Neues bei Kündigung Schwerbehinderter in der Probezeit

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Schwerbehinderte genießen einen besonderen Schutz. Nach § 168 SGB IX bedarf die Kündigung eines Schwerbehinderten der Zustimmung des Integrationsamtes.  Während der Probezeit ist der Kündigungsschutz jedoch dahingehend eingeschränkt, dass die Zustimmung des Integrationsamtes gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX nicht erforderlich ist. 

Der EUGH hat in seiner Entscheidung vom 10.02.2022, C-485/20 HR Rail nun geurteilt, dass die Kündigung von Schwerbehinderten auch in der Probezeit nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist: 

In dem zu entscheidenden Fall hatte eine belgische Eisenbahngesellschaft einem Bediensteten, der als Gleisarbeiter beschäftigt war, während der Probezeit gekündigt. Dieser hatte nach Beginn des Arbeitsverhältnisses einen Herzschrittmacher erhalten, welcher sensibel auf die elektromagnetischen Felder in Gleisanlagen reagieren kann. Eine Tätigkeit als Gleisarbeiter war daher nicht mehr möglich. Der Arbeiter wurde dann zunächst im Lager weiterbeschäftigt und schließlich in der Probezeit gekündigt. 

Das belgische Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie der Kündigung eines Schwerbehinderten in der Probezeit entgegenstehen könne. 

Dies hat der EuGH bejaht. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer Kündigung (die erfolgen soll, weil der Arbeitnehmer aufgrund seiner Behinderung für seinen Arbeitsplatz ungeeignet ist) verpflichtet zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden kann. Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer die notwendige Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit aufweist, sofern der Arbeitgeber durch diese Maßnahme nicht unverhältnismäßig belastet wird. 

Hinweis:

Soll einem Schwerbehinderten in der Probezeit aufgrund fehlender Eignung wegen der Schwerbehinderung gekündigt werden, ist Arbeitgebern dringend zu empfehlen, zunächst zu prüfen, ob der Arbeitsplatz behindertengerecht ausgestaltet werden kann oder ob dem Schwerbehinderten ein anderer behindertengerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann. Diese Fragen wird ein Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens auch in der Probezeit nunmehr berücksichtigen. 

Schwerbehinderte sollten eine Probezeitkündigung daher anwaltlich prüfen lassen. 


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