Messtechnik der Polizei in der Kritik – Toyota ist überall

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Die Überwachung des Straßenverkehrs geht einher mit einer immerwährenden technologischen Aufrüstung der Polizei. Bevor deren Waffen gegen Raser, Drängler und Rotlichtsünder zum Einsatz kommen dürfen, müssen die Geräte Erprobungen, Tests und eine Prüfung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig überstehen. Noch dazu müssen sie jährlich den hoheitlichen Eichämtern vorgeführt werden. Den anschließenden Einsatz von Laserpistole, Lichtschranke und Co bezeichnen Richter dann als sogenanntes standardisiertes Messverfahren. Das erleichtert ihnen beträchtlich die Arbeit, weil Zweifel an der Richtigkeit und Verwertbarkeit der Messungen unter diesen Voraussetzungen nur aufkommen müssen, wenn der Betroffene ganz konkret den Fehler nachweist. Vermutungen über die Unzuverlässigkeit des Geräts genügen dafür nicht. Das Gericht muss solchen Überlegungen oder Hinweisen nicht nachgehen und wird es gewöhnlich auch nicht tun. Sonst hätte der Bußgeldrichter ja viel zu tun.

Beachtlich ist demgegenüber, was bei einer Rückschau der letzten zwei Jahre zusammengefasst werden kann:

Bei Abstandsmessungen in Bayern und anderen südlichen Bundesländern wurde von der Polizei eine Kombination aus Videorecorder und Stoppuhr verwendet, die von der PTB nicht abgesegnet aber dennoch in Bayern geeicht war. Folge waren massenweise Einstellungen, aber erst nachdem die Sache aufgeflogen war. Fast zeitgleich gab es ein ähnliches Problem mit mobilen Videoüberwachungsanlagen in zivilen Streifenwagen. Dort hatte man entgegen der Vorgaben der PTB das Signal für die Wegstrecke nicht direkt am Rad abgegriffen, sondern aus dem CAN-Bus der Fahrzeuge gezogen. Die Eichämter hatten es nicht gemerkt, weil über eine sogenannte Herstellererklärung der Einbau der Geräte als richtlinienkonform bezeichnet worden war. Folge waren auch hier massenweise Einstellungen, aber erst nachdem ein Insider in seinem eigenen Verfahren darauf aufmerksam gemacht hatte. Konkrete Beweisanträge zu diesem Fehler hätte ein Betroffener oder auch ein im Verkehrsrecht versierter Anwalt nicht stellen können. Woher hätte man das wissen sollen?

Aktuell gibt es Probleme mit der Lichtschranke ES 3.0. Wie in einem aufwändigen Verfahren im Herbst letzten Jahres in Berlin zu Tage kam, gibt es vereinzelt Messfotos mit Fahrzeugstellungen, die selbst der Hersteller nicht erklären kann. Seit November 2009 liegt daher ein Update der Gerätesoftware vor, das zurzeit in alle Messgeräte eingespielt wird. Manche Gerichte stellen Verfahren mit Messungen unter der alten Software ein. Die meisten Bußgeldrichter neigen aber eher zu Verurteilungen oder versuchen, über neue Sachverständigengutachten die Verwertbarkeit der Messungen zu ermöglichen. Immer wenn es um drohende Freisprüche oder Einstellungsgründe geht, wird nämlich bei Gericht zusätzliche Arbeit gerne akzeptiert.

Genauso aktuell und bereits durch die Presse gegangen ist der Skandal in Zusammenhang mit den Videoüberwachungsanlagen in den Messfahrzeugen der Autobahnpolizei. Hier hatte der Hersteller des Gerätes Provida im Rahmen von Wartungsarbeiten Bauteile verwendet, die von der PTB nicht zugelassen waren. Die Eichämter hatten es wieder einmal nicht bemerkt. Auch in diesen Fällen ist der Energieeinsatz bei Gerichten beachtlich, die Messungen dennoch im Verfahren verwenden zu können. Obwohl der Gerätefehler nachgewiesen ist, ist die Chance auf Verurteilung groß. Ob die Obergerichte das genauso sehen, bleibt abzuwarten. Als Betroffener muss man in diesen Fällen ein langes und teures Verfahren durchstehen. Wohl dem, der rechtsschutzversichert ist.

Zu guter Letzt noch ein Wort zu PoliScan Speed, der neuen Wunderwaffe der Polizei. Im hiesigen Raum wird sie in Hoyerswerda und Pirna eingesetzt. Zwar haben auch hier schon Gerichte entschieden, dass die Messergebnisse auf ihre Plausibilität hin nicht überprüft werden können; die meisten Bußgeldrichter halten solche Zweifel mit Hinweis auf das standardisierte Verfahren aber für unangebracht und verurteilen munter weiter, vielleicht auch mit der Überlegung, es werde schon den Richtigen treffen.


RA Klaus Kucklick

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Tel. (0351) 80 71 8-70, kucklick@dresdner-fachanwaelte.de

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