Nachstellung – Stalking: Verteidigungsstrategien im Ermittlungsverfahren

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Nach § 283 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer „einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich (es folgt eine Aufzählung von unterschiedlichen Begehungsmethoden) ...und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt."

Kommt das Gespräch in der Freizeit auf das Thema Stalking bzw. Nachstellung, ist bei Nichtjuristen oft eine falsche Vorstellung von der Reichweite der Norm festzustellen. Insbesondere wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass alleine die Tätigkeit des Nachstellens ausreichend sei, um ein strafbares Handeln zu begründen. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Vielmehr hat der Gesetzgeber den Straftatbestand der Nachstellung als sogenanntes Erfolgsdelikt konzipiert. Demnach muss die Handlung auf Seiten des Betroffenen zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung führen, also dieser Zustand bei dem betroffenen Opfer eintreten.

Welche hohen Anforderungen an eine solche Beeinträchtigung gestellt werden, verdeutlicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Eine derartige Beeinträchtigung wurde beispielsweise angenommen, bei zwangsweiser Namensänderung des Betroffenen bzw. eines Umzugs ins Ausland infolge der Nachstellungen. Dass derart schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht den Regelfall darstellen, bedarf wohl keiner ausdrücklichen Erwähnung. Demnach stehen die Chancen für den Verteidiger recht gut, bereits im Ermittlungsverfahren eine vollständige Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Die Verteidigerschrift sollte also darauf fokussiert werden, dass eine Strafbarkeit in rechtlicher Hinsicht nicht gegeben ist, da es an dem vom Gesetzgeber geforderten Taterfolg mangelt. Hierbei kann dann elegant offen gelassen werden, ob die von dem Opfer behaupteten Handlungen tatsächlich so stattgefunden haben, oder nicht.

Es empfiehlt sich, zunächst einige Exemplare aus der Rechtsprechung zu nennen, in welchen ein solcher Taterfolg angenommen wird. Eine Gegenüberstellung dieser Extremfälle mit dem vorliegenden Durchschnittsfall wird dann sehr gut illustrieren, warum im vorliegenden Fall diese sehr hohen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Das Argumentationsgeschick des Rechtsanwaltes ist letztlich die letzte Stufe auf dem Weg zur Verfahrenseinstellung.

Festhalten lässt sich demnach folgendes: wird dem Mandanten im Ermittlungsverfahren der Straftatbestand der Nachstellung zur Last gelegt, sollte der Verteidiger stets das schwächste Glied dieses Straftatbestandes - den Taterfolg - angreifen. Hier ist auszuführen, dass eine Strafbarkeit aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt, da es an dem vom Gesetzgeber geforderten Taterfolg fehlt. Da diese Strafbarkeit erst 2007 ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden ist, existiert hierzu demnach hierzu bislang keine umfassende Rechtsprechung Oberster Gerichte. Sollte in der Hauptverhandlung die Ausfüllung des Tatbestandes - insbesondere des Taterfolges - angenommen werden, ist sicherlich über die Einlegung einer Revision nachzudenken. Hier kann gut argumentiert werden, dass das verurteilende Gericht die Reichweite des Straftatbestandes verkannt hat und das Tatbestandsmerkmal der „schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung" rechtlich falsch ausgefüllt hat.

Ein Beschuldigter sollte sich in jedem Fall noch im Ermittlungsverfahren an einen kompetenten Strafverteidiger wenden um eine vorzeitige Verfahrenseinstellung zu erreichen.

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