal täglich ist allerdings für einen berufstätigen Mieter zumutbar. So kann morgens vor Verlassen des Hauses ein- bis zweimal gelüftet werden, dann am Nachmittag nach Rückkehr von der Arbeit und am Abend (LG Frankfurt, Urteil vom 07.02.2012 - 2-17 S 89/11).

„[..]Gleichzeitig hat der Sachverständige festgestellt, dass Schimmelbildung nur bei sehr häufigem Lüften, nämlich bis zu 7 mal täglich, zu verhindern ist. Der Amtsrichter hat dies als unzumutbar angesehen und damit ein nutzerbedingtes Fehlverhalten verneint. Denn von den Klägern kann nur ein übliches Wohnverhalten gefordert werden kann. Dies ist aber nicht mehr gegeben, wenn übermäßiges Lüften verlangt wird .Die hier geforderte Anzahl der Lüftungen ist jedenfalls als übersteigert und nicht mehr als üblich und hinnehmbar anzusehen..“ (Auszug aus dem Urteil des LG Dortmund vom 20.11.2007 - 1 S 49/07).

Mehr Heizen?

Der Mieter einer Wohnung, die in einem älteren Haus gelegen ist, ist nicht ohne weiteres verpflichtet, Schimmelpilzbildung durch vermehrtes Heizen auszugleichen (LG Nürnberg, WuM 1985, S.20).

„... Es ist nämlich zu bedenken, dass die von manchen Gutachtern empfohlenen Lüftungsmethoden im bürgerlichen Alltagsleben ungewöhnlich, unüblich und schwer zu praktizieren sind. Dies gilt insbesondere für die Forderung, viermal am Tage sämtliche Heizkörper abzudrehen, sämtliche Fenster sperrangelweit zu öffnen, 15 Minuten geöffnet zu lassen und dann wieder zu schließen, um sodann die Heizkörper wieder anzudrehen. Die damit verbundenen Umständlichkeiten in der praktischen Durchführung stellen es ernsthaft in Frage, ob solche Sondermaßnahmen zumutbar sind. Immerhin folgt deren Notwendigkeit nicht aus Umständen in der Sphäre der Mieter, sondern aus der Kombination von schwach gedämmtem Mauerwerk, dicht schließenden Wärmedämmfenstern und unterlassenen Maßnahmen zur kontinuierlichen Frischluftzufuhr. Es fragt sich deshalb ernsthaft, ob nicht ein Haus baulich von vornherein so beschaffen sein muss, dass auch mit weniger aufwendigen Lüftungsmaßnahmen die Schimmelbildung verhindert werden kann“ (Auszug des Beschlusses vom 09.02.2005 LG Aurich, 2 T 51/05).

Mietminderung?

Ja. Feuchtigkeit in der Wohnung wird optisch meist durch Schimmelbildung, Stockflecken und vergleichbare Schäden in Wohnungen sichtbar. Es können auch „unsichtbare“ Gesundheitsgefahren für die Bewohner entstehen. Solche Feuchtigkeitsschäden können bis zur völligen Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit einer Wohnung führen und damit eine Mietminderung bis zu 100% rechtfertigen.

Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit sind normalerweise Vermietersache

Es ist grundsätzlich Sache des Vermieters die notwendigen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeit zu treffen – so auch beim Einbau neuer Fenster.  Es gehört insbesondere zum Risikobereich des Vermieters, wenn beim Auswechseln alter Fenster der Taupunkt auf den schlecht isolierten Außenwandbereich verlagert wird. Der Mieter ist nicht verpflichtet, selbständig Überlegungen zu einem veränderten Lüftungsverhalten anzustellen. Vielmehr muss der Vermieter mit Hilfe der Sachkunde seines Architekten/Handwerkers die notwendigen Vorkehrungen ermitteln.

Gewährleistung einer „normalen“ Wohnungsnutzung ist Vermieterpflicht

Es muss dem Mieter möglich sein, Möbel grundsätzlich an jedem beliebigen Platz in der Wohnung nahe der Wand aufzustellen, da es zur Gebrauchstauglichkeit eines Wohnraum gehört, dass er in üblicher Art mit Möbeln eingerichtet werden kann. Die Mietwohnung muss ein breites Spektrum der Lebensgewohnheiten zulassen – egal ob Alt- oder Neubau.

Treten im Bad Feuchtigkeitsschäden auf (wenn bspw. nur Innenlüftung gegeben ist), liegt ein Mangel vor, weil der Mieter durch das Duschen keine vertragswidrige Nutzung vornimmt.

Ständiges weites Öffnen der Fenster nebst der Folge eines übermäßigen Wärmeverlustes sind dem Mieter nicht zuzumuten. Auch eine besondere „Klimapflege“ unter Zuhilfenahme eines Hygrometers (zur Vermeidung von Kondensfeuchtigkeit und Pilzbefalls) kann nicht als „übliches“ Wohnverhalten gefordert werden.

Beweislast?

Der Vermieter hat im Streitfall zu beweisen, dass der bauliche Zustand der Wohnung während der Mietzeit als Ursache für das Entstehen von Feuchtigkeitserscheinungen gänzlich ausscheidet (AG Siegburg, Urteil vom 03.11.2004 - 4 C 227/03; BGH Urteil vom 01.03.2000 – XII ZR 272/97).

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