Nachstellung (§ 238 StGB) – Strafbarkeit von Stalking

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Strafbarkeit von Stalking

Durch die sozialen Medien ist die Kontaktaufnahme mit anderen Leuten um ein vielfaches einfacher geworden. Allerdings hat dies das menschliche Miteinander nicht ausschließlich positiv verändert:

Nie war es leichter, ohne die Zustimmung einer Person detaillierte Informationen über diese zu sammeln, ohne dass der oder die Betroffene davon überhaupt erfährt, und in das Leben eines fremden Menschen in der digitalen wie auch in der wirklichen Welt einzudringen.

Das Phänomen des sogenannten „Stalking“ ist, auch wenn es vermutlich schon lange existiert, erst im Internetzeitalter zu echter Prominenz und strafrechtlicher Brisanz gelangt. Der entsprechende Straftatbestand wurde 2007 geschaffen kürzlich noch einmal reformiert und findet sich im Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung „Nachstellung“.

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:

  • Was „Nachstellung“ laut Gesetz ist
  • Ob es einen Unterschied zum Cyberstalking gibt
  • Wann man sich wegen Nachstellung strafbar macht
  • Was passieren kann, wenn man sich der Nachstellung strafbar macht
  • Welche Strafen drohen
  • Wann Nachstellung verjährt
  • Was man bei einer Anzeige wegen Nachstellung tun sollte

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Gegen Sie wird wegen Nachstellung gemäß § 238 StGB ermittelt?

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Was ist „Nachstellung“ laut Gesetz?

Der Straftatbestand der „Nachstellung“ findet sich unter § 238 StGB. Er bezieht sich auf das umgangssprachlich als „Stalking“ bezeichnete Eindringen in das Leben einer Person gegen deren Willen.

Das Gesetz versteht darunter:

  • das beharrliche Aufsuchen räumlicher Nähe (Auflauern, Verfolgen, oder anderweitige ungebetene Präsenz in der Öffentlichkeit, am Wohnort oder am Arbeitsplatz)
  • das ungebetene fortgesetzte Kontaktaufnehmen über Kommunikationsmedien (SMS und Telefonanrufe, Chat-Nachrichten, E-mails, aber auch Briefe, Postkarten, etc.) oder über Angehörige oder andere Personen
  • das Bestellen von Waren oder Dienstleistungen unter missbräuchlicher Verwendung der Daten einer Person (Regelmäßige Blumensendungen oder allabendliche Pizzabestellungen bei Lieferdiensten zur Adresse des Opfers)
  • vergleichbare Handlungen, bis hin zur Bedrohung der Freiheit oder körperlichen Unversehrtheit (in schweren Fällen).

Ein wesentlicher Faktor für die Erfüllung des Tatbestandes ist, dass die oben beschriebenen Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt getätigt werden. Sie müssen gegen den erkennbaren Willen der betroffenen Person getätigt werden. Durch diese fortgesetzten Belästigungen muss ein Risiko bestehen, dass das Leben des Opfers sich zu dessen Leidwesen verändert.

Es muss jedoch nicht nachgewiesen werden, dass das Opfers tatsächlich in seiner Lebensgestaltung beeinträchtigt wird, oder die Tat erkennbaren Einfluss auf dessen seelische Verfassung ausgeübt hat. Denn seit der Reform des § 238 StGB ist Nachstellung kein „Erfolgsdelikt“ mehr, sondern ein „Gefährdungsdelikt“.


Gibt es einen Unterschied zwischen Nachstellung und Cyberstalking?

Der § 238 StGB umfasst auch das Stalking über das Internet. „Cyberstalking“ in dem Sinne, dass der Täter mithilfe von Computerprogrammen Daten des Opfers ausspäht oder abfängt, gilt als schwere Form der Nachstellung, und wird dementsprechend höher bestraft.


Wann macht man sich wegen Nachstellung/Stalking strafbar?

Das entscheidende Kriterium für die Strafbarkeit ist der Tatvorsatz.

Das bedeutet, dass die beschriebenen Handlungen nur dann strafbar sind, wenn sie absichtlich und wissentlich getätigt wurden, in bewusster Missachtung des Willens der betroffenen Person.

„Fahrlässiges Stalking“ gibt es nicht. Allerdings reicht auch der sogenannte „Eventualvorsatz“, also dass der Täter die Konsequenzen seiner Handlung billigend in Kauf nimmt, für eine Strafbarkeit aus.

Der Versuch ist nicht strafbar – wobei die Fälle von „versuchtem Stalking“ auch zahlenmäßig gering sein dürften.


Was kann passieren, wenn man sich der Nachstellung strafbar macht?

Opfer von Stalking (oder Leute, die sich dafür halten) haben mehrere Möglichkeiten, gegen den Stalker vorzugehen.

Zunächst einmal können sie den zivilrechtlichen Weg beschreiten, und etwa eine einstweilige Verfügung erwirken. Diese kann beispielsweise beinhalten, dass dem Täter untersagt wird, sich der Wohnung des Opfers auf weniger als 500 Meter zu nähern, in irgendeiner Weise Kontakt zum Opfer aufzunehmen, oder ein Zusammentreffen herbeizuführen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass das Verhalten des Stalkers das Leben des Opfers nicht länger unmittelbar beeinträchtigen kann. Eine Strafe ist hier also nicht vorgesehen. Bei Zuwiderhandlungen gegen eine einstweilige Verfügung drohen allerdings Ordnungsgelder, und, bei Wiederholung, auch Freiheitsstrafen gemäß § 4 GewSchG.

Es drohen aber auch strafrechtliche Konsequenzen:

Nachstellung ist seit der Reform des Paragraphen nämlich kein Antragsdelikt mehr (das nur verfolgt wird, wenn das Opfer Strafantrag stellt), sondern ein Offizialdelikt. Ein solches wird, da ein öffentliches Interesse an der Aufklärung besteht, automatisch vom Amts wegen verfolgt, sobald die Behörden auf irgendeinem Wege davon Kenntnis erhalten.

Es kann also bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Nachstellung gegen den Täter angestrengt werden, bevor das Opfer selbst sich dazu entschließt, rechtliche Schritte einzuleiten.

In diesem Falle wird der Täter zu einer polizeilichen Anhörung geladen, und es droht ein Gerichtsverfahren.

Wie wird Nachstellung bestraft?

Der Tatbestand des Einfachen Nachstellens gemäß der oben genannten Definition wird gemäß § 238 StGB mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren bestraft.

In schwereren Fällen, etwa wenn ein Täter mehrere der oben genannten Tathandlungen über einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten hinweg begeht, oder das Opfer körperliche Schäden davonträgt, drohen Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren.


Wann verjährt Nachstellung?

Die Verjährungsfrist beträgt hier fünf Jahre, sofern der Täter durch seine Handlungen nicht den Tod eines Menschen (des Opfers oder einer anderen Person) zu verantworten hat. Nach Ablauf dieser Frist kann die Tat nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. 


Was sollte man bei einer Anzeige wegen Nachstellung tun?

Wenn Sie erfahren, dass gegen Sie wegen Verstoßes gegen § 238 StGB ermittelt wird, sollten Sie nicht untätig bleiben, da dies ein schwerwiegender Vorwurf ist. Zu allererst sollten Sie zu der betreffenden Person, die als Opfer gilt, sofort jeglichen Kontakt abbrechen. Versuchen Sie nicht, sich zu entschuldigen, oder sonstwie das Gespräch zu suchen! Dies wird Ihnen höchstwahrscheinlich als Fortsetzung der Belästigung angelastet.

Auch zu einer Kontaktaufnahme zur Polizei ist nicht zu raten. Die Ermittlungsbeamten der Polizei sind darauf geschult, einem Beschuldigten Aussagen zu entlocken, die sie zu seinen Ungunsten auslegen können. Es spielt dabei keine Rolle, ob Sie sich einer Schuld bewusst sind, oder nicht. Eine Aussage, mit der Sie sich selbst unabsichtlich belasten, kann Ihre Chancen auf einen Freispruch massiv beeinträchtigen. 

Es besteht allerdings keine Verpflichtung, zu einer Anhörung zu erscheinen, und auch keine Verpflichtung, sich als Beschuldigter zur Sache zu äußern. Daher raten wir dringend zur Einhaltung der beiden goldenen Regeln des Strafrechts:


1. Schweigen ist Gold.

Machen Sie keinerlei Aussagen zu den Vorwürfen. Dies darf nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden.


2. Ab zum Anwalt.

Was Sie jetzt brauchen, ist ein erfahrener Fachanwalt für Strafrecht, der Ihnen aus der Sache wieder heraus hilft. Ein Anwalt kann Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen, um heraus zu finden, welche Tat man Ihnen eigentlich genau anlastet, und wie die Beweislage ist.

Ausgehend davon kann er gemeinsam mit Ihnen eine Strategie zu Ihrer Verteidigung erarbeiten.

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Strafrecht spezialisiert und arbeiten bundesweit. Wenden Sie sich einfach per E-mail, Telefon oder über das Kontaktformular direkt an uns und nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung.

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