OLG Celle: Bestehendes Widerrufsrecht bei vom gesetzlichen Muster abweichender Widerrufsinformation

  • 3 Minuten Lesezeit

Das Oberlandesgericht Celle hat am 2. Dezember 2015 in seinem Hinweisbeschluss dem Kläger und Darlehensnehmern ein unbefristet bestehendes Widerrufsrecht aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsinformation durch die beklagte Bank zugesprochen (Az.: 3 U 108/15).

Im Jahr 2011 schlossen die Kläger einen Darlehensvertrag über einen Nominalbetrag in Höhe von 160.000 Euro ab. Mit Abschluss des Darlehensvertrags erhielten die Kläger eine Widerrufsinformation. Im Mai 2014 erklärten die Kläger in schriftlicher Form den Widerruf, da die Widerrufsinformation ihrer Auffassung nach fehlerhaft sei und auch nicht dem gesetzlichen Muster entspreche. Die Widerrufsinformation sei nicht deutlich vom übrigen Vertragstext hervorgehoben, und es sei unklar wann die Frist zur Abgabe des Widerrufs beginne. Die Widerrufsinformation enthält von dem gesetzlichen Muster abweichende Pflichtangaben nach §492 Abs. 2 BGB. Einen Auszug der von der beklagten Bank verwendeten Widerrufsinformation zitiert das Oberlandesgericht Celle wie folgt:

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die X-Bank zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“

Das Oberlandesgericht Celle ist der Ansicht, dass eine inhaltliche Bearbeitung der Widerrufsinformation zum einem Entfallen des Vertrauensschutzes führe, vom gesetzlichen Muster abweiche und damit fehlerhaft sei.

Auch eine abgeänderte, vom gesetzlichen Muster abweichende, Widerrufsinformation könne inhaltlich zutreffend sein, müsse allerdings unmissverständlich und aus Sicht des Verbrauchers eindeutig formuliert sein, so das OLG Celle. Der in der Widerrufsinformation beschriebene Fristbeginn, nach Erhalt der Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB, sei nach Auffassung des OLG Celle fehlerhaft, da es sich in der Widerrufsinformation nicht um eine beispielhafte Aufzählung der Pflichtangaben handele, sondern um eine Aufzählung von nicht durchweg zwingenden Angaben. Die vorliegende Widerrufsinformation verwirre im Übrigen den Verbraucher durch die komplizierten Normenverweisungen, sodass unklar sei nach Erhalt welcher Angaben die Frist konkret zu laufen beginne.

Im Fall einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung steht dem Darlehensnehmer bei Verträgen zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 ein unbefristetes Widerrufsrecht zu. Die Bank ist bei einem wirksamen Widerruf dazu verpflichtet den Darlehensnehmer vorzeitig und ohne Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus dem Darlehensvertrag zu lassen, bzw. muss bei einem bereits gekündigten Vertrag die Vorfälligkeitsentschädigung zurückgewähren. Darlehensverträge die nach dem 20. März 2016 abgeschlossen wurden, müssen spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen widerrufen werden.

Rechtliche Möglichkeiten

Sie haben die Möglichkeit Ihren Darlehensvertrag durch einen Anwalt überprüfen zu lassen und bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung Ihren nach dem 10. Juni 2010 geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Haben Sie Ihren zwischen dem 2. November 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossenen Darlehensvertrag bis zum 21. Juni 2016 bereits selbst widerrufen und eine zurückweisende Antwort Ihrer Bank erhalten, sollten Sie sich ebenfalls beraten lassen. Erfahrungsgemäß akzeptieren Banken den Widerruf eines Darlehensvertrags oft nicht ohne weiteres.

Sie haben Fragen? Wir sind für Sie da.

Sollten Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben oder rechtliche Hilfe benötigen, rufen Sie uns einfach an oder nutzen Sie unseren kostenlosen Rückrufservice.

Die Anwaltskanzlei für Anlegerschutz, Bankrecht und Kapitalanlagerecht

Die IVA Rechtsanwalts AG ist eine auf den Anlegerschutz spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei, die bundesweit ausschließlich geschädigte Kapitalanleger vertritt. Aufgrund unserer konsequenten Spezialisierung auf das Kapitalanlagerecht und dadurch, dass wir ausschließlich für geschädigte Kapitalanleger tätig werden, bieten wir Anlegerschutz auf höchstem Niveau.

Für weitere Informationen oder Fragen stehen wir Ihnen auf unserer Kanzleiwebsite gerne zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Jan Finke

Beiträge zum Thema