Markenverletzung durch Modellbezeichnungen / Zweitmarken

  • 3 Minuten Lesezeit

Wann wird aus einer Modellbezeichnung eine (Zweit-)Marke mit der Folge, dass die Modellbezeichnung die Markenrechte Dritter verletzen kann?

Eine Fallkonstellation, die uns in den letzten Jahren zunehmend beschäftigt, ist die Markenrechtsverletzung durch Nutzung einer Zweitmarke als Modellbezeichnung; wobei man es genausogut umgekehrt ausdrücken könnte: einer Modellbezeichnung als Zweitmarke. Die Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Anbieter sein Produkt zunächst unter einer Dachmarke anbietet, die oft seinem Unternehmenskennzeichen entspricht oder eine ganze Serie von Produkten erfasst, und daneben eine Modellbezeichnung prominent in der Überschrift des Angebots, in gedruckten Katalogen oder auf dem Produkt bzw. der Verpackung selbst anbringt. So wird z. B. aus dem Modell "123" des Anbieters "ABC" der/die/das "[Produktbezeichnung] ABC 123" oder "ABC [Produktbezeichnung] 123". Die entscheidende Frage ist dann immer: Liegt eine kennzeichenmäßige (markenmäßige) Nutzung des Zeichens iSd. § 14 II MarkenG vor, dass hier als Modellbezeichnung gedacht ist?

Betroffen sind davon inzwischen so ziemlich alle Warenbereiche. Gegenstand der meisten Gerichtsverfahren der letzten Jahre waren Bekleidungsstücke, aber es geht in der Praxis ebenso um Möbel, alle möglichen Gebrauchsgegenstände usw.

Wir haben dazu in den letzten Jahren Zig Fälle bearbeitet, von denen viele am Ende gerichtlich und an verschiedenen Gerichtsständen (Mannheim, Frankfurt, Suttgart, Köln, Hamburg) ausgetragen wurden. Mal haben wir die Rechteinhaber vertreten, mal die (vermeintlichen) Rechtsverletzer. Das Fazit dieser Erfahrung: Von einer markenmäßigen, und damit rechtsverletzenden Nutzung ist viel häufiger auszugehen, als es Händler und Hersteller wohl vermuten!

Mit anderen Worten: Die Gefahr, die von dieser Form der Zeichennutzung ausgeht, hat sich offenbar noch nicht überall herumgesprochen und wird eklatant unterschätzt!

Und um es aus Sicht der Rechteinhaber auszudrücken: Es bieten sich weit mehr Möglichkeiten, hiergegen vorzugehen, als man womöglich annehmen möchte!

Worauf kommt es an:

Die Verwendung eines Zeichens als Modellbezeichnung kann zugleich auch eine markenmäßige Verwendung darstellen, muss es aber nicht.

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt eine markenmäßige Nutzung vor, wenn die Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt. Die Beurteilung, ob eine Bezeichnung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, richtet sich dabei nicht ausschließlich nach formalen Kriterien, sondern findet unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse und entsprechend üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten statt.

Für sogenannte Modellbezeichnungen gilt, dass diesen nicht generell jegliche Herkunftshinweisfunktion fehlt, ihre Benutzung also nach den Umständen des Einzelfalls auch markenmäßig erfolgen kann.

Ist eine Modellbezeichnung als solche bekannt, spricht viel dafür, dass der Verkehr eine entsprechende Modellbezeichnung auch ohne zusätzliche Nennung eines Herstellerkennzeichens oder einer Dachmarke als Marke auffasst (BGH, GRUR 2019, 522 Rn. 53 – SAM; BGH, 11.04.2019, I ZR 108/18, Rn. 35 – Damen Hose Mo; BGH K&R 2020, 216, Rn. 33 – SAM II). Ein eindeutiges Beispiel hierfür dürften die "501" von Levi's sein oder das "Billy"-Regal von IKEA.

Kann von einer Bekanntheit der Modellbezeichnung nicht ausgegangen werden, muss bei der Prüfung, ob ihre Verwendung herkunftshinweisend verstanden wird, die Gestaltung des in Rede stehenden Angebots in den Blick genommen werden. Dabei kann die Art der Verwendung der Modellbezeichnung dafür sprechen, dass der Verkehr sie als Marke auffasst. Dies kann insbesondere dann angenommen werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird. Dagegen wird der angesprochene Verkehr in der Verwendung einer nicht als Marke bekannten Modellbezeichnung an einer unauffälligen Stelle in der Angebotsbeschreibung regelmäßig keine markenmäßige Verwendung sehen (BGH, a.a.O., Rn. 54 – SAM; BGH, a.a.O., Rn. 35 – Damen Hose Mo; BGH, a.a.O., Rn. 34 – SAM II).

Wendet man diese abstrakte Beschreibung jetzt auf konkrete Beispiele an, kommt man nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die heutzutage übliche und weit verbreitete Aufmachung von Internetangeboten in den meisten Fällen wohl als markenmäßige Nutzung einzuordnen sind.

Wollen Sie sich absichern? Sind Sie Rechteinhaber und stören sich an der Nutzung Ihrer Marke durch andere Anbieter? Oder haben Sie eine Abmahnung erhalten? Wir helfen gerne!

Foto(s): https://focusbusiness.de/wirtschaftskanzleien/methodik

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Beiträge zum Thema