Maskenpflicht am Arbeitsplatz – Rechte des Arbeitnehmers

  • 7 Minuten Lesezeit
  • Darf der Arbeitgeber eine Maskenpflicht anordnen?

  • Maskenbefreiung – Welche Voraussetzungen müssen hier gegeben sein?

  • Datenschutzrechte versus ärztliches Attest

Das Coronavirus ist nun auch fester Bestandteil der anwaltlichen Beratung geworden. In den zurückliegenden Monaten hat sich insbesondere in der Arbeitswelt sehr viel getan. Kurzarbeit, Homeoffice und virtuelle Betriebsratsbeschlüsse gehören mittlerweile zur gängigen Praxis. Rechtliche Fragen häufen sich momentan bei Arbeitnehmern, die sich an ihrem Arbeitsplatz plötzlich mit einer Maskenpflicht konfrontiert sehen. Diese Pflicht erstreckt sich oftmals auf den gesamten Betrieb und nicht ausschließlich auf den eigenen Arbeitsplatz. Folglich stellt sich für viele Berufstätige die Frage, ob der Arbeitgeber eine derartige Maskenpflicht am Arbeitsplatz überhaupt anordnen darf, in welchem Umfang er sie anordnen darf und ob es hierfür die Möglichkeit einer Befreiung gibt.

Maskenpflicht am Arbeitsplatz

Zur Beantwortung dieser Frage sollte man als Arbeitnehmer zunächst beachten, dass man gegenüber seinem Arbeitgeber gemäß § 106 S. 2 GewO (Direktionsrecht) grundsätzlich weisungsgebunden ist. Dieses Direktionsrecht erstreckt sich auch auf die Ordnung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb, also auch auf notwendige Schutzmaßnahmen i.S.d. öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften. Die entscheidende Rechtspflicht für den Arbeitgeber zur Einführung einer Maskenpflicht ergibt sich daher primär aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Arbeitnehmern gemäß § 618 BGB. Diesbezüglich konkretisiert § 3 Abs. 1 S. 2 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Diese Vorgaben wandeln sich über § 618 BGB in arbeitsvertragliche Nebenpflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern nach § 241 Abs. 2 BGB um. Die Art und Weise dieser Maßnahmen bestimmt dabei der Arbeitgeber. Dessen Ermessensspielraum endet jedoch dann, wenn die auf Bund- und Länderebene erlassenen Coronaschutzverordnungen verbindliche Vorgaben zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung machen. Überdies können auch die praktischen Handlungsempfehlungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales herangezogen werden.

Konkret bedeutet dies für den Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Betrieb daher mittels seines Direktionsrechts anordnen kann, um die Arbeitnehmer einem nur geringen bis gar keinem Infektionsrisiko auszusetzen. Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass ein möglicher Betriebsrat vor Einführung der Maskenpflicht im Betrieb zu beteiligen ist.

Ist eine Befreiung von der Maskenpflicht möglich?

Prinzipiell ist dies möglich. Die Befreiung von der Maskenpflicht am Arbeitsplatz entgegen den Anweisungen des Arbeitgebers bedarf jedoch eines triftigen Grundes. Beschlagene Brille, Hustenanfall oder Schwitzen stellen hierfür allerdings keine überzeugenden Argumente dar. Anders ist die Sachlage zu bewerten, wenn ein medizinischer Grund angeführt wird, wie Asthma, Herzschwäche oder psychische Erkrankungen mit Beklemmung oder Panikattacken.

Nach einem aktuellen Urteil zu diesem Thema (Arbeitsgericht Siegburg 16.12.2020, Az. 4 Ga 18/20) können nur konkrete und nachvollziehbare Angaben das Ausstellen eines „aussagekräftigen“ Attests zur Maskenbefreiung rechtfertigen. Pauschale Begründungen ohne detaillierte Angaben zum Gesundheitszustand des Betroffenen sind nicht ausreichend. In dem Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg wurde ein ärztliches Attest vorgelegt, das einerseits die Befreiung von der Mund-Nase-Bedeckung attestierte, aber auch, dass ein Gesichtsvisier nicht getragen werden könne.

Als Arbeitnehmer sollte man insbesondere berücksichtigen, dass der Arbeitgeber eine Begutachtung des jeweiligen Attests verlangen kann, sofern man behauptet, aus gesundheitlichen Gründen eine am Arbeitsplatz vorgeschriebene Mund-Nase-Bedeckung nicht tragen zu können. Das jeweilige Attest muss dem Arbeitgeber gegenüber konkret und nachvollziehbar darlegen, warum eine Maskenpflicht nicht eingehalten werden kann. Dieser Aufforderung hat der Arbeitnehmer auch nachzukommen. Bezweifelt der Arbeitgeber jedoch die Richtigkeit des ärztlichen Attests, so muss er dafür konkrete Anhaltspunkte vortragen, weshalb er das Attest für nicht ordnungsgemäß hält. Anderenfalls kann der Arbeitgeber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus dem Nichttragen der Maske ziehen. Es ist also ein konkretes ärztliches Attest zur Befreiung erforderlich.

Datenschutz versus Attest

Fraglich erscheint bei dieser Auskunftspflicht allerdings, inwiefern der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Einblick in seinen gesundheitlichen Zustand gewähren muss; schließlich besteht in Deutschland keine gesetzliche Attestpflicht. Grund hierfür sind die sensiblen medizinischen Informationen, welche strengen Datenschutzrichtlinien unterliegen. Vor allem, wenn die Befreiung von der Maskenpflicht psychische Ursachen hat, ist man als Arbeitnehmer regelmäßig nicht bereit, die Gründe der Befreiung – und damit die Diagnose seiner Grunderkrankung – offenzulegen.

Im Falle einer gewöhnlichen Erkrankung, also einer üblichen Arbeitsunfähigkeit, trifft den Arbeitnehmer nach § 5 EntgFG lediglich die Pflicht, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und die voraussichtliche Dauer mitzuteilen, sobald er Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit hat. Die für den Arbeitgeber vorgesehene Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält keine Auskunft über die Diagnose, also den Grund der Arbeitsunfähigkeit. Diese Information erhalten nur der Arbeitnehmer selbst und seine Krankenkasse.

Allerdings regelt Art. 9 Abs. 2 i) DSGVO, dass es trotz der besonderen Qualität und Schutzbedürftigkeit von Gesundheitsdaten Situationen geben kann, in denen das Recht der einzelnen Beschäftigten zurücktreten muss und das ansonsten strikt geltende Verarbeitungsverbot für Gesundheitsdaten nicht mehr gilt. Hiernach ist eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten und damit letztlich ein Zugriff darauf zulässig, wenn dies zum Schutz der öffentlichen Gesundheit oder zur Abwehr „schwerwiegender Gesundheitsgefahren“ erforderlich ist. Pandemien wie die aktuelle COVID-19-Pandemie stellen zweifellos solche schwerwiegenden Gesundheitsgefahren dar, deren Eindämmung alleroberste Priorität haben muss. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sind allerdings gemäß Art. 5 DSGVO jegliche Vorsorgemaßnahmen nur zulässig, wenn sie an einen bestimmten Zweck gebunden sind. Sobald der Zweck entfällt, sind die Daten daher umgehend zu vernichten.

Eine ähnliche Ansicht hierzu vertritt auch das Arbeitsgericht Siegburg in dem oben bereits erwähnten Urteil. Das Gericht ist der Meinung, dass es sich bei einem Attest zur Maskenbefreiung nicht um ein gewöhnliches Attest mit den üblichen Anforderungen handelt. Denn anders als bei einer einfachen Arbeitsunfähigkeit begehre der Antragsteller nach Ansicht des Gerichts „mithilfe der ärztlichen Bescheinigung einen rechtlichen Vorteil für sich.“ Dementsprechend muss das Attest aussagekräftige Gründe enthalten, welche dem Arbeitgeber auch vorzutragen sind. Inwieweit andere Gerichte dieser Rechtsprechung zustimmen, ist bislang fraglich. Aktuell sind zu dieser Problematik mehrere Verfahren vor den deutschen Gerichten anhängig. Es bleibt folglich abzuwarten, wie sich die Situation in der nächsten Zeit entwickeln wird.

Ob also der Arbeitgeber in jedem Fall eine Begründung der jeweiligen Maskenbefreiung fordern kann, ist noch unklar. Beispielsweise hat sich das OVG Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 04.01.2021, Az. OVG 11 S 132/20, dem mit einer aktuellen Entscheidung wiederum entgegengestellt. Wie sich diese Problematik also in der Rechtsprechung etabliert und ob es hierfür noch explizite gesetzliche Vorgaben geben wird, bleibt abzuwarten.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Arbeitgeber für die Gesundheit und Sicherheit seiner Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu sorgen hat. Hierfür kann er von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen und eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz anordnen. Solange diesen Arbeitsanweisungen keine schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen, ist der Beschäftigte auch grundsätzlich dazu verpflichtet, sich an die zusätzliche Verordnung hinsichtlich des Gesundheitsschutzes zu halten. Zwingen kann man den Arbeitnehmer hierzu allerdings nicht. Es sollte im beiderseitigen Interesse geprüft werden, ob und wie der Arbeitnehmer für die Dauer des pandemiebedingten Ausnahmezustandes leidensgerecht alternativ eingesetzt werden kann. Dabei können auch Alternativen zur herkömmlichen Maske angedacht werden, wie beispielsweise das Tragen eines Gesichtsvisiers, welches möglicherweise weniger einschränkend wirkt. Auch eine Verlegung des Arbeitsplatzes (zurück) ins Homeoffice sollte hierbei in Erwägung gezogen werden. Es ist zudem noch offen, ob die notwendigen Tragepausen der Mund-Nase-Bedeckung als bezahlte Arbeitspausen i.S.d. Arbeitszeitgesetzes zu werten sind. Es bietet sich daher eventuell an, in dieser Pausenzeit Arbeiten zu verrichten, für die das Tragen der Maske nicht erforderlich ist.

Weigert sich ein Arbeitnehmer jedoch nach wiederholter Aufforderung, einen Mundschutz am Arbeitsplatz zu tragen und legt er hierfür auch kein aussagekräftiges Attest vor, so verstößt er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Damit riskiert er eine Abmahnung – und im wiederholten Fall eventuell sogar eine verhaltensbedingte Kündigung. Umgekehrt heißt dies allerdings auch, dass der Arbeitgeber sich dem Wunsch des Arbeitnehmers zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht verweigern darf, sofern dies aufgrund besonderer Umstände wie einer Pandemie erwünscht ist.

Letzten Endes wird es dabei wohl auf den jeweiligen Einzelfall ankommen, weshalb eine rechtliche Beratung für beide Seiten angezeigt erscheint. Entscheidend – und womöglich auch unumgehbar – ist dabei trotzdem eine gewisse Kompromissbereitschaft untereinander, um eine einvernehmliche Lösung für beide Parteien zu erzielen. Schließlich stellt die Pandemie uns alle vor neue und oftmals ungemütliche Alltagssituationen.

Gerne beraten wir Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber rund um die Problematik der Maskenpflicht bzw. Maskenbefreiung, zur Problematik einer Abmahnung bei Weigerung, sich entsprechend den Vorgaben des Arbeitgebers am Arbeitsplatz zu verhalten und auch im Rahmen einer Kündigungsschutzklage.

Dimitri Pesin, studentischer Mitarbeiter

Ulrike Böhm-Rößler, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht


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