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Mobbing! Wann habe ich Schmerzensgeldansprüche?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Rheinland-Pfalz vom 10. Oktober 2020.

LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 10.9.2020 – 2 Sa 309/19, BeckRS 2020, 42429

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Die Arbeitnehmerin und Klägerin ist als Krankenschwester seit 2010 in einem Krankenhaus beschäftigt. Der Beklagte ist in dem gleichen Krankenhaus als Oberarzt tätig. Seit dem Jahr 2016 verschlechterte sich das Klima und die Zusammenarbeit zwischen den Parteien. Anfang 2018 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihnen, wonach im Ergebnis die Klägerin auf ihren Wunsch hin in eine andere Abteilung versetzt wurde. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Mobbings in Anspruch. Sie hat im Prozess ein sogenanntes Mobbing Tagebuch und verschiedene ärztliche Bescheinigungen vorgelegt. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 15.000 €. Die Klägerin begründet den Anspruch mit verschiedenen Mobbing Handlungen, durch welche der Beklagte sie in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen von Mobbing Handlungen. Sie hat beantragt, die Klage abzuweisen, bzw. im Berufungsverfahren die Berufung zurückzuweisen.

Die Gerichte haben folgendes entschieden:

Sowohl das Arbeitsgericht wie auch das Landesarbeitsgericht haben gegen die Klägerin entschieden und ihr im Ergebnis keine Schmerzensgeldansprüche zuerkannt. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass unter Mobbing ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder das Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte bzw. den Arbeitgeber verstanden wird. Nicht eine einzelne abgrenzbare Handlung, sondern mehrere Mobbing Handlungen können zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts führen. Durch mehrere Verhaltensweisen und der ihnen zugrunde liegenden Systematik wird im Regelfall das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist jedoch nur dann rechtswidrig und führt eventuell zu Schmerzensgeldansprüchen, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Voraussetzung ist außerdem, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt. Ob eine solche schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, kann immer nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind die Bedeutung und der Umfang des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen. Das Gericht betont, dass nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit eine vorwerfbare Verletzung von Rechtsgütern von Arbeitnehmern und damit eine unerlaubte Handlung darstellt. Die Grenze wird erst dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken, dass die Würde eines Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Hierbei wird immer eine Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen vorgenommen. Der Arbeitnehmer, der Mobbing Vorwürfe vorträgt, muss diese Handlungen darlegen und beweisen, um den Schmerzensgeldanspruch zu begründen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Gericht den Schmerzensgeldanspruch der Klägerin abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts ist der Vortrag der Klägerin, die Verletzungshandlung betreffend, nicht detailliert (substantiiert) genug. Die Klägerin hat beispielsweise vorgetragen, dass der Beklagte ihre Arbeitsweise zunehmend mit Augenrollen und Kopfschütteln kommentiert habe, obwohl hierfür kein objektiver Grund vorgelegen habe. Das Gericht hält diesen Vortrag für unsubstantiiert. Die Klägerin hat außerdem vorgetragen, der Beklagte habe sie, bzw. ihre Leistung im Beisein von Patienten ständig grundlos herabgewürdigt. Er habe beispielsweise ihr gegenüber gesagt: „Das habe ich schon so oft gesagt und ist das wirklich zu viel verlangt.“ Auch hier verlangt das Gericht, das konkrete Situationen von der Klägerin geschildert werden. Auch das von der Klägerin geführte Mobbingtagebuch ist nach der Einschätzung des Gerichts nicht konkret genug. Das Gericht kann daher im Ergebnis nicht erkennen, dass das Verhalten der Beklagten auf eine zielgerichtete Herabwürdigung der Klägerin ausgerichtet war. Aus diesem Grunde hat das Gericht im Ergebnis die Schmerzensgeldansprüche der Klägerin zurückgewiesen.

Fazit:

Die Entscheidung zeigt, dass die Anforderungen, um mit Erfolg Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbing geltend zu machen, hoch sind. Der Arbeitnehmer (m/w) ist für die Vorwürfe darlegungs- und beweispflichtig. Er muss daher ganz konkret und detailliert schildern, wann welche Handlungen ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt haben. Wichtig ist insoweit insbesondere die Darlegung und der Beweis der Systematik der Mobbing Handlungen. Einzelne Handlungen reichen für eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht aus. Voraussetzung ist immer ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren. Nur wenn es dem Arbeitnehmer gelingt, solche systematischen Handlungen detailliert aufzuzeigen und gegebenenfalls auch zu beweisen, hat er im Ergebnis eine realistische Erfolgsaussicht, dass ihm Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbing zuerkannt werden.


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